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Impfung gegen Covid-19 Booster ab 12 Jahren: Das ist der Stand in der Schweiz

Ein dritter Piks für die Jugendlichen ab 12 – dies ist in den USA neu möglich. Auch in Österreich und Israel dürfen Teenies ihre Corona-Impfung auffrischen. In der Schweiz bislang noch nicht. Eine Drittimpfung müsse sorgfältig abgewogen werden, sagt der Präsident der Ekif.

«Wir müssen zwischen der Frage nach dem Ziel dieser Impfung und dem Risiko abwägen», sagt Christoph Berger. Er ist Präsident der eidgenössischen Kommission für Impffragen (Ekif) und bestätigt, dass die Impfkommission aktuell über dieses Thema berät und sich mit den Daten dazu auseinandersetze.

Das Thema Auffrischimpfung ab dem zwölften Lebensjahr hat die Impfkommission also erreicht. Damit geht nun eine Phase des Abwägens los, wie Berger mitteilt. Denn um eine Empfehlung zu formulieren, müssten verschiedene Umstände miteinbezogen werden.

Ein sorgfältiges Abwägen

Es müsse überlegt werden, aus welchem Grund geimpft werden sollte, sagt der Präsident der Ekif. Als mögliche Gründe nennt er den Schutz vor Long Covid, die Verhinderung von sehr seltenen schweren Erkrankungen oder die Vermeidung von wiederholten langen Quarantäne-Aufenthalten. Die dritte Impfung für Jugendliche könne auch sinnvoll sein, damit «möglichst viele Leute geboostert sind und wir weniger Viruszirkulation und Probleme in der Schweiz haben».

Eine Jugendliche sitzt auf einem Stuhl. Ihre Ärztin steht nebendran. Sie erhält gleich die Impfung.
Legende: Eine Auffrischimpfung für Jugendliche: Darüber berät sich momentan die eidgenössische Kommission für Impffragen. Keystone

Auch in die Diskussion wird die Frage nach der Wirksamkeit einfliessen. Der Booster funktioniere bei den Älteren, sagt Berger. Es könne daher davon ausgegangen werden, dass der Impfstoff auch bei den 12- bis 15-Jährigen funktionieren werde – aber die letzte Gewissheit fehle noch, so auch bei der Sicherheit.

Ebenso müsse über die Notwendigkeit der Auffrischimpfung gesprochen werden. Berger weiss: «In dieser Altersgruppe ist eine schwere Erkrankung selten. Wenn jemand doppelt geimpft ist, dann ist ein schwerer Verlauf noch unwahrscheinlicher.» Er fügt aber an, dass nun Omikron zirkuliere und nicht mehr die Delta-Variante – die Impfkommission wisse nicht genau, wie sich diese Variante verhalte. «Wir können aber davon ausgehen, dass die Jugendlichen nicht schwer erkranken.»

Was ich nicht möchte ist, dass man 12- bis 15-Jährige boostert anstelle von über 65-Jährigen.
Autor: Christoph Berger Präsident der Eidgenössischen Kommission für Impffragen

Sollte die Impfung auch für Jugendliche ab zwölf Jahren empfohlen werden, dann stelle sich auch die Frage der Priorisierung, sofern die Kapazität begrenzt ist, sagt Berger. Das wichtigste sei aktuell das Auffrischen der Impfung bei den über 65-Jährigen und bei den über 16-Jährigen – erst dann kommen die noch jüngeren Altersgruppen an die Reihe. «Was ich nicht möchte ist, dass man 12- bis 15-Jährige boostert anstelle von über 65-Jährigen.»

Booster ab 12 Jahren: «Das ist gar nicht sehr umstritten»

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Eine Frau macht einer Jugendlichen einen Nasenabstrich.
Legende: Ungefähr die Hälfte der Jugendlichen zwischen 12 und 15 Jahren hat sich bisher zweimal impfen lassen, so Christoph Berger, Präsident der eidgenössischen Kommission für Impffragen. Keystone

Bei der Frage nach einer Empfehlung für die Auffrischungsimpfung ist die Impfkommission noch zu keinem Entscheid gekommen.

SRF News: Sie sprechen von einem Abwägen verschiedener Umstände. Welcher Punkt wird am intensivsten diskutiert?
Christoph Berger: Die Frage ist an sich gar nicht sehr umstritten. Es ist nicht davon auszugehen, dass eine dritte Impfung gefährlich ist. Aber es gibt schlicht und einfach keine Daten zur Sicherheit einer solchen bei Jugendlichen, die grundsätzlich nicht so schwer an Covid-19 erkranken.

Was wären die potenziellen Risiken bei Teenagern?
Wir haben bei Personen unter 30 Jahren nach der zweiten Impfung mit mRNA-Impfstoffen ganz selten eine Herzmuskelentzündung gesehen. Ich habe im Moment keine Angst davor, aber ich möchte wissen, wie gross das Risiko ist. Denn das Risiko einer Erkrankung, wenn wir diese Auffrischimpfung nicht geben, ist ja auch nicht gross ist. Aber dieses Risiko möchten wir gern abschätzen. Und dann werden wir uns entscheiden, was für eine Empfehlung wir abgeben.

