Die Rekrutinnen und Rekruten der Genieschule 73 in Brugg im Kanton Aargau haben Ende Juni mit ihrer Ausbildung begonnen. Unter ihnen Larissa Hulliger, eine der wenigen Frauen in der RS in Brugg. Sie wird hier zur Baumaschinenführerin ausgebildet.
Vor ihrem Eintritt in die Rekrutenschule habe sie sich nicht gross Gedanken über die sicherheitspolitische Lage gemacht, sagt sie. Doch die Schulung zum RS-Einstieg durch den Kommandanten habe etwas ausgelöst: «Mittlerweile ist es viel präsenter als vorher und es sind auch irgendwo erschreckende Gedanken, dass das in den nächsten Jahren vielleicht ein grosses Thema für uns alle wird.»
Auch Kilian Sintić, der in Brugg zum Rammpontonier, also zum Brückenbauer und Wasserfahrer ausgebildet wird, macht sich Gedanken: «Schliesslich ist ja der Sinn der Sache auch die Vorbereitung auf diesen Ernstfall, von dem wir hoffen, dass er niemals eintritt, aber auf den ich mich im Zuge dieser Ausbildung so gut wie möglich vorbereiten will.» Angst habe er aber nicht – denn er könne ja nicht ändern, was kommt. Zuversichtlicher in die Zukunft blickt Wachtmeister Noah Huber. Er glaubt nicht, dass sich die Schweiz Sorgen machen muss, denn sie habe ja einen Plan und rüste auf. Aber er spüre die Ernsthaftigkeit durchaus, die in der Armee Einzug gehalten hat: «Man nimmt die Ausbildung etwas ernster.»
Armeeseelsorger führen mehr Gespräche
Eine veränderte Stimmung in der Armee und den Rekrutenschulen beobachten auch die Armeeseelsorger – ausgebildete Geistliche, die unabhängig von Religion und Konfession den Angehörigen der Armee bei seelischen Herausforderungen zur Seite stehen. Der Chef der Armeeseelsorge bestätigte kürzlich gegenüber der Zeitung «reformiert», dass die Nachfrage nach Gesprächen tendenziell steige.
Raffael Sommerhalder, der in der Genieschule 73 in Brugg als Armeeseelsorger tätig ist, hat in der letzten Rekrutenschule mehr Gespräche geführt als zuvor: «Ich stelle auch fest, dass die Gespräche eine Tiefe erreichen, die es vorher weniger gab.» Zudem seien die Kader eher bereit, auf Leute zuzugehen und ihnen die Armeeseelsorge zu empfehlen. In den Gesprächen gehe es weniger um die sicherheitspolitische Lage und eher um Alltagssorgen. Er glaube aber schon, dass die weltweiten Kriege und Krisen zu mehr Gesprächsbedarf beitragen. «Dadurch ist eine Sensibilität für die Fragilität des Menschseins gewachsen in unserer Gesellschaft. Das spiegelt sich jetzt in der Armee wider.»
Kommandant der Genieschule 73 ist Oberst im Generalstab Beni Horn. Zu Beginn der Rekrutenschule gibt er jeweils einen Überblick über die Kriege auf der Welt und die sicherheitspolitische Lage. Viele hätten sich zuvor nicht vertieft damit auseinandergesetzt. «Ich spüre anhand der Fragen, die sie mir stellen, dass es für sie ein Bedürfnis ist, mehr zu erfahren und dass sie sich bewusst werden, was das eigentlich bedeutet, für den Schutz eines Landes einzustehen.» In dieser Lage besonders wichtig sei, dass auch das Kader gut ausgebildet sei, um auf diese Fragen einzugehen. Rekrutin Larissa Hulliger beobachtet zudem: «Wir diskutieren die Thematik mittlerweile auch oft untereinander. Das hilft.»