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«Keine 10-Millionen-Schweiz» Das Dilemma bei der «Nachhaltigkeitsinitiative»

«Die Zuwanderung in die Schweiz ist ein Problem.» Dies sagten heute viele Vertreterinnen und Vertreter der bürgerlichen Parteien bei der Debatte im Nationalrat. Traktandiert war die sogenannte «Nachhaltigkeits­initiative» der SVP, mit der die Zuwanderung in der Schweiz begrenzt werden soll.

Selbst in linken Parteien spricht zuweilen SP-Vizepräsidentin Jacqueline Badran über eine zu hohe und zu schnelle Zuwanderung. Vor allem via Arbeitsvertrag kommen die Menschen in die Schweiz. Vor allem aus der EU – die Personenfreizügigkeit macht es möglich.

Streit um die Arbeitskräfte

Doch auf die Arbeitsmigration hatten heute die Nationalrätinnen und Nationalräte von FDP bis SP keine direkte Antwort, ausser dieser: Die Schweiz brauche die Arbeitskräfte, vor allem wegen des demografischen Wandels. Damit dürfte auch ein direkter Gegenvorschlag auf die SVP-Initiative «Keine 10-Millionen-Schweiz» ausbleiben.

Dies aus einem plausiblen Grund: Jede direkte Massnahme, um die Arbeitsmigration aus der EU wirksam zu dämpfen, würde in Konflikt mit dem Personen­freizügigkeits­abkommen kommen. Das ist jenes Abkommen zwischen der Schweiz und der EU, das regelt, dass sich die Menschen frei nach ihrer Wahl dort niederlassen können, wo sie einen Arbeitsvertrag haben.

Schränkt die Schweiz die Arbeitsmigration aus der EU ein, so wären laut Bundesrat alle Abkommen der Bilateralen I gefährdet. Auch die eben erst ausgehandelten neuen Verträge mit der EU hätten es gemäss der Landesregierung schwer. Oder kurz: Der Zugang der Schweiz zum Binnenmarkt der EU stünde auf dem Spiel – für die hiesige Wirtschaft der wichtigste Handelspartner.

Gegenvorschlag wohl chancenlos

Einzig die Mitte kämpfte noch für einen Gegenvorschlag. Dieser zielt aber auf innenpolitische Massnahmen. Sobald bei der Wohnbevölkerung die 9.5-Millionen-Marke überschritten ist, soll der Bundesrat Massnahmen ergreifen, etwa die bessere Ausschöpfung des inländischen Arbeitskräftepotentials oder Massnahmen beim Wohnungsbau. Ein Gegenvorschlag wird mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht zustande kommen.

Auch der Bundesrat hatte Anfang Jahr «Begleitmassnahmen» zur Zuwanderung präsentiert. Die Reaktionen der Parteien waren allerdings unterkühlt. Die wenigsten in Bundesbern glauben, dass die Schweiz so in Sachen Zuwanderung den grossen Unterschied machen könnte.

In der Abstimmung zur sogenannten «Nachhaltigkeits­initiative» wird es also letzten Endes darum gehen, was die Bevölkerung höher gewichtet: stabile Beziehungen mit der EU und weiterhin Zugang zum europäischen Binnenmarkt mit einer relativ hohen Zuwanderung oder die starke Drosselung der Zuwanderung – mit unabsehbaren Folgen.

Christa Gall

Bundeshausredaktorin

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Christa Gall ist seit 2012 Redaktorin bei SRF, seit 2018 für die TV-Bundeshausredaktion. Bevor sie zu SRF wechselte, schrieb sie für diverse Zeitungen und Zeitschriften.

Tagesschau, 22.09.2025, 19:30 Uhr

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