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Nischenprodukt Tageseltern
Aus Rendez-vous vom 08.09.2023. Bild: SRF/Katrin Keller
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Kinderbetreuung Warum das Tageseltern-Modell fast ausgedient hat

Kinder von anderen Familien bei sich zu Hause zu betreuen, verliert in der Schweiz an Bedeutung. Das hat auch mit den Alternativen zu tun.

«Es ist für mich ein viel näherer Kontakt», sagt Christine Schnidrig. Sie hat früher eine Kita geleitet und ist nun Tagesmutter. Bis zu fünf Kinder darf sie gleichzeitig bei sich zu Hause betreuen. «Ich habe auch zu vielen ehemaligen Kindern noch Kontakt. Das hatte ich in der Kita nie.» Christine Schnidrig ist jedoch eine der wenigen, die in der Stadt St. Gallen dieses Modell der Tagesmutter noch anbieten.

Was sind Tageseltern?

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Tagesfamilien betreuen eines oder mehrere Kinder bei sich zu Hause. Die Betreuungszeiten werden mit den Eltern direkt abgesprochen und sind deshalb oft flexibler als bei anderen Kinderbetreuungsangeboten.

Tageseltern sind entweder selbstständig oder Mitglied in einem Verein. Ab einem bestimmten Pensum (Anzahl Kinder und Anzahl Betreuungstage) müssen sie eine Grundausbildung und jährliche Weiterbildungen machen.

2009 gab es in der Stadt St. Gallen 44 Tagesmütter. Letztes Jahr waren es noch 16. Beim Verband Kinderbetreuung Kibesuisse heisst es, diese Entwicklung sei für Städte bezeichnend. Mediensprecher Maximiliano Wepfer sagt: «Auf dem Land gibt es noch mehr Tageseltern, aber auch hier sind die Zahlen eher rückläufig.»

Grund 1: andere Angebote

Gerade in den Städten wurden die Betreuungsplätze in den Kitas, Tagesbetreuungen und schulischen Randzeitenbetreuungen ausgebaut. Das Angebot wird rege genutzt. Die Tagesfamilien sind dabei ein Nischenangebot. Sie sind auch weniger bekannt.

Grund 2: finanzielle Entschädigung

Tagesmutter Christine Schnidrig in St. Gallen verdient pro Stunde und betreutem Kind 8.50 Franken. Da ihre Plätze meist voll sind, kann sie davon leben. Das sei jedoch eine Ausnahme, sagt Cécile Manser, die seit 15 Jahren in der Stadt St. Gallen Tageseltern vermittelt. Die Motivation von Tageseltern sei vorwiegend die Freude an der Betreuung von Kindern. Heisst: Sie machen es nicht aus finanziellen Gründen. «Sie sind in der Regel nicht auf das Geld angewiesen.»

Frau mit drei Kindern an einem Tisch
Legende: Christine Schnidrig kann von ihrer Tätigkeit als Tagesmutter leben. SRF/Katrin Keller

Heute sind junge Mütter häufiger berufstätig als noch vor 20 Jahren. Die Bereitschaft hat abgenommen, neben dem Beruf zu Hause andere Kinder zu betreuen und nur wenig damit zu verdienen.

Grund 3: höhere Auflagen

In der Tendenz sind die Auflagen für Tageseltern gestiegen, was eine zusätzliche Hürde sein kann. Welche Voraussetzungen Tageseltern erfüllen müssen, ist nicht einheitlich geregelt. Nötig sind jedoch oft ein Grundkurs, jährliche Weiterbildungen und Notfallkurse für Kinder. Zudem gibt es regelmässige Besuche von Expertinnen und Experten, und es braucht einen Auszug aus dem Sonderstrafregister, in welchem zum Beispiel Tätigkeits- oder Berufsverbote eingetragen sind.

Grund 4: geringe Wertschätzung

Die Idee der Tageseltern stammt aus einer Zeit, in welcher andere Betreuungsangebote rar waren. Eltern sahen sich nach Möglichkeiten um und boten selber als Tageseltern Plätze an. Das Angebot wurde geschätzt.

Die Arbeit wird nicht immer gleich gewürdigt.
Autor: Maximiliano Wepfer Mediensprecher Kibesuisse

Der Bedarf nach Betreuungsplätzen sei auch heute noch gegeben, sagt Maximiliano Wepfer von Kibesuisse. «Aber die Anerkennung ist nicht immer da. Die grosse, wertvolle Arbeit, welche die Tageseltern leisten, wird nicht immer gleich gewürdigt.» Auch in der Politik gingen die Tageseltern in Diskussionen um die Kinderbetreuung immer wieder vergessen.

Frau und drei Kinder am spielen
Legende: Christine Schnidrig gefällt ihre Arbeit als Tagesmutter – vor allem der enge Kontakt zu den Kindern. SRF/Katrin Keller

Tagesmutter Christine Schnidrig hofft, dass das Nischenprodukt Tageseltern nicht ganz verschwindet. Sie geniesse es, die Kinder aufwachsen zu sehen, und erzählt ein Beispiel eines Buben, den sie früher betreute: «Einmal hat es am Abend an der Türe geklingelt, und da stand der junge Mann mit seiner Familie. Und ich habe gedacht: So cool!»

Rendez-vous, 07.09.2023, 12:30 Uhr;

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