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Wenn Menschen die Tiere vergrämen, bleiben Wildtierkorridore leer
Aus Regionaljournal Aargau Solothurn vom 27.03.2023. Bild: Keystone/dpa/Sina Schuldt
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Korridore für Wildtiere Teure Wildtierunterführungen nutzlos, weil Menschen zu nah kommen

Seit rund 20 Jahren arbeiten Bund und Kantone daran, dass Wildtiere wieder wandern können. Nicht immer gelingt es.

Rothirsch, Wildschwein, Dachs und Reh wandern von Natur aus. Sie vermehren sich und stellen so ihre genetische Vielfalt sicher. Allerdings versperren die Autobahnen und Eisenbahnen seit den 1960er-Jahren den Wildtieren den Weg, das Wild staut sich an den Wildschutzzäunen der Autobahnen. Es werden zwar seit Jahren in der Schweiz Korridore gebaut, aber nicht alle funktionieren. Millionen teure Bauwerke bleiben ungenutzt, weil Menschen die Tiere verscheuchen.

Wenn Wildtiere nicht wandern können, droht ihren Tierarten Inzucht. «Je kleiner und isolierter die Population, desto grösser ist das Risiko, dass die Art ausstirbt», erklärt die Umweltorganisation WWF. Deshalb arbeiten Bund und Kantone seit fast 20 Jahren an Lösungen.

Wildtierübergang
Legende: Das Bundesamt für Strassen (Astra) hat die bepflanzte Wildtierüberführung über die Autobahn A1 zwischen Suhr und Gränichen gebaut. Seit 2020 ist sie offen und wird gut genutzt, zeigen Aufnahmen des Kantons. Keystone/Christian Beutler

Seit 2020 ist eine der wichtigsten Wildtierquerungen über die Autobahn A1 offen, jene im Aargau, zwischen Gränichen und Suhr. Es ist fast das letzte grosse Hindernis für Tiere, die von Norden nach Süden wandern möchten. Für 14 Millionen Franken wurde der Übergang über die Autobahn gebaut – und die Wildtiere nutzen ihn, zeigen Aufnahmen des Kantons Aargau.

Es gibt aber zahlreiche Wildtierübergänge oder –unterführungen, die von Tieren gemieden werden. Zum Beispiel die neue Wildtierunterführung in Schinznach Bad (AG). Die Unterführung unter der Hauptstrasse und der Eisenbahnlinie wurde für Wildtiere gebaut, ein Korridor von nationaler Bedeutung, sagt der Bund. Kostenpunkt: acht Millionen Franken. Seit Sommer 2022 ist sie offen und der Zugang mit Holzabschrankungen gesperrt.

E-Bikes statt Hirsch und Reh

Unterdessen ist klar: Die Unterführung funktioniert nicht. Die Tiere meiden den zehn Meter breiten Durchgang, wegen der Freizeitaktivitäten der Menschen dort in der Nähe. Der Kanton hat nämlich Kameras installiert und weiss, wer in der Nähe der Unterführung alles durchgeht: «Es ist erstaunlich, wie die Leute mit Kinderwagen, E-Bikes, usw. die Abschrankung nicht respektieren und sie passieren», sagt Sabin Nater.

Die Leute betreten den Wildtierkorridor mit Kinderwagen oder E-Bikes.
Autor: Sabin Nater Zuständige Kanton Aargau Wildtierkorridore

Tafeln weisen die Bevölkerung daraufhin, für wen der Weg zur Unterführung gedacht ist. «Wenn bei einem Wildtierkorridor bis weit in die Dämmerung Jogger mit Stirnlampen oder Spaziergänger mit Hund unterwegs sind, hat das auf die Tiere einen Vergrämungseffekt.»

Tafel in Schinznach bei Unterführung
Legende: Der Weg zur Unterführung für Wildtiere in Schinznach (AG): Die Unterführung selbst hat rund acht Millionen Franken gekostet. Hier können Tiere die Bahnlinie und die Hauptstrasse unterwandern. SRF/Stefan Ulrich

Die Unterführung in Schinznach sei kein Einzelfall. Auch der Übergang bei der Bahnlinie Rupperswil zum Beispiel wird gemäss Auswertung schlecht genutzt. Hinzu kommen neue Bauten, ausserhalb der Bauzone, die das Wandern der Tiere wieder erschweren. Wenn eine Gemeinde einen Wanderweg eröffnet, zum Beispiel, könne es sein, dass die Korridore der Wildtiere erneut unterbrochen würden, sagt Sabin Nater vom Kanton Aargau.

Wildtierkorridore für Menschen sperren

Es werden aktuell noch weitere Durchgänge für Tiere gebaut. Für jene Korridore, die nicht funktionieren, laufe im Aargau nun ein Sanierungskonzept, heisst es beim Kanton. Man wolle die Menschen besser lenken, damit die Wildtiere doch noch wandern. Ab 2040 gelte es, alle fertigen Korridore zu sichern, damit die Menschen die Zugänge zu Unter- und Überführungen weiträumig umgehen. Informationskampagnen sollen hierbei helfen.

Nebst Reh, Wildschwein und Fuchs nutzen nämlich auch andere Tiere, wie Fledermäuse oder Amphibien, die Durchgänge. Dafür müssen sie aber ungestört wandern können, ohne Störfaktoren wie E-Bikes oder Wanderinnen.

Noch sind nicht alle Hindernisse weg

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Legende: Am Zaun ist fertig: So sah es bei Gränichen aus, bevor die 14-Millionen-Franken-Überführung für Wildtiere gebaut wurde. Stefan Ulrich/SRF

Richtig durchgängig ist die Landschaft für die Wildtiere noch nicht. Bahnlinien und Kantonsstrassen machen es Wildschwein und Fuchs trotz Unter- und Überführungen nicht gerade einfach, vom Südschwarzwald in Richtung Zentralschweiz zu wandern.

Auch Swimmingpools, Kellerabgänge und Zäune in Privatgärten erschweren die Wanderungen kleiner Tiere, wie zum Beispiel von Amphibien.

Vierspurige Strasse als letztes Hindernis

Ein grosses Hindernis für Hirsch und Wildschwein ist nach wie vor der Autobahnzubringer Aarau-Hunzenschwil, eine vierspurige Strasse, die den Wildtieren als letzte Hürde auf dem Weg von Norden nach Süden den Zugang zu anderen Tiergruppen versperrt.

Die Planung und Umsetzung solcher Korridore dauert aber meist Jahre. Fachleute rechnen damit, dass erst in 10 bis 20 Jahren alle wichtigen Wildtierkorridore fertig sein werden.

Regionaljournal Aargau Solothurn, 27.03.2023, 06:31 Uhr;

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