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Konflikt Iran-USA Warum die Schweiz einen guten Namen als Vermittlerin hat

Im aktuellen Konflikt zwischen dem Iran und den USA könnte auch die Schweiz eine Rolle spielen. Konkret schreibt der US-Fernsehsender CNN auf seiner Webseite, die zwei Länder hätten Informationen über einen Schweizer US-Diplomatie-Kanal ausgetauscht. Der SRF-Experte für Diplomatie, Fredy Gsteiger, erklärt die Situation.

Fredy Gsteiger

Diplomatischer Korrespondent

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Fredy Gsteiger ist diplomatischer Korrespondent und stellvertretender Chefredaktor bei Radio SRF. Vor seiner Radiotätigkeit war er Auslandredaktor beim «St. Galler Tagblatt», Nahost-Redaktor und Paris-Korrespondent der «Zeit» sowie Chefredaktor der «Weltwoche».

Hier finden Sie weitere Artikel von Fredy Gsteiger und Informationen zu seiner Person.

SRF News: Was wissen Sie über die diplomatische Rolle der Schweiz im Iran-USA-Konflikt?

Fredy Gsteiger: Was CNN berichtet, ist richtig, aber es ist nicht neu. Die Schweiz hat bekanntlich das Schutzmachtmandat für die USA in Teheran. Dieses Mandat beinhaltet hauptsächlich zwei Aufträge. Einerseits sind es konsularische, administrative Aufgaben wie Passverlängerungen von Doppelbürgern oder wenn der Leichnam eines Doppelbürgers überführt werden muss.

Andererseits gibt es in der Tat einen vertraulichen Dialogkanal. Dieser existiert neben der öffentlichen Kommunikation zwischen Washington und Teheran, die zum Beispiel über Reden oder Tweets funktioniert. Aber es braucht zwischen solchen Ländern – und ganz besonders in einer Konfliktsituation – auch einen vertraulichen Austausch. Für diesen ist die Schweiz zuständig.

Wie funktioniert die Kommunikation über diesen vertraulichen Kanal?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, man richtet sich stets nach den Wünschen und Bedürfnissen der Partner. Wie und was kommuniziert wird, entscheiden also die Vereinigten Staaten und der Iran. Konkret wurde beispielsweise in den vergangenen Tagen der Schweizer Botschafter in Teheran mehrfach ins Aussenministerium einbestellt. Man kann davon ausgehen, dass die Iraner auf diesem Weg Washington Informationen und Sichtweisen zukommen lassen wollten. Solch eine Kommunikation kann also mündlich erfolgen. Aber auch auf schriftlichem Weg: In manchen Fällen weiss die Schweiz nicht, was in den Briefen steht, die sie übermittelt. Das ist die Briefträgerrolle.

Aus der Briefträgerfunktion kann eine Vermittlerrolle erwachsen.

Die Schweiz übermittelt neutral Botschaften, aber eine Vermittlerrolle nimmt das Land nicht ein?

Nein, das tun wir bisher nicht. Es ist natürlich so, dass aus der Briefträgerfunktion eine Vermittlerrolle erwachsen kann. Aber das muss nicht sein. Bei der Geiselkrise zwischen dem Iran und den USA von 1980 beispielsweise übernahm die Schweiz das Schutzmachtmandat. Vermittlerin in der Frage, wie man die Geiseln befreit, war aber Algerien. Es ist naheliegend, dass die Schweiz signalisiert, dass sie auch für ein weitergehendes Mandat zur Verfügung stünde.

Die Schweiz besitzt einen gut geölten diplomatischen Apparat und erfahrene Diplomaten.

Aber es ist entscheidend, dass man so etwas nie aktiv und öffentlich anbietet. Es braucht das Einverständnis beider Parteien. Solange man dieses nicht hat, sollte man öffentlich nicht darüber sprechen.

Die Schweiz hatte die Briefträgerfunktion auch in der Vergangenheit schon inne. Wie gut wurde sie dieser Funktion gerecht?

Sie hat auch jetzt einige solcher Mandate inne, beispielsweise zwischen Russland und Georgien sowie zwischen Saudi-Arabien und dem Iran. Die Schweiz besitzt einen gut geölten diplomatischen Apparat und erfahrene Diplomaten. Sie ist grundsätzlich auch bereit und gut aufgestellt, wenn es um ein weitergehendes Mandat für eine echte Vermittlerrolle geht. Sie hat das im Russland-Georgien-Konflikt bewiesen, im Bürgerkrieg in Kolumbien und im Konflikt zwischen der Türkei und Armenien. Die Schweiz verfügt grundsätzlich über Voraussetzungen für beide Funktionen: für die Briefträgerrolle genauso wie für die weitergehende Vermittlerrolle.

Das Gespräch führte Eliane Leiser.

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