«Bist du parat?», fragt Robert Kistler seinen Hund. Er hechelt. An seinem Hals hängt ein dreieckiges Stück Stoff. Es gleicht jenen Tüchern, die Cowboys in Filmen tragen. Dank des Tuches weiss der Hund, dass jetzt sein Spürsinn gefragt ist. «Ich muss ihm so keine Bettwanzen vor die Nase halten», sagt Kistler.
Der Schädlingsbekämpfer trainiert mit J.D. in seiner Wohnung in der Nähe von Winterthur. Hier soll der Spürhund lebende Bettwanzen in einer Plastikröhre entdecken. Diese hat Kistler zuvor neben dem Sofa versteckt. «Such, such!», sagt er dem Australischen Schäferhund.
Seit neun Jahren begleitet J.D. Robert Kistler zu Einsätzen; meist in Wohnungen oder Hotels. Kunden aus der ganzen Schweiz melden sich bei der Schädlingsbekämpfungsfirma. Diese hat dieses Jahr zwar noch weniger Anfragen als vor Corona. «Doch die Zahl der Aufträge nimmt wieder zu», sagt Kistler.
Bettwanzen: Hohe Dunkelziffer
Andere Schädlingsbekämpfer sind dieses Jahr wegen Bettwanzen ebenfalls vermehrt ausgerückt, wie sie SRF bestätigen. Einen Anstieg beobachtet auch die Schädlingsprävention der Stadt Zürich: Fast 100 Personen hätten sich dieses Jahr gemeldet. «Dies sind zwar weniger als im Rekordjahr 2016», sagt Leiterin Gabi Müller. «Doch es sind mehr Anfragen als während der Pandemie.»
Der Grund für die Zunahme: Der Tourismus floriert wieder. Die vielen Übernachtungen in Hotels oder Appartements erhöhen auch das Risiko, Bettwanzen zu verschleppen. Meistens reisen die Parasiten im Gepäck mit. Die Dunkelziffer ist laut Müller hoch. «Bei uns melden sich nämlich nur jene, die noch nie Bettwanzen hatten.» Hotels oder Jugendherbergen, welche die Schädlinge schon kennen, engagierten direkt eine Schädlingsbekämpfungsfirma.
Bettwanzen sind weder gefährlich noch übertragen sie Krankheiten. Doch sie saugen nachts Blut von Menschen und Tieren. «Für Betroffene können die Stiche extrem mühsam sein», sagt Robert Kistler. Einige Kundinnen und Kunden finden auch Kotspuren und melden sich deshalb bei der Schädlingsbekämpfungsfirma.
Ruhe bewahren statt Alarmismus
«Wir haben schon ganze Häuser gesehen, die von Bettwanzen befallen waren», sagt Gabi Müller. Zum Beispiel Wohnungen, in denen Zimmerappartements vermietet werden. Erfährt die Schädlingsprävention von problematischen Zuständen, führt sie Kontrollen durch. «Dann fordern wir die Hausbesitzer auf, die Bettwanzen zu bekämpfen.»
Für Müller ist es wichtig, die Bevölkerung über die Parasiten zu informieren. «Aber man sollte nicht in Panik verfallen», sagt die Leiterin der Stadtzürcher Schädlingsprävention. «Ich habe diese Stelle seit über 25 Jahren und habe nur einmal selber Bettwanzen gefunden.»
Erfolgreiche Bettwanzen-Jagd
In der Schweiz bekämpfen professionelle Schädlingsfirmen Bettwanzen mit Wärme oder Insektiziden. Einige setzen auch Spürhunde wie J.D. ein, etwa zur Schlusskontrolle. «Da kann ich noch lange suchen, ob Bettwanzen überlebt haben», sagt Robert Kistler. «Der Hund würde sie sofort riechen.»
Auch beim Training dauert die Suche nicht lange. In weniger als einer Minute schnüffelt sich J.D. durch die Wohnung. Dann winselt er. Und sitzt vor dem Sofa ab. «Das ist das Zeichen für einen Fund», sagt Schädlingsbekämpfer Kistler.
Ein Treffer! Die feine Nase hat sich nicht geirrt – und die Schnauze ein Leckerli verdient.