Zum Inhalt springen

Header

Audio
Sind Drogensüchtige besser vor Corona geschützt?
Aus Regionaljournal Zürich Schaffhausen vom 14.03.2022. Bild: Keystone
abspielen. Laufzeit 1 Minute 19 Sekunden.
Inhalt

Kein einziger Todesfall Zürcher Drogensüchtige sorgen für Corona-Überraschung

Covid-19 galt anfangs der Pandemie für schwer Drogensüchtige als tödliche Gefahr. Nun ist alles anders gekommen.

Im Zentrum für Suchtmedizin «Arud» mitten in der Zürcher Innenstadt ging im Februar 2020 die Angst um. Hier, wo Süchtige unter ärztlicher Aufsicht Heroin und andere Opioide beziehen können, rechnete man mit dem Schlimmsten: «Wir befürchteten, dass viele unserer Leute eine Corona-Infektion nicht überleben würden. Viele haben nach jahrzehntelangen Drogenkarrieren schwere Lungen-, Herz- und Lebererkrankungen und gehören zu den am meisten gefährdeten Risikogruppen», sagt Philip Bruggmann, Chefarzt Innere Medizin im «Arud».

Grosses Staunen unter Fachleuten

Was Bruggmann nun, zwei Jahre später, in Form einer Studie vorlegt, versetzt die Fachwelt jedoch in Staunen. Die Studie ist Teil der schweizweiten «Corona Immunitas»-Studie und zeigt am Beispiel des Zentrums «Arud», wie sich die Pandemie auf Menschen in Heroin- oder anderen Ersatzprogrammen auswirkt. Das Ergebnis: Statt schwere oder tödliche Verläufe hatten die rund 1000 Betroffenen durchs Band auffallend milde Corona-Erkrankungen. «Wir hatten keinen einzigen schweren Verlauf und niemand ist an Corona gestorben. Das ist ein Glück und eine riesige Überraschung», so Bruggmann.

Und dies, obschon die Patientinnen und Patienten überdurchschnittlich oft mit dem Virus in Kontakt gekommen sind. So zeigt die Studie, dass nach der ersten Corona-Welle im Frühling 2020 bereits rund 10 Prozent der Opioid-Bezüger Antikörper im Blut hatten – rund dreimal mehr als der Rest der Bevölkerung, als zu jenem Zeitpunkt erst 3,5 Prozent der Menschen Antikörper gebildet hatten.

Video
Marcel Wulz: «Bin froh, dass ich bis jetzt Glück gehabt habe»
Aus News-Clip vom 14.03.2022.
abspielen. Laufzeit 11 Sekunden.

Rätseln über mögliche Erklärungen

Dass gerade diese gesundheitlich oft angeschlagenen Personen so gut durch die Pandemie kamen, erstaunt auch den Infektiologen Jan Fehr, der als Leiter der «Corona Immunitas»-Studie die Gesamtsituation in der Schweiz überblickt. Eine abschliessende Erklärung gebe es noch nicht, sagt er, aber Hypothesen. Eine ist, dass gerade Menschen mit einer Drogenkarriere aufgrund ihres Lebenswandels schon mit vielen Viren in Kontakt gekommen seien, auch mit Erregern, die ebenfalls zur Familie der Corona-Viren gehörten. Ihr Immunsystem sei deshalb möglicherweise besser auf dieses spezifische Virus vorbereitet gewesen, so Fehr.

Video
Philip Bruggmann über den Vorteil eines «gut trainierten» Immunsystems
Aus News-Clip vom 14.03.2022.
abspielen. Laufzeit 19 Sekunden.

Ebenso belege die Studie wohl, wie gut es sei, dass in der Schweiz Drogensüchtige in einem Opioid-Programm medizinisch gut versorgt würden. Je besser man die Vorerkrankungen im Griff habe, desto weniger würden sie das Immunsystem belasten.

Zürich ist kein Einzelfall

Welche Faktoren genau zur grossen Corona-Überraschung geführt haben, müsste aber in weiteren Studien geklärt werden. «Es brennt uns unter den Nägeln, dem weiter auf den Grund zu gehen. Leider fehlt uns aktuell dafür die Finanzierung», sagt Fehr.

Klar ist aber schon jetzt, dass die Zürcher Studien-Überraschung kein Einzelfall ist. Laut Mediziner Philip Bruggmann machen Drogenabgabestellen in ganz Europa momentan die gleichen – positiven – Erfahrungen.

Video
Kaum schwere Corona-Verläufe bei Drogenabhängigen
Aus 10 vor 10 vom 14.03.2022.
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 57 Sekunden.

Regionaljournal Zürich Schaffhausen 14.03.2022, 17:30 Uhr

Jederzeit top informiert!
Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden.
Schliessen

Jederzeit top informiert!

Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden. Mehr

Push-Benachrichtigungen sind kurze Hinweise auf Ihrem Bildschirm mit den wichtigsten Nachrichten - unabhängig davon, ob srf.ch gerade geöffnet ist oder nicht. Klicken Sie auf einen der Hinweise, so gelangen Sie zum entsprechenden Artikel. Sie können diese Mitteilungen jederzeit wieder deaktivieren. Weniger

Sie haben diesen Hinweis zur Aktivierung von Browser-Push-Mitteilungen bereits mehrfach ausgeblendet. Wollen Sie diesen Hinweis permanent ausblenden oder in einigen Wochen nochmals daran erinnert werden?

Meistgelesene Artikel