Das neue Banken-KV hat es in sich: ein Jahr ausschliesslich Schule, danach voll im Betrieb. Der KV-Lehrgang «Berufsmaturität Fokus», den die beiden Grossbanken UBS und Credit Suisse ins Leben gerufen haben, sei nach den ersten zwei Jahren ein voller Erfolg, sagt Sabine Balmer.
Sie ist die Verantwortliche für Nachwuchsförderung bei der Credit Suisse: «Wir können ein Fazit ziehen, dass sowohl die Lehrer, die Teilnehmer wie auch die Banken sehr zufrieden sind mit der Umsetzung. Und das trotz Corona.»
Reform «Kaufleute 2022» verunsichert
Das Ziel dieser Fokuslehre ist es, den Jugendlichen einen sanften Übergang von der Volksschule in den Beruf zu ermöglichen und die Anzahl der Lehrabbrüche zu reduzieren. Weil das sehr gut gelungen sei bisher, hätte das Angebot eigentlich ausgebaut und auch ausserhalb von Zürich angeboten werden können, sagt Balmer: «Wir merken, dass sehr viel Interesse vorhanden wäre, aber die anstehende KV-Reform verunsichert.»
Diese KV-Reform unter dem Titel «Kaufleute 2022» sei ein richtiggehender Paradigmenwechsel, bestätigt Andreas Bischoff, der zuständige Prorektor beim KV Zürich: «Wir wechseln vom Fachunterricht auf die Handelskompetenz-Orientierung.»
Die Schule holt diese Problembereiche Schulzimmer und versucht, die Lernprozesse der Lernenden auch dort umzusetzen.
Das heisse, man orientiere sich an den Aufgabenstellungen in den Betrieben. «Und die Schule holt quasi diese Problembereiche ins Schulzimmer und versucht, die Lernprozesse der Lernenden auch im Schulzimmer, im Schulmilieu umzusetzen.»
Sprich: Klassische Fächer wie Fremdsprachen würden in den Unterricht von sogenannten Handlungskompetenzen – wie Kommunikation – integriert. Eine grosse Umstellung, auch für die Schulen, betont Andreas Bischoff: «Uns wäre entschieden lieber, wenn wir mehr Zeit zur Verfügung hätten.» Man wolle die Reform nicht hinauszögern, aber vorsichtig und umsichtig planen sowie umsetzen.
Mehr Zeit fordert auch die Vertreterin der Banken, Sabine Balmer. Grundsätzlich dagegen aber sind die Lehrkräfte. Konrad Kuoni, Co-Präsident des Zürcher Verbands der Lehrkräfte in der Berufsbildung ZLB, ist nicht gegen den vorgesehenen Unterricht von Handlungskompetenzen.
Es geht nur noch darum, einfach das zu lernen, was direkt dem Arbeitsumfeld zugutekommt.
Eine Steuererklärung beim Thema Steuern auszufüllen, mache Sinn. Anders sehe es bei der Literatur aus: «Wie wollen sie den ‹Besuch der alten Dame› einer Klasse näherbringen? Das hat mit einer direkten Handlungskompetenz gar nichts mehr zu tun.»
Sorgen um Allgemeinbildung
Der Verband befürchtet, dass Allgemeinbildung völlig verloren gehen würde: «Es geht nur noch darum, einfach das zu lernen, was direkt dem Arbeitsumfeld zugutekommt.» Das schade letztlich den Betrieben selbst, denn auch sie profitierten davon, wenn die Schülerinnen und Schüler noch über das Arbeitsumfeld hinausdenken können.
Entscheid vor den Sommerferien
Ein Neustart der Reform, wie ihn der Lehrkräfteverband fordert, steht aus Sicht des zuständigen Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation SBFI nicht zur Diskussion. Noch vor den Sommerferien soll aber entschieden werden, ob die Umsetzung der Reform verschoben wird.