- Obwohl sie auf der Sanktionsliste steht, durfte die russische Parlamentspräsidentin (Senat) Valentina Matwijenko in der Schweiz eine Rede halten.
- Dies am 15. Gipfel der Parlamentspräsidentinnen, den Nationalratspräsidentin Maja Riniker am Montag eröffnet hatte.
- Dabei stellte sich Matwijenko als Vermittlerin dar und gab bekannte Narrative des Kremls zum Krieg wieder.
In Genf findet diese Woche die Konferenz der Parlamentspräsidenten aus aller Welt statt. Organisiert wird sie alle fünf Jahre von der Interparlamentarischen Union (IPU), die eng mit den Vereinten Nationen zusammenarbeitet. Nun sorgt die Teilnahme von Valentina Matwijenko für Kritik. Sie ist Vorsitzende des russischen Föderationsrats, dem Oberhaus (Senat) im russischen Parlament.
Matwijenko bekleidet in Russland das formell dritthöchste Staatsamt und gilt als enge Vertraute von Präsident Wladimir Putin. Sie unterstützt die russische Invasion in der Ukraine und steht deshalb auf den Sanktionslisten der Schweiz, der EU und den USA.
Teilnahme dank Ausnahmebewilligung
Eine Ausnahmebewilligung ermöglichte die Teilnahme von Matwijenko. Darüber entschieden haben das Staatssekretariat für Migration (SEM) und das Aussendepartement (EDA).
Mit der Interparlamentarischen Union habe der Bundesrat ein Sitzstaatabkommen abgeschlossen, schreibt das EDA auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Deshalb sei man dafür zuständig, die Einreise offizieller Delegierter zu erleichtern und bei Bedarf Sanktionen für die Dauer der Konferenz vorübergehend aufzuheben.
Redezeit überschritten
Nationalratspräsidentin Maja Riniker besuchte anfangs Juli trotz intensiver russischer Angriffe die Ukraine, wo sie unter anderem Staatspräsident Wolodimir Selenski traf.
In Genf hatte sie nun eine andere Aufgabe: Ihre Rolle war es, die Debatte zu leiten. Sie hatte keinen Einfluss auf die Teilnehmenden – diese werden von der IPU eingeladen. Sie begrüsste Matwijenko, als diese in den Saal kam. Es habe keine informellen und auch keine offiziellen Treffen gegeben – das habe man klar abgelehnt, so Riniker.
Ich habe das gesagt und getan, was in meinen Augen in dem Moment wichtig war.
Als Matwijenko als dritte Rednerin insgesamt die Redezeit überschritt, musste Riniker die russische Abgesandte daran erinnern, dass alle gleich lang sprechen dürften: «Ich musste ihr Votum, welches dann mehr Richtung ihrer Interpretation, ihrer Sicht auf den Krieg ging, unterbrechen», sagte Riniker.
Riniker wies ihrerseits auf die Rolle der Schweiz hin, wenn es darum geht, die Guten Dienste anzubieten, sofern die Parteien bereit sind, miteinander zu reden.
«Weitere Inhalte gab es meinerseits nicht weiter auszuführen, und in dem Sinn – auch vor dem Hintergrund der Ereignisse und der Erlebnisse und der Eindrücke, die ich aus der Ukraine mitgenommen habe – habe ich das gesagt und getan, was in meinen Augen in dem Moment wichtig war», so Riniker weiter.
Auch Thema: Frauen und Mädchen im Krieg
Riniker hofft, dass sie mit der Konferenz der Frauen am Montag noch ein weiteres Zeichen senden konnte. Die Debatte sei sehr wichtig gewesen. Es ging um Gleichstellung. Beziehungsweise um die Frauen und Mädchen, die insbesondere in fragilen Gebieten, wo Krieg herrscht, am meisten darunter leiden.
Der Anlass der Interparlamentarischen Union dauert bis am 31. Juli. Neben Matwijenko waren die ebenfalls sanktionierten Duma-Politiker Leonid Sluzki und Pjotr Tolstoi an der IPU-Versammlung in Genf.