Einige Teenager wurden schon vor über vier Monaten geimpft. Man weiss inzwischen, dass die Wirkung mit der Zeit nachlässt. Wie dringend sollten sich diese Jugendlichen boostern lassen?
Ungefähr die Hälfte der Jugendlichen zwischen 12 und 15 Jahren hat sich jetzt zweimal impfen lassen, bei einigen ist das zwischen vier und sechs Monate her; bei vielen weniger. Die Schutzwirkung gegenüber schweren Infektionen nimmt nicht ab in dieser Altersgruppe, wohl auch nicht im Falle von Omikron. Was wir seit dieser Variante wissen, ist, dass bereits wenige Monate nach der Impfung der Schutz vor einer Ansteckung deutlich abnimmt. Das ist nicht verbunden mit einem erhöhten Risiko für eine schwere Erkrankung, aber damit, dass eine Infektion auftreten und auch weitergegeben werden kann. Die Frage ist, ob das primäre Ziel, diese 12- bis 15-Jährigen zu impfen, die mögliche Reduktion der Ansteckungen ist.

Das bedeutet, es gibt keine Dringlichkeit, Jugendliche zu boostern?
Doch, es gibt eine Dringlichkeit, weil die Omikron-Variante sich jetzt gewaltig ausbreitet in der Schweiz. Und wenn wir uns auf das Ziel fokussieren, hier weniger Infektionen zu haben, dann müssen wir das jetzt machen. In den nächsten, wenigen Wochen muss dieser Entscheid fallen, sonst ist er noch viel weniger relevant.

Daten, aus welchen die Ekif erste Schlüsse ziehen könnte, gibt es bereits aus Israel. Dort wurde schon im November die Auffrischimpfung ab zwölf Jahren empfohlen. Inzwischen liegen Erfahrungen von mehr als 6300 Jugendlichen zwischen 12 und 15 Jahren vor, die bereits geboostert sind.

Das dauert keine Ewigkeit. Das ist ein Thema der nächsten Wochen. Wir wollen das ja nicht an Ostern haben, sondern bald.
Autor: Christoph Berger Präsident der Eidgenössischen Kommission für Impffragen

Berger sagt dazu: «Bei Daten aus anderen Ländern ist es für uns attraktiv zu schauen, auf welcher Grundlage die Daten erhoben wurden und ob diese womöglich auch für die Schweiz übereinstimmen.» Einen Entscheid bezüglich der Booster-Impfung will die Impfkommission bald fällen. «Das dauert keine Ewigkeit. Das ist ein Thema der nächsten Wochen. Wir wollen das ja nicht an Ostern haben, sondern bald», so der Ekif-Präsident.

Covid-Impfung für 12- bis 15-Jährige

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Swissmedic hat Anfang Juni den Covid-19-Impfstoff von Pfizer/Biontech für 12- bis 15-Jährige in der Schweiz zugelassen. Auf Basis der Zulassungsdaten haben das BAG und die Ekif die Impfstrategie und die Impfempfehlung für mRNA-Impfstoffe ergänzt. Am 22. Juni 2021 gaben BAG und Ekif die Empfehlung ab, dass sich alle Jugendlichen im Alter von 12 bis 15 Jahren, die sich impfen lassen wollen, impfen können. Gemäss Ekif-Präsident Christoph Berger haben sich bis heute rund die Hälfte aller 12- bis 15-Jährigen doppelt geimpft.

Ausnahme bei besonders gefährdeten Jugendlichen

Eine Ausnahme für die Auffrischungsimpfung gilt in der Schweiz für besonders gefährdete Jugendliche. Für sie ist die Auffrischimpfung bereits ab zwölf Jahren zugelassen. Die Schweiz hat damit eine ähnliche Regelung wie Italien, wo sich 12- bis 15-Jährige mit Vorerkrankungen boostern lassen können. Dort ist zudem festgelegt, dass generell die über 60-Jährigen den Vortritt haben, sollte es einmal an Impfkapazitäten mangeln.

Eine Zulassung, wie sie in den USA jetzt gilt, wird aber nicht so schnell in der Schweiz kommen. Lukas Jaggi von Swissmedic sagt: «Noch sind keine entsprechenden Gesuche bei Swissmedic eingereicht worden.» Für die Booster-Impfung könne aber auch eine Off-Label-Impfempfehlung erfolgen, erläutert er.

Darunter wird das Impfen aufgrund der Empfehlung der Ekif verstanden, ohne dass Swissmedic die Zulassung erteilt hat. Kurz gesagt sind «Off-Label-Uses» also Ausnahmen, aber kein Novum. Jaggi erklärt, dass das aktuell beim Mindestabstand von vier Monaten für die Booster-Dosis so sei und es das auch in der Vergangenheit immer wieder gegeben habe – gerade bei Kinderimpfstoffen.

SRF 4 News, 04.01.2022, 15:30 Uhr

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