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Karenzfrist für Thomas Süssli Keine Aufträge aus der Rüstungsindustrie für den Ex-Armeechef

Thomas Süssli bleiben Jobs im Rüstungsbereich für die nächsten zwölf Monate verwehrt. Das bestätigt das VBS.

Ende Jahr tritt der Chef der Armee, Thomas Süssli, ab. Er war sechs Jahre lang «Friedensgeneral» der Schweizer Armee. Der 59-Jährige geht aus freien Stücken und bekommt keine Rente oder Abgangsentschädigung. Er hat bereits durchblicken lassen, dass er Mandate in der Privatwirtschaft übernehmen will.

Eintrag ins Handelsregister

So hat er bereits eine Firma eintragen lassen, das zeigt der Blick ins Handelsregister. Auf Anfrage schreibt Thomas Süssli, er habe bereits verschiedene Angebote vorliegen: für Verwaltungsratsmandate in Start-ups und in grösseren Unternehmungen. Auch als Redner will Thomas Süssli auftreten. Doch er werde erst im März entscheiden, für wen er tätig sein wird.

Das sind die Pläne von Thomas Süssli

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Auf Anfrage erklärt der abtretende Armeechef Thomas Süssli, was seine Pläne sind. Er schreibt gegenüber SRF:

«Zurzeit liegen mir verschiedene Angebote vor, einerseits für Verwaltungsratsmandate in Start-ups und auch grösseren Unternehmungen, andererseits auch für Exekutiv-Funktionen.

Vorausschauend habe ich eine Einzelfirma in das Handelsregister eintragen lassen. Das Gründungsdatum ist der 01.01.2026 und der Unternehmenszweck sind Mandate und Beratung.

Ich habe konsequent noch keine Zusagen gemacht. Definitiv entscheiden werde ich bewusst erst Ende März. Der Grund liegt vor allem darin, den Kopf bis zum Schluss als Armeechef frei zu haben, nicht beeinflusst zu sein und fokussiert zu bleiben.

Zusagen habe ich lediglich für Auftritte als Keynote-Speaker gemacht. Es liegen zahlreiche Anfragen vor. Ich werde dabei nicht über die Schweizer Armee, sondern über Geopolitik, Technologie und Leadership sprechen.

Die Karenzfrist von zwölf Monaten betrifft faktisch die Tätigkeit für Firmen, welche im Jahr 2025 massgeblich von Rüstungsprogrammen profitiert haben. Diese Karenzfrist werde ich selbstverständlich einhalten.

Der Erfolg und die Sicherheit der Schweiz liegen mir heute und auch in Zukunft am Herzen. Ich werde mein zukünftiges Engagement darauf ausrichten.»

Freie Hand hat er bei der Wahl seiner Auftraggeber aber nicht. Das Verteidigungsdepartement schreibt auf Anfrage, Thomas Süssli habe eine Karenzfrist von zwölf Monaten in seinem Arbeitsvertrag. Gemeint ist eine Art Abkühlphase. So darf Thomas Süssli keine Tätigkeiten für Auftraggeber übernehmen, die in den letzten zwölf Monaten massgeblich von Rüstungsaufträgen des VBS profitiert haben.

Armeechef Thomas Süssli bei einem Referat.
Legende: Der abtretende Armeechef Thomas Süssli will nach seinem Rücktritt unter anderem in der Privatwirtschaft Beratungsmandate und Verwaltungsrats-Aufgaben übernehmen. KEYSTONE / Peter Klaunzer

Wortwörtlich steht in seinem Arbeitsvertrag: «Der Arbeitnehmer verpflichtet sich nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, während zwölf Monaten keine Tätigkeit bei einem Arbeitgeber oder für einen Auftraggeber auszuüben, der in den letzten zwölf Monaten vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses massgeblich von Rüstungsaufträgen profitiert hat.»

Karenzfristen sind in der Bundesverwaltung unüblich

Dass ein Departement einem hohen Kader solche Vorschriften macht, ist untypisch. Karenzfristen sind zwar in der Privatwirtschaft üblich. So soll verhindert werden, dass ein abtretender Firmenchef sein Insiderwissen zur Konkurrenz bringt. Doch beim Bund sind sie nicht an der Tagesordnung, obwohl das Bundesrecht eine Karenzfrist für Amtsdirektoren, Staatsekretärinnen oder andere Topkader vorsieht, aber nur als Kann-Formulierung.

In einem Bericht der Interdepartementalen Arbeitsgruppe Korruptionsbekämpfung kommen die Verantwortlichen zum Schluss, dass Karenzfristen nur in Ausnahmefällen vereinbart würden. In einem älteren parlamentarischen Vorstoss schreibt der Bundesrat, dass nur in vier Fällen eine Karenzfrist vereinbart worden sei.

Bekannte Fälle

Wenn Kaderpersonen des Bundes oder gar Bundesrätinnen und Bundesräte in die Privatwirtschaft wechseln, sorgt das oft für heftige Debatten in der Öffentlichkeit. Jüngst gab es Kritik an Nicoletta della Valle, der ehemaligen Fedpol-Direktorin. Sie hatte nach ihrem Austritt aus der Bundesverwaltung als Beraterin bei einem israelischen Fonds für Rüstung und Sicherheit angeheuert.

Anti-Korruptionsgruppe empfiehlt generelle Regelung

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Der Wechsel zwischen Privatwirtschaft und öffentlicher Verwaltung wird als Drehtüren-Phänomen (revolving-door) oder Pantouflage bezeichnet.

Die internationale Anti-Korruptionsgruppe des Europarates GRECO hat jüngst der Schweiz empfohlen, verbindliche Regeln für Personen in hohen Exekutivämtern einzuführen, sollten sie in die Privatwirtschaft wechseln.

Der Bundesrat hat in der Vergangenheit eine breite Einführung von Karenzfristen für alle Topkader immer abgelehnt. In einer Vorstoss-Antwort schrieb er 2019: «Der Bundesrat lehnt eine generelle, obligatorische, für alle Topkader, unabhängig von den Umständen im Einzelfall, gleichermassen geltende Karenzfrist ab. Dies namentlich auch vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlich garantierten Berufs- bzw. Berufszugangsfreiheit.»

In Fall von Thomas Süssli hat das Verteidigungsdepartement, damals unter Führung von Bundesrätin Viola Amherd, bereits bei seiner Anstellung eine Karenzfrist vereinbart. Gemäss Experten ist das ein vorbildliches Vorgehen.

Keine Karenzfrist für Nachrichtendienst-Chef Dussey

In einem anderen Fall hat das Departement aber keine Karenzfrist vereinbart: Ende Jahr hört auch Nachrichtendienst-Chef Christian Dussey auf. Er hat keine solche Einschränkung in seinem Arbeitsvertrag. Laut VBS besteht bei ihm keine Gefahr eines Interessenskonfliktes oder Reputationsrisikos.

Das sagt der Arbeitsrechtler

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Hans-Ulrich Zürcher war sieben Jahre Leiter des Personalamtes des Kantons Bern. Heute arbeitet er als Anwalt, spezialisiert auf öffentliches Personalrecht. Die Karenzfrist-Regelung mit Armeechef Thomas Süssli wertet er als positiv. Eine solche Regelung solle helfen, Korruption zu bekämpfen, Interessenskonflikte zu verhindern und die Glaubwürdigkeit des Bundes zu wahren.

Der Bund vereinbart höchst selten eine Karenzfrist mit seinen Topkadern. Der Grund dafür sei der damit verbundene Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit der Betroffenen, erklärt Zürcher. Das verletze ein Grundrecht.

Der Spezialist für öffentliches Personalrecht weist auch darauf hin, dass eine solche Karenzfrist-Regelung auf Einvernehmlichkeit beruhe. Beide Seiten müssten zustimmen, also auch der Betroffene. Und dieser könnte Geldforderungen stellen. «Eine Karenzfrist ist nicht gratis zu haben», sagt Zürcher.

Um Silokarrieren zu verhindern, sei es auch wünschenswert, wenn Angestellte zwischen öffentlicher Verwaltung und Privatwirtschaft wechseln können. Davon würden beide Seiten profitieren.

Wenn die Politik eine breitere und für alle Kader obligatorische Karenzregelung wünsche, müsse dies über ein Gesetz erfolgen. Ein solches gibt es heute nicht. Im Moment sieht die Bundespersonalverordnung eine Karenzfrist vor, wenn beide Seiten damit einverstanden sind.

Für alle Angestellten des Bundes gilt, auch nach ihrer Tätigkeit beim Bund sind sie an das Amts- und Berufsgeheimnis gebunden.

Heute Morgen, 28.11.2025, 6 Uhr; wilh; harm

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