Seit der Veröffentlichung von ChatGPT im November 2022 kam in einem beispiellosen Hype niemand am Thema «Künstliche Intelligenz» vorbei. Auch die Schweizer Journalistinnen und Journalisten setzten sich mit dem Werkzeug auseinander, das – wie sie – Text produziert. Das Forschungszentrum Öffentlichkeit und Gesellschaft (fög) der Universität Zürich hat nun erstmals Schweizer Medienschaffende befragt, wie sie KI-Werkzeuge einsetzen.
Wie verbreitet ist der Einsatz von KI?
Von den 730 online befragten Journalistinnen und Journalisten aus der ganzen Schweiz setzen 87 Prozent KI-Werkzeuge zumindest gelegentlich ein. Fast 21 Prozent der Befragten stimmen der Aussage zu, dass KI-Werkzeuge den eigenen Arbeitsprozess grundlegend verändert hätten.
Wenig überraschend ist die Nutzung bei Jüngeren etwas stärker als bei erfahrenen Medienschaffenden. Im Gegensatz zur breiten Bevölkerung gibt es keinen «Gender-Gap»: Journalistinnen nutzen KI gleich oft wie Journalisten.
Den grössten Unterschied stellt die Befragung zwischen grossen und kleinen Redaktionen fest: In grossen Teams (mehr als 50 Personen) nutzen nur 20 Prozent KI wenig bis gar nicht – in kleinen Redaktionen sind mit 41 Prozent doppelt so viele «abstinent».
Wofür wird KI eingesetzt?
Besonders häufig bei der Text-Produktion. Aber nicht, um per Knopfdruck fixfertige Texte zu erzeugen. KI wird stattdessen bei der Recherche und der Text-Bearbeitung eingesetzt.
Häufige Anwendungen sind Vorschläge für Titel (65 Prozent der Befragten tun das gelegentlich bis oft), Korrektur von Flüchtigkeitsfehlern (62 Prozent), Transkription von Audio- oder Videomaterial (60 Prozent), Verbesserung der Verständlichkeit (49 Prozent), Zusammenfassungen bei der Recherche (49 Prozent) oder Interview-Vorbereitung (48 Prozent). Bilder und Videos werden dagegen nur selten generiert (4 Prozent) oder bearbeitet (11 Prozent).
Hält der Einsatz von KI, was er verspricht?
Immerhin sagen 34 Prozent der Medienschaffenden, dass KI-Werkzeuge die Qualität der Beiträge verbessere, und 30 Prozent, dass man mehr Zeit für Recherche habe.
Doch nur Minderheiten sehen Verbesserungen bei der Kreativität (26 Prozent), mehr Zeit für vernachlässigte Themen (20 Prozent) oder die Netzwerkpflege (13 Prozent).
Ebenso scheinen KI-Werkzeuge den Produktivitätsdruck nicht zu lindern: Nur 26 Prozent der Befragten sagen, sie könnten dank KI besser mit Zeitdruck umgehen. Und nur 20 Prozent geben an, mehr Beiträge zu produzieren.
Ist genug Know-How vorhanden?
Die insgesamt noch eher geringen Auswirkungen könnten auch mit dem Ausbildungsstand der Medienschaffenden zu tun haben. Nur 34 Prozent der Befragten haben Zeit, sich mit den Einsatzmöglichkeiten der KI vertraut zu machen; nur 24 beziehungsweise 22 Prozent befassen sich mit Datenschutzfragen oder der Funktionsweise der Werkzeuge. 30 Prozent kennen die KI-Richtlinien ihrer Redaktion nicht.
Die Befragten sind sich sicher, dass ihr Publikum sowohl erwartet, dass KI-generierte Inhalte geprüft als auch transparent gekennzeichnet werden. Doch nur 20 Prozent der Medienschaffenden gehen davon aus, dass die KI-Kennzeichnungen verstanden werden; und weniger als 7 Prozent glauben, dass das Publikum die KI-Richtlinien des Mediums kennt oder versteht, wie KI-Technologie funktioniert.