Neuer Schulraum in einer alten Kirche – das dürfte es so noch nicht an vielen Orten gegeben haben, wenn überhaupt. Die reformierte Kirche Wipkingen im gleichnamigen Zürcher Quartier plant zusammen mit der Stadt Zürich aber genau das: Ab Sommer 2026 sollen Schülerinnen und Schüler in einer Kirche neuen Schulraum erhalten.
Planen für die Zukunft
In der Stadt Zürich gibt es immer mehr Menschen und auch immer mehr Kinder. Aus diesem Grund haben die Schulen ständig ein Platzproblem. Die Kirchen in der Stadt hingegen haben gerade das gegenteilige Problem: Immer weniger Menschen besuchen den Gottesdienst. Unterdessen gibt es gar Kirchen, die nicht mehr für den eigentlichen Zweck genutzt werden. Eine davon ist die reformierte Kirche Wipkingen, die bereits seit 2019 nicht mehr als Kirche in Gebrauch ist und zwischenzeitlich von Vereinen genutzt wird.
Von daher war es für beide Parteien sinnvoll, Synergien zu nutzen und für die Zukunft zu planen. Denn im Einzugsgebiet der benachbarten Schule Waidhalde leben derzeit besonders viele Kinder, die dereinst zur Schule gehen. Die Prognosen rechnen vor, dass im Einzugsgebiet bis zirka 2032 zusätzlicher Schulraum für rund zehn weitere Primar- und Sekundarklassen geschaffen werden muss.
Das Schulhaus liegt gerade nebenan und man kann sehen, dass es aus allen Nähten platzt.
Da hilft eine Umnutzung der Kirche, die angespannte Situation ein wenig zu lockern. Das sah auch die reformierte Kirchgemeinde so und stimmte der Umnutzung am 18. Mai zu. Michael Hauser ist bei der Kirchgemeinde zuständig für die Immobilien und sagt, dass die Stadt von Anfang an der Wunschpartner für die Umnutzung war: «Wir gingen sehr schnell auf die Stadt zu, weil das Schulhaus gerade nebenan liegt und man sehen kann, dass es aus allen Nähten platzt.»
Klassische Schulzimmer waren keine Option
Die Stadt Zürich überlegte sich dann, was in diesem grossen Gebäude alles möglich sei, sagt der Zürcher Hochbauvorsteher, André Odermatt. Schnell merkte man, dass es für Klassenzimmer zu wenig Licht in der Kirche habe. «Ein zweites Problem ist, dass wir nicht dieses riesige Volumen heizen können.» So entstand die Idee mit der Unterteilung des Raumes durch ein thermisches Kissen. Zusätzlich dazu sollen sogenannte Kuben weiteren Raum schaffen, den man effizienter heizen könne.
Geheizt werden sollen nachhaltig: entweder per Fernwärmenetz oder mit einer Wärmepumpe.
Der zusätzliche Schulraum soll dann als Verpflegungs- und Betreuungsraum genutzt werden. Zudem soll eine Bibliothek und ein Mehrzwecksaal Platz finden. Mit dieser Umnutzung könnten in der benachbarten Schulanlage Waidhalde drei bis vier Klassenzimmer frei werden. «So können wir mit einer kreativen Lösung den anhaltend hohen Schulraumbedarf im Schulkreis Waidberg entschärfen», erklärt Schulvorsteher Filippo Leutenegger.
Neues Leben für die Kirche
Die bauliche Herausforderung sei dabei jedoch nicht zu unterschätzen, sagt André Odermatt. Der geplante Umbau sollte gemäss Machbarkeitsstudien allerdings klappen. Wichtig dabei sei, dass alle Um- und Einbauten «die Anmutung des grosszügigen Kirchenraums möglichst wenig beeinträchtigen» und so vorgenommen würden, dass sie wieder rückgängig gemacht werden könnten.
Die Stadt rechnet mit Umbaukosten von rund acht Millionen Franken. Die Miete läge bei jährlich ungefähr 150'000 Franken. Über das Projekt und den Kredit wird noch das Stadtparlament debattieren.