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Internationales Schlusslicht Die Schweiz steht bei der Affenpocken-Impfung auf der Bremse

In der EU und in den USA kann man sich seit Sommer gegen Affenpocken impfen lassen, in der Schweiz noch immer nicht. Wo harzt es?

Der aktuelle Affenpocken-Ausbruch wird weiterhin als weltweiter Gesundheitsnotstand eingestuft, wie die WHO am Dienstag mitgeteilt hat. Das ist die höchste Alarmstufe, um Regierungen zum Handeln zu bewegen.

Eine Notlage gilt zurzeit auch wegen der Corona-Pandemie und dem Poliovirus, das zu Kinderlähmung führen kann. Doch während Vakzine dagegen schon lange verfügbar sind, lässt jenes gegen Affenpocken in der Schweiz auf sich warten. In der EU und den USA kann man sich derweil seit Monaten gegen das Affenpocken-Virus impfen lassen.

Was sind Affenpocken?

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Ein Mädchen weist den für Affenpocken typischen Hautausschlag auf.
Legende: Der typische Hautausschlag bei einer Affenpocken-Infektion kann bis zu 21 Tage nach engem Kontakt mit einer infizierten Person auftreten. REUTERS/Arlette Bashizi

Beim Affenpocken-Virus handelt es sich um einen weniger gefährlichen Verwandten der seit etwa 40 Jahren ausgerotteten Pocken. Bei einer Infektion können Hautausschlag, geschwollene Lymphknoten, Entzündungen in der Genital- und Analregion sowie Fieber, Schüttelfrost und Muskelschmerzen auftreten. In der Regel verläuft die Krankheit nicht tödlich.

Das Virus wird von Tieren, vermutlich von Nagern, auf den Menschen übertragen. Beim aktuellen Ausbruch wird die Krankheit laut BAG hauptsächlich von Mensch zu Mensch durch engen Kontakt mit einer infizierten Person übertragen, über Haut und Schleimhäute, Bläschen und Hautverletzungen, Atemwegssekrete oder grosse Atemwegströpfchen sowie indirekt über kontaminierte Gegenstände wie Bettwäsche, Handtücher, Kleider, Türgriffe.

In Zürich steht die Infrastruktur eigentlich seit September bereit – doch von Woche zu Woche wird die Ärzteschaft vertröstet. Dass man immer noch keinen Impfstoff habe, bedeute viel Arbeit, betont Benjamin Hampel, Infektiologe am Gesundheitszentrum Checkpoint. Man müsse jede Woche Fragen von Impfwilligen beantworten. «Es gab viel Unverständnis, teilweise auch Wut. Mittlerweile ist eine gewisse Frustration da und viele haben sich im Ausland impfen lassen.»

Der Bund hat mit dem deutsch-dänischen Hersteller Bavarian Nordic einen Vertrag über die Lieferung von 40'000 Impfdosen abgeschlossen. Die ersten Dosen würden bis Anfang November geliefert, die restlichen Dosen bis Ende Jahr, teilte das Bundesamt für Gesundheit (BAG) Mitte Oktober mit. Geschehen ist bis am 4. November wenig.

Eine Person wird gegen das Affenpocken-Virus geimpft.
Legende: In Deutschland kann man sich seit Sommer 2022 gegen das Affenpocken-Virus impfen lassen. In der Schweiz derzeit noch nicht. KEYSTONE/DPA/Paul Zinken

Wie konnte die Schweiz bezüglich Affenpocken-Impfstoff derart ins Hintertreffen geraten? Das BAG äussert sich zugeknöpft. Man habe sich «unmittelbar ab Beginn der Affenpocken-Epidemie im Mai dafür eingesetzt, so schnell wie möglich einen Impfstoff gegen die Infektionskrankheit zu beschaffen». Doch, schreibt das BAG weiter: « Die Herstellerfirma Bavarian Nordic liefert nur an Staaten. Da der Impfstoff in der Schweiz nicht zugelassen ist, kann die Beschaffung nicht auf den üblichen Wegen erfolgen.»

Heisst konkret: Während die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) den Impfstoff bereits im Juli zugelassen hat, fehlt in der Schweiz eine Zulassung noch immer, da bislang offenbar kein Antrag des Herstellers eingegangen ist. Die Schweizer Zulassungsregelungen verzögern den Prozess zusätzlich.

Es ist ein Skandal, dass man die Impfung nicht schneller bereitgestellt hat.
Autor: Roman Heggli Geschäftsleiter Pink Cross

Bei Pink Cross, dem Dachverband der schwulen und bisexuellen Männer, ist man ernüchtert. Die Schweiz habe sich viel zu spät um die Impfstoffbeschaffung gekümmert, betont Geschäftsleiter Roman Heggli. «Es ist ein Skandal, dass man die Impfung nicht schneller bereitgestellt hat. Die Leute sind frustriert und fühlen sich vom Bund alleingelassen.»

In der Schweiz wurden bis Ende Oktober 546 Fälle von Affenpocken registriert. Die meisten Erkrankten sind Männer, die Sex mit Männern haben. Am meisten betroffen sind Waadt, Genf und Zürich.

Allerdings gibt es gemäss WHO Anzeichen dafür, dass die Affenpocken-Infektionen weltweit zurückgehen. Auch in der Schweiz stelle man dies fest, schreibt das BAG. Die Nachfrage nach der Impfung dürfte durch die sinkenden Fallzahlen abnehmen.

Das befürchtet auch Heggli. «Im August wäre die Impfbereitschaft noch deutlich höher gewesen. Zudem werden sich die Menschen mit der Zeit weniger strikt an Verhaltensempfehlungen wie die Einschränkung der Sexualkontakte halten, wodurch die Fallzahlen rasch wieder steigen könnten.»

Eine Impfung gegen Affenpocken könnte dies verhindern. Laut BAG soll der Impfstoff noch Anfang November eintreffen, man werde in den nächsten Tagen über das weitere Vorgehen informieren.

SRF 4 News, 02.11.2022, 01:00 Uhr ; 

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