Heute wird Bundesanwalt Michael Lauber von der parlamentarischen Gerichtskommission angehört. Die Kommission entscheidet anschliessend darüber, ob sie gegen Lauber ein Verfahren auf Amtsenthebung eröffnet. Es geht um den Vorwurf, Michael Lauber habe in der Fifa-Affäre seine Amtspflichten verletzt. Bundeshausredaktor Oliver Washington rechnet damit, dass es zu einem solchen Verfahren kommt.
SRF News: Woran machen Sie fest, dass die Zeichen auf «pro Verfahren» stehen?
Oliver Washington: Die Gerichtskommission selber gab sich Handlungsgrundsätze, für den Fall, dass sie ein Amtsenthebungsverfahren in die Wege leiten würde. Und da heisst es: Sollte die Kommission den begründeten Verdacht haben, dass ein Bundesanwalt seine Amtspflichten vorsätzlich oder grobfahrlässig schwer verletzt hat, eröffnet sie ein Amtsenthebungsverfahren.
Es wird ein wichtiger Auftritt sein, Lauber wird da sehr überzeugend sein müssen.
Das ist meines Erachtens erfüllt: Anfang März veröffentlichte ja die Aufsicht einen Bericht, in welchem sie Bundesanwalt Lauber massive Vorwürfe machte und diese auch begründete. Damit dürften die Voraussetzungen erfüllt sein. Aber natürlich immer unter dem Vorbehalt, dass der Bundesanwalt selber heute noch vor der Gerichtskommission aussagen muss.
Sind die Meinungen denn schon gemacht?
Es wird ein wichtiger Auftritt sein, Lauber wird da sehr überzeugend sein müssen. Denn, wir dürfen nicht vergessen: Lauber musste vor seiner Wiederwahl im Herbst ja auch vor der Gerichtskommission antraben. Damals empfahl die Kommission, ihn nicht wiederzuwählen, weil für die Mehrheit der Kommission schon damals feststand, dass Lauber seine Amtspflichten grob fahrlässig verletzte.
Die Karriere des Michael Lauber
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Bild 1 von 6. Bundesamt: gegen die Mafia. Mitte der 1990er-Jahre intensivierte die Schweiz den Kampf gegen die organisierte Kriminalität und die Geldwäscherei, mittendrin: Michael Lauber. Von 1995 bis 2000 baute Lauber als Leiter die Zentralstelle Organisierte Kriminalität auf beim Bundesamt für Polizei (heute fedpol). Während dieser Jahre führte Lauber auch Anti-Mafia-Ermittlungen. Bildquelle: SRF.
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Bild 2 von 6. Liechtenstein: gegen die Geldwäscherei. 2001 gilt das Fürstentum Liechtenstein als Steueroase – internationale Verpflichtungen und Standards sind kaum umgesetzt. In der Folge setzt die internationale Arbeitsgruppe gegen Geldwäsche das Land als einziges in Westeuropa auf eine Schwarze Liste. Lauber wird berufen, die Zentralstelle zur Geldwäschereibekämpfung aufzubauen. Bildquelle: Keystone.
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Bild 3 von 6. Bankenverband: gegen Reputationsschäden. Drei Jahre später wechselt Lauber die Seiten und wird Geschäftsführer des Liechtensteinischen Bankenverbands. 2008 kommt es zu der Liechtensteiner Schwarzgeldaffäre. Der Chef der Deutschen Post wird vor laufender Kamera verhaftet. Vorwurf: Geldwäscherei in Millionenhöhe über die fürstliche LGT Treuhand in Vaduz. Bildquelle: Reuters.
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Bild 4 von 6. Bundesanwaltschaft: gegen die Ineffizienz. Die Bundesanwaltschaft stand immer wieder in der Kritik: 2007 musste Valentin Roschacher zurücktreten, und sein Nachfolger Erwin Beyeler wurde 2011 nicht mehr wiedergewählt. Bei Laubers Wahl zum Bundesanwalt 2011 wurde viel Hoffnung in ihn gesetzt: Als externer Kandidat und geübter Ermittler sollte er Ordnung in die Verfahren bringen. Bildquelle: Reuters.
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Bild 5 von 6. Gegen die Fifa: Lob. Anfänglich lief es gut für Lauber, hier mit US-Justizministerin Loretta Lynch. Er startete Verfahren gegen drei deutsche Steuerfahnder und liess im Mai 2015 in Zürich auf Ersuchen der USA öffentlichkeitswirksam sieben Funktionäre der Fifa wegen des Verdachts auf Korruption und Geldwäscherei festnehmen. Im selben Jahr wurde Lauber wiedergewählt. Bildquelle: Reuters.
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Bild 6 von 6. Gegen die Fifa: Stolpersteine. Dann begann die Kritik: zu viele Ermittlungen, zu wenig Fokussierung, zu viