In Wengen würde derzeit eigentlich eine grosse Ski-Party stattfinden – zwei Abfahrten und ein Slalom waren geplant. Die Lauberhornrennen von diesem Wochenende wurden wegen mehrerer Corona-Fälle aber abgesagt. Ein britischer Tourist steckte weitere Personen mit dem mutierten Virus an. Der Ausbruch habe eine spezielle Dynamik entwickelt, hiess es von den Berner Behörden.
Nach den Schlagzeilen über den angeblichen Corona-Hotspot ist das Dorf nun sich und den Virus-Testern überlassen. Die Geschäfte sind geschlossen, die Hotels leer. Wer anreist, wird von einer Stimme aus dem Lautsprecher empfangen, die auf geltende Regeln hinweist. Für viele heisst es hier: Warten.
«Ich warte mit einem komischen Gefühl auf mein Testresultat. Was passiert, wenn ich positiv bin?», sagt ein Wengener, der mit rund einem Dutzend Menschen – mit Abstand – im Schnee vor dem Testzentrum steht und wartet.
Immer wieder tritt ein Mann mit Schutzanzug, Schutzbrille und Gesichtsmaske aus dem Zelt, ruft Namen und deren Resultat auf: «Negativ.» Beim betroffenen Herrn löst sich die Anspannung. Es sei gut und richtig, wolle der Kanton Bern alle testen, sagt er. Und nach den schlechten Schlagzeilen über Wengen als Corona-Hotspot sei jeder negative Befund ein Segen. «Dass man etwas macht, um die Sache in den Griff zu bekommen, finde ich richtig», meint er.
Alle Wengener sollen getestet werden
Um die Situation in den Griff zu bekommen, arbeiten maskierte und bebrillte Menschen im Innern dieses Zeltes. Erst werden die Personen registriert, danach Abstriche gemacht. Tröpfchenweise kommen Frauen und Männer hinein. Von Hektik keine Spur.
Die Erkenntnisse werden wir bei künftigen Grossveranstaltungen einfliessen lassen.
Jeder solle mindestens einmal getestet werden, sagt Mischa Schori, Leiter Katastrophenmanagement des Kantonsarztamtes. «Wenn wir alle Wengener dazu bringen können, sich innerhalb von zehn Tagen ein- bis zweimal testen zu lassen, erhalten wir ein gutes Bild», meint Schori. Vor allem, wie fest sich das Virus tatsächlich in Wengen ausgebreitet hat.
Vorbild für künftige Rennen
Wengen soll aber auch als Modell für Fussballspiele oder ähnliche Wettkämpfe, wie die abgesagten Lauberhornrennen, dienen. «Die Erkenntnisse aus dieser Testaktion werden wir in künftige Bewilligungsverfahren von anderen Grossveranstaltungen einfliessen lassen», sagt der Leiter des Katastrophenmanagements.
Für Wengen selber habe die flächendeckende Testaktion auch hygienischen Charakter. Falls wie bisher praktisch alle Corona-negativ seien, «dann hätten die Organisatoren der Rennen, aber auch die Behörden und die Bevölkerung gute Arbeit geleistet mit ihrem Schutzkonzept.» Die Zahlen zeigen in diese Richtung: Am 13. und 14. Januar wurden insgesamt 567 Schnelltests durchgeführt. Davon waren 3 Schnelltests positiv. Von den 47 PCR-Tests stehen die Resultate noch aus.
Jetzt haben wir mehr Testkapazitäten als Leute im Dorf.
Dass sie sich diesbezüglich nichts vorwerfen lassen müssten, wüssten sie bereits, erzählen die Leute draussen im Schnee. Als die Rennen abgesagt wurden, sei die Situation mit den Ansteckungen eigentlich unter Kontrolle gewesen. Der Kanton Bern habe aber kalte Füsse gekriegt.
Man hätte vorher eine derart grosse Testaktion machen müssen, sagt etwa Bettina Zinnert in ihrem geschlossenen Hotel: «Jetzt ist Wengen leer, jetzt haben wir mehr Testkapazitäten als Leute im Dorf.»