Junioren-Medaillen bringen grundsätzlich durchaus Vorteile, wie der Alpin-Direktor bei Swiss Ski, Walter Reusser, sagt. So fänden erfolgreiche Jugendliche eher Sponsoren und Unterstützung, was durchaus zur Sportförderung beitrage. Allerdings: «Eine Medaille ist kein Garant, dereinst an der Weltspitze zu fahren.»
Talente bloss nicht verheizen
Reusser trat sein Amt vor drei Jahren an, und seither hat sich viel getan in der Nachwuchsarbeit. Die neue Devise lautet: Die Talente nicht verheizen, ihnen mehr Zeit und Raum lassen zu reifen. Jene, die es noch nicht fix in den Weltcup geschafft haben, starten immer wieder auf zweithöchster Stufe im Europacup, um sich dort Selbstvertrauen zu holen.
Deshalb würden die jungen Talente mit Kolleginnen und Kollegen auf ähnlichem Niveau trainieren – und nicht mit der Elite, wie Reusser erklärt. Wenn junge Fahrer ständig mit viel stärkeren Weltcupfahrern trainieren würden, könnte sie das demotivieren, weil sie nicht mithalten können. «Wir versuchen deshalb, etwa gleich starke Fahrerinnen und Fahrer zusammen trainieren zu lassen, damit können wir den Nachwuchs strukturierter fördern.»
Wir versuchen, etwa gleich starke Fahrerinnen und Fahrer zusammen trainieren zu lassen.
Die Schweiz verfügt derzeit über 100 sogenannte Kader-Skifahrerinnen und -fahrer, die professionell gefördert werden. Von solchen Zahlen können andere Sportarten beim Dachverband Swiss Ski nur träumen.
Im Biathlon geht’s schneller
Im Biathlon etwa sind es derzeit 28 Kaderathletinnen und -athleten. Dort ist es aber einfacher, den Sprung in den Weltcup zu schaffen. Alle fünf Schweizerinnen und Schweizer, die an einer Junioren-WM mindestens eine Medaille gewannen, starten regelmässig bei der Elite und sind derzeit auch an der Biathlon-Weltmeisterschaft im deutschen Oberhof im Einsatz.
Ein Grund für diese hundertprozentige Quote ist die viel kleinere Verletzungsgefahr im Biathlon als beim alpinen Skifahren. Ausserdem: «Weil uns die Breite fehlt, kommen die Jungen relativ schnell in den Weltcup», sagt der Schweizer Biathlonchef Lukas Keel.
Weil in unserem Biathlon-Team die Breite fehlt, kommen die Jungen sehr schnell in den Weltcup.
Deshalb müsse man darauf schauen, die Jungen nicht zu überfordern und sie zwischendurch auch im IBU-Cup, der zweithöchsten Wettkampf-Stufe im internationalen Biathlon, starten lassen.
Durchbeissen lohnt sich oft
Trotz der hohen Weltcup-Quote ist das Vorgehen auch im Biathlon letztlich gleich wie bei den Skifahrern: Die jungen Athletinnen und Athleten werden sorgsam an die Elite herangeführt und nicht gleich aussortiert, wenn es nicht auf Anhieb klappt. Dieses Konzept unterscheidet sich damit von jenem früherer Jahre.
Für Alpin-Direktor Walter Reusser ist Priska Nufer ein ausgezeichnetes Beispiel, weshalb sich Geduld lohnt: Sie hat im letzten Jahr im Alter von 30 Jahren ihr erstes Weltcup-Rennen gewonnen. «Ich sage immer: Ein Weltcupsieg ist gleich viel wert – egal ob er mit 20 oder 30 Jahren passiert», so Reusser.
Nufer ist auch das beste Beispiel dafür, dass es nicht immer eine Medaille an der Junioren-WM braucht, um später einmal ganz oben zu stehen.