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Krankenkassenverbände uneinig Neuer Ärztetarif: Spricht der Bundesrat heute ein Machtwort?

Die Vorgabe, wie viel Ärzte und Ärztinnen verdienen, muss überarbeitet werden. Doch noch gibt es konkurrierende Reformprojekte.

Der Ärztetarif ist kompliziert und zu sehr in die Jahre gekommen. Reformprojekte sind bisher gescheitert. Zu uneins waren sich Ärzteschaft, Krankenkassen und Spitäler. Die Ärzteschaft will eine schlanke und flexible Tarifliste, der Krankenkassenverband Santésuisse möchte Pauschalen. Heute befasst sich der Bundesrat damit.

«Zahl der Positionen halbiert»

Der neue Vorschlag heisst Tardoc. Hinter ihm stehen eine Mehrheit der Krankenversicherer sowie die Ärzteschaft FMH. Sie möchten den neuen Tarif auf Anfang nächstes Jahr einsetzen. «Wir brauchen jetzt das Ja des Gesamtbundesrates», sagt Simone Hinnen vom Krankenkassenverband Curafutura deshalb.

Aus ihrer Sicht ist der neue Tarif viel besser als der veraltete, «weil er immer wieder nachjustiert werden kann, sodass der Tarif das abbildet, was aktuell in der Arztpraxis und im Ambulatorium passiert», erklärt Hinnen weiter. «Der Tarif ist zweitens viel besser, weil die Zahl der Positionen halbiert wurde.»

Der neue Tarif kann immer wieder nachjustiert werden.
Autor: Simone Hinnen Curafutura

Der Tarif vereinfache also das komplizierte Abrechnen. Der Vorschlag von Curafutura und der Ärzteschaft liegt seit längerem beim Bundesrat. Dieser hatte kritische Fragen zu den Tarifgrundlagen, zum Beispiel bei den Kosten und bei den Annahmen zu Arbeitszeit und Einkommen von Ärztinnen und Ärzten. Nachbesserungen sind im Frühling eingereicht worden.

«Nicht im Interesse der Prämienzahler»

Doch das ist nicht die ganze Geschichte. Denn es gibt ein zweites Reformprojekt, hinter dem die Spitäler und die Krankenversicherer mit dem Verband Santésuisse stehen. Sie möchten den veralteten Tarif durch Pauschalen ablösen, ähnlich wie sie bei den Spitälern eingeführt wurden.

Wir wünschen uns, dass der Bundesrat jetzt nicht einen neuen Tarif genehmigt, der nicht im Interesse der Prämienzahler ist.
Autor: Matthias Müller Santésuisse

«Der Vorteil von Pauschalen ist, dass sie das Kostenwachstum dämpfen», erklärt Santésuisse-Sprecher Matthias Müller. «Zudem schaffen sie endlich Transparenz, womit die Rechnungen für die Leute viel einfacher nachvollziehbar sind. Und deshalb wünschen wir uns auch, dass der Bundesrat jetzt nicht einen neuen Tarif genehmigt, der nicht im Interesse der Prämienzahler ist.»

Bisher keine Zusammenarbeit

Im Ringen um den besseren Vorschlag tauchte die Idee auf, die Vorschläge zu kombinieren: Wo möglich Pauschalen, sonst Tardoc. Gesundheitsminister Alain Berset hat den Konkurrentinnen Ende letzten Jahres das Versprechen abgerungen, ihre Daten zu teilen und in diesem Jahr einen gemeinsamen Vorschlag zu präsentieren.

Doch eine solche Zusammenarbeit hat offenbar bisher nicht stattgefunden. Gut möglich, dass es dafür erst einen Entscheid des Bundesrates braucht.

HeuteMorgen, 30.06.2021, 06:00 Uhr

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