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Kapazitätsgrenze erreicht Bundesasylzentren sind am Anschlag

  • Die Bundesasylzentren sind an ihre Kapazitätsgrenze gestossen.
  • Um allen Asylsuchenden eine Unterkunft zu garantieren, wird ein Teil der Asylsuchenden früher als bisher an die Kantone zugewiesen.
  • Die Kantone müssen sich darauf vorbereiten, vorübergehend bis zu tausend Asylsuchende pro Woche aufzunehmen statt den bisherigen 500 Personen.

Die Personen werden proportional zur Bevölkerung auf die Kantone verteilt, wie das Staatssekretariat für Migration (SEM) mitteilte. Aktuell stellen laut SEM rund 800 Menschen pro Woche in der Schweiz ein Asylgesuch.

Bis Ende Dezember werden für das aktuelle Jahr mindestens 22'000 Asylgesuche erwartet, also 7000 mehr als im Vorjahr. Im September stellten so viele Menschen innert eines Monats ein Asylgesuch wie seit der Flüchtlingskrise 2015/2016 nicht mehr.

Besonders in der West- und Nordwestschweiz stiessen die Zentren zuletzt an ihre Kapazitätsgrenzen – obschon schweizweit rund 20 neue Unterkünfte in Betrieb genommen wurden oder vorbereitet werden.

Neue Massnahmen ab Donnerstag

Asylsuchende mit einer Wegweisungsverfügung – also mit einem negativen Asylentscheid – werden deshalb innert weniger als den bisher üblichen 140 Tagen an die Kantone weitervermittelt. Mit dieser Massnahme, die ab Donnerstag gilt, bleiben die Bundesasylzentren laut SEM für neu ankommende Asylsuchende offen.

Ab Anfang November würden auch Personen an die Kantone überwiesen, deren Asylverfahren noch nicht abgeschlossen sei. Ausgeschlossen davon sind Personen in einem Dublin-Verfahren (Bestimmung des zuständigen Staates), aus Afghanistan, unbegleitete Minderjährige sowie Personen aus einem Herkunftsland mit einer sehr tiefen Schutzquote, wie das SEM weiter schrieb. Bei diesen werde ein zusätzlich beschleunigtes Verfahren in den Bundeszentren durchgeführt.

Fast 70'000 Personen aus der Ukraine

68'979 Personen aus der Ukraine haben seit Mitte März in der Schweiz den Schutzstatus S beantragt. Bis Ende Jahr geht das SEM von 80'000 bis 85'000 Anträgen aus, wie ein Sprecher auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA schrieb. Präzise Prognosen seien aber schwierig.

Eine Frau hält einen ukrainischen Pass in die Kamera des Fotografen
Legende: Die Zahl der Personen aus der Ukraine, die in der Schweiz den Schutzstatus S beantragen werden, könnte bis auf 85'000 bis Ende Jahr steigen. Keystone/Archiv/VALENTIN FLAURAUD

Bis am Dienstag erhielten rund 66'600 Personen den Status. Bei knapp 5000 Personen wurde der Schutzstatus demnach beendet und bei fast 1300 Personen wird die Beendigung geprüft.

In ganz Europa beantragten 4.4 Millionen ukrainische Geflüchtete einen Schutzstatus. 6.2 Millionen Personen waren laut den aktuellsten Zahlen in der Ukraine auf der Flucht.

Die überbelegten Unterkünfte führen laut Daniel Bach vom SEM zu Spannungen. «Das hat auch damit zu tun, dass wir im Moment zu wenig Personal haben. Der Fachkräftemangel schlägt voll durch.»

Die fehlenden Betreuenden beschäftigen auch Gaby Szöllösy, Generalsekretärin der Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und -sozialdirektoren. «Wenn ein Zentrum, eine Mehrzweckhalle etc. relativ abgelegen ist, finden sie nicht viel Personal, das in diesen abgelegenen Gegenden arbeiten möchte.»

Flüchtlingshilfe ist besorgt

Sorgen macht sich auch die Flüchtlingshilfe. In den Bundesasylzentren hätten Asylsuchende direkten Zugang zu Rechtsvertreterinnen und -vertretern, sagt Sprecher Lionel Walter. Verteile man die Menschen auf die Kantone, werde das schwieriger: «Da könnte die Qualität des Asylverfahrens und des Rechtsschutzes nachlassen.» Daniel Bach vom zuständigen Staatssekretariat für Migration entgegnet: Der Rechtsschutz bleibe gleich, auch wenn der Aufwand klar grösser werde.

SRF 4 News, 25.10.22, 14:30 Uhr ; 

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