Anna Gabriél gehört dem katalanischen Linksbündnis CUP (Kandidatur der Volkseinheit) an. Nach der Unabhängigkeitserklärung vom letzten Oktober droht auch ihr juristisches Ungemach – wegen Rebellion. Nun ist Gabriél in Genf.
In Spanien sorgt die Reise bei der politischen Gegenseite für Ärger. Andrea Levy Soler, Abgeordnete im Regionalparlament Kataloniens, sagt: «Wir wissen nicht, ob das Handeln von Carles Puigdemont nun Schule macht. Erst Puigdemont, dann ein paar Minister, jetzt Anna Gabriél.» Vielleicht gäbe es noch mehr Überraschungen. Klar sei nur: «Sie werden sich vor der spanischen Justiz verantworten, da gibt es keinen Ausweg.»
Gabriél will sich am Dienstag in Genf öffentlich äussern. Mittlerweile hat sie dort einen Anwalt und eine Kommunikationsagentur engagiert. Ein Anwalt für Migrationsrecht erklärt, ein Asylgesuch wäre aber grundsätzlich möglich.
Im Unterschied zu gewissen EU-Ländern würde die Schweiz ein solches Asylgesuch prüfen, erklärt Sven Gretler, Anwalt für Migrationsrecht. «Die Chancen sind allerdings schwer einzuschätzen, zumal Spanien als sogenannt sicheres Land gilt, also als ein Land, wo keine Verfolgung droht – grundsätzlich.»
Ablehnung einer Auslieferung ist möglich
Die Strafrechtsexpertin Sabine Gless sagt, dass die Schweiz den Straftatbestand der Rebellion nicht kenne. Falls die Spanier aber ein Auslieferungsgesuch stellen würden, müsste es trotzdem geprüft werden.
«Wenn die Schweizer Behörden den Eindruck bekommen, dass es hier nur um politische Verfolgung geht, dann müsste sie nicht ausliefern. Dann gibt sowohl das Auslieferungsübereinkommen sowie andere Verträge, aber auch das Schweizer Recht die Möglichkeit, eine Auslieferung abzulehnen», so Gless.
Ob Anna Gabriél Schutz sucht oder schlicht Werbung für die Unabhängigkeit Kataloniens machen will – mit der geheimnisvollen Reise ist ihr die Aufmerksamkeit gewiss.