In einem hellen Ausstellungsraum liegen dutzende Objekte feinsäuberlich auf zahlreichen Tischen: Fellschuhe aus dem Kaukasus, ein thailändisches Schutzhäuschen, eine chinesische Götterstatue. «Hier werden einige der spannendsten und ungewöhnlichsten Objekte unserer Sammlung präsentiert – und öffentlich wissenschaftlich untersucht», sagt Museumsdirektorin Anna Schmid.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler untersuchen, wie diese Objekte nach Basel gelangten – und unter welchen Umständen. Kuratorin Isabella Bozsa deutet auf eine chinesische Götterstatue: «Diese grosse Kupferstatue stammt aus einem chinesischen Palast.»
Im 19. Jahrhundert sei sie von britischen und französischen Truppen aus einem Sommerpalast entwendet und anschliessend von einem Basler Seidenhändler erworben worden.
Ein Basler Seidenhändler erwarb die Statue und vermachte sie dem Museum – ein Objekt mit kolonialer Geschichte.
Für Kuratorin Isabella Bozsa ist die Statue ein typisches Beispiel für die gewaltsame Aneignung von Kulturgütern. «Über den Handelspunkt Shanghai gelangte sie nach Europa. Der Basler Seidenhändler Adolf Krayer-Förster erwarb sie dort und vermachte sie dem Museum – ein Objekt mit kolonialem Kontext und komplexer Geschichte.»
Damals florierte der Handel mit solchen Objekten. Europäische Händler profitierten davon – auch die Schweiz, obwohl sie keine formelle Kolonialmacht war, war Teil dieser Netzwerke, sagt Bozsa.
Die Herkunft der tausenden Objekte öffentlich im Museum zu untersuchen sei ein ganz bewusster Entscheid gewesen, sagt Museumsdirektorin Anna Schmid und betont: «Das ist keine Ausstellung, sondern ein offenes Labor.»
Basel-Stadt stellt von 2023 bis 2026 jährlich eine Million Franken für die Erforschung der Herkunft von Museumsgut zur Verfügung.
Fast jedes Objekt trägt Spuren einer kolonialen Vergangenheit.
«Unser Ziel ist es, über die Herkunft der Objekte zu sprechen und sichtbar zu machen, was das koloniale Erbe für uns als Museum bedeutet», so Schmid, denn: «Fast jedes Objekt trägt Spuren einer kolonialen Vergangenheit.»
Bisher hat das Museum zwei Objekte restituiert – darunter den Kultbaum «Thulu» an die Gamilaraay-Gemeinschaft in Australien. Eine Replik steht heute im Museum.
Basel als Drehscheibe kolonialer Handelsströme
Bereits die nationale Ausstellung «kolonial» im Landesmuseum Zürich zeigte, wie stark Basel in koloniale Handelsnetzwerke eingebunden war.
Deutlich wird dies am Beispiel der Basler Welthandelsfirma Christoph Burckhardt & Cie.: Sie war führend im Handel mit sogenannten Indiennes-Stoffen – bedruckten Baumwolltextilien, die in Afrika als Tauschware dienten.
Über ihre Tochtergesellschaft Bourcard Fils & Co. in Nantes beteiligte sie sich direkt am transatlantischen Sklavenhandel. Die Firma investierte in Sklavenschiffe und profitierte vom Dreieckshandel. Die Gewinne flossen zurück nach Basel – und trugen zum wirtschaftlichen Aufstieg der Stadt bei.
Auch Missionsgesellschaften und private Sammler trugen zur kolonial belasteten Sammlung des Museums bei. Ein Beispiel: Ein gefülltes Horn aus Kamerun, das 1914 von einem Basler Missionar aus der damaligen deutschen Kolonie mitgebracht wurde. Das Objekt hat bis heute rituelle Bedeutung.
Die Herkunft vieler Objekte ist komplex, sagt Kuratorin Isabella Bozsa. Was bedeutet «mitgenommen» in alten Inventarlisten? Was heisst «verehrt» oder «erworben»? Die Antworten sind selten eindeutig – doch genau das möchte das Projekt: Es schafft Raum für Dialog und neue Perspektiven.