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Kostspielige Industriezeugen Kleine Wasserkraftwerke – geduldet, aber nicht erlaubt

Kleinwasserkraftwerke sind historisch allenfalls wertvoll, aber sie kosten und können den Hochwasserschutz gefährden.

Ihre Blütezeit erlebten sie während der Industrialisierung. Sie standen an Bächen, Flüssen und Kanälen und trieben Spinnereien oder Mühlen an: kleine Wasserkraftwerke. Später wurden sie für die Stromerzeugung umgebaut.

Heute sind viele dieser Kraftwerke in die Jahre gekommen und kosten mehr, als sie einbringen. Zudem laufen ihre Konzessionen aus. Dann treffen verschiedene Interessen wie Stromproduktion, Unterhaltskosten und historische Aspekte aufeinander, wie ein Beispiel im Kanton Aargau zeigt.

Kanal
Legende: Der Rotkanal zwischen Murgenthal und Rothrist. Hier wird mit dem Wasser Strom produziert. Die Frage ist: für wie lange noch? SRF/Stefan Ulrich

Zwischen Murgenthal und Rothrist stehen am Rotkanal drei Kleinkraftwerke. Das grösste gehört zu einer alten Spinnerei. Der Kanal wurde um 1650 als Bewässerungssystem für die Landwirtschaft gebaut. Er führt das Wasser der Murg durch die Gemeinden Murgenthal und Rothrist in die Aare.

Uralter Generator macht Ökostrom

Das Wasser des Kanals treibt heute in Rothrist Turbinen an, die Strom für 140 Haushalte liefern. Der Generator stammt aus dem Jahr 1944. «Der Kanal ist alt, die Spinnerei ist alt, wir machen Ökostrom. Das ist ein Kulturgut», sagt Willy Hofer, Mitbesitzer des Kraftwerks. Doch der Unterhalt des Kanals ist teuer. Der Kanton und die Gemeinden Rothrist und Murgenthal zahlen dafür jährlich 140'000 Franken.

Hofers Kraftwerk läuft dank einer Zwischenlösung, einer Duldungsverfügung des Kantons. Die Konzession für das Kraftwerk ist nach 40 Jahren nämlich abgelaufen. Bisher durften 1800 Liter Wasser pro Sekunde durch den künstlichen Kanal und das Kraftwerk fliessen. Das möchte der Kanton unterbinden. «Weniger Wasser bedeutet weniger intensiven Unterhalt», begründet Susette Burger vom Kanton Aargau.

Auch die Gemeinde Murgenthal möchte weniger Wasser durch den Kanal fliessen lassen. Für den Gemeinderat ist er ein Hochwasserrisiko für die Region. Wenn es stark regnet, könnte der Damm des am Hang gelegenen Kanals brechen und eine Überschwemmung auslösen.

Museum oder Stromproduktion?

Kraftwerkbesitzer Willy Hofer teilt die Angst vor dem Hochwasser nicht. Er findet es gut, wenn das Gewässer richtig fliesst. So könne der Biber keine Dämme erstellen. «Biberbauten wären ein echtes Hochwasserproblem», meint er. Zudem würde sich eine Stromproduktion ohne die grossen Wassermengen nicht mehr lohnen, gibt er zu bedenken.

Der Energieaspekt stehe für den Kanton nicht im Vordergrund, sagt Susette Burger von der Abteilung Gewässer beim Kanton. Aufwand und Stromproduktionsertrag stünden in keinem Verhältnis.

Auch Grosse kämpfen um Konzession

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Kraftwerk
Legende: Wie ein Schloss über der Aare, aber nicht mehr auf dem neusten Stand: Die Stromfirma Eniwa will das Aarekraftwerk in Aarau neu bauen. Dagegen gibt es Widerstand. Reuters/Christian Beutler

Auch die Kraftwerke der grossen Stromkonzerne müssen neue Konzessionen beantragen – und auch diese Verfahren sind langwierig. Erst kürzlich haben im Kanton Aargau die Wasserkraftwerke Beznau und Klingnau neue Konzessionen erhalten. Zuvor waren auch sie vom Kanton nur per Verfügung «geduldet» worden.

Noch komplizierter ist die Situation beim Aarekraftwerk Aarau. Dieses wird vom Energieunternehmen Eniwa betrieben und soll neu gebaut werden. Damit könnte es mehr Strom produzieren. Die neue Konzession ist zwar erteilt, aber auch hier ist es kompliziert.

Denn in diesem Fall reden gleich zwei Kantone (Aargau und Solothurn), die Stadt Aarau und das betroffene Elektrizitätswerk mit. Zudem gibt es eine Gruppe, die sich für den künstlichen Damm einsetzt, der für den Umbau abgerissen werden müsste.

Aktuell laufen im Hintergrund viele Rechtsverfahren.

Der Kanton sieht den Kanal eher als «Freilichtmuseum». Bewässerungstechnik und Industriegeschichte könnten hier anschaulich erzählt werden. Zudem seien die Bäume entlang des Kanals für die Umwelt wertvoll. Vögel und Insekten fühlten sich hier wohl.

Kein Einzelfall

Wie es weiter geht, ist unklar. Eigentlich wäre seit Januar eine neue Konzession nötig. Mit der Duldungsverfügung dürfen momentan weiterhin 1800 Liter Wasser pro Sekunde durch den Kanal fliessen. Aber der Gemeinderat von Murgenthal hat Einsprache gegen diese Verfügung gemacht. Nun liegt der Ball wieder beim Kanton. Dieser will noch genauer abklären.

Schwarz-weiss-Signet
Legende: In den 1950er- bis 1970er-Jahren wurden in den Schweizer Flüssen grössere Kraftwerke gebaut. Im Bild eine Aufnahme von 1951. Sie zeigt den Bau des Flusskraftwerks Wildegg-Brugg (AG) an der Aare. Keystone/Photopress Archiv/Haefliger

Die komplizierte Konzessionsgeschichte von Murgenthal ist keine Ausnahme. Auch andere Kraftwerke, wie jenes in Rekingen am Rhein oder das Hetex-Kraftwerk am Aabach nach Lenzburg, laufen im Aargau dank Verfügungen ohne Konzession weiter. Und auch hier dauern die Abklärungen und Beschwerdeverfahren länger.

Regionaljournal Aargau Solothurn, 19.2.2024, 17:30 Uhr ; 

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