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Klinische Tests im Herbst BAG unterzeichnet Vertrag für Covid-19-Medikament

  • Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hat mit dem Schweizer Unternehmen Molecular Partners einen Reservierungsvertrag für ein Covid-19-Medikament unterzeichnet.
  • Das finanzielle Engagement beläuft sich auf einen mittleren einstelligen Millionenbetrag.
  • Wenn das Medikament die klinischen Tests erfolgreich durchläuft und für den Markt zugelassen wird, erhalte die Schweiz prioritären Zugang, heisst es in einer Mitteilung.
  • Die klinischen Studien seien für den kommenden Herbst geplant.

Mit dem Vertrag sichert sich der Bund Zugang zu den ersten 200'000 Dosen des Covid-19-Medikaments sowie ein Recht auf Lieferung von bis zu drei Millionen weiteren Dosen. Beim Medikament handelt es sich um ein Immunotherapeutikum. Im Ansatz sei die Therapie vergleichbar mit Mischungen von Antikörper-Therapien, mit denen das Virus neutralisiert werden solle, in einem Medikament.

«Die Firma Molecular Partners verfolgt einen sehr interessanten Ansatz», schätzt SRF-Wissenschaftsredaktor Thomas Häusler. «Sie hat eine Art abgespeckte Mini-Antikörper gebaut, die auch noch multifunktional sind.» Grundlage sei eine riesige Bibliothek dieser Mini-Antikörper. «Darin haben die Forscher nach solchen Molekülen, also einzelnen Mini-Antikörpern gesucht, die das Virus besonders gut bekämpfen. Und weil diese Moleküle so klein sind, kann man verschiedene davon kombinieren, in diesem Fall drei.» Beim Medikament von Molecular Partners wird das Virus also gleich an drei Stellen angegriffen.

Auch prophylaktische Einnahme möglich

Das Medikament soll in erster Linie zur Behandlung Coronainfizierter dienen. Es könne in gewissen Fällen aber auch prophylaktisch zum Schutz vor einer Infektion verabreicht werden, etwa für exponiertes Spitalpersonal oder andere Risikogruppen. Allerdings müsse man davon ausgehen, dass der prophylaktische Schutz nicht mehr als ein paar Monate hält, so Häusler: «Oder man müsste das Medikament wiederholt einnehmen. Aber das müssen nun wirklich erst die Tests zeigen.»

Zum finanziellen Engagement äusserte sich das Bundesamt nicht im Detail. Es gehe aber um einen mittleren einstelligen Millionenbetrag, gab das BAG auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA bekannt.

Firma entwickelt eigene Wirkstoffklasse

Molecular Partners ist ein Biotech-Unternehmen mit Sitz in Schlieren ZH. Es wurde 2004 als Spin-Off der Universität Zürich gegründet und entwickelt eine eigene Wirkstoffklasse namens DARPins Therapien, wie es weiter heisst. Dabei handle es sich um künstliche Proteine, die Antigene erkennen und binden könnten.

Vertrag auch für einen Impfstoff

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Erst am vergangenen Freitag hatte das BAG einen Vertrag mit der US-Biotechfirma Moderna bekannt gemacht. Damit will sich der Bund 4.5 Millionen Dosen eines künftigen Impfstoffs gegen das Coronavirus sichern. Die Lonza soll den Wirkstoff dafür herstellen. Der Bund ist mit weiteren Impfstoff-Unternehmen im Gespräch. Insgesamt sind 300 Millionen Franken für die Beschaffung von Impfstoffen vorgesehen.

Im Kampf gegen Covid-19 bereitet sich der Bund auf mehrere Szenarien vor. So sei es wichtig, auch auf weitere therapeutische Ansätze zu fokussieren, um schwer erkrankte Covid-19-Patientinnen- und Patienten zu behandeln, hält das BAG weiter fest. Der Schritt des Bundes sei klug, schätzt Wissenschaftsredaktor Häusler: «Mit relativ wenig Geld kauft er sich das Recht an 200'000 Behandlungsdosen.»

Gleichzeitig gehe er aber eine Wette ein: «Das Medikament scheint im Labor gut zu funktionieren. Aber nun muss es in Menschen getestet werden – und es ist ganz normal, wenn ein Medikament in diesem Stadium scheitert. Das passiert sogar sehr oft.» Positiv sei, dass Molecular Partners bereits daran ist, mehrere andere Medikamente nach demselben Prinzip zu entwickeln – und bei diesen sei man schon weiter in klinischen Studien. «Das gibt eine gute Prognose», schliesst Häusler.

SRF 4 News; 11.08.2020; 08:00 Uhr ; 

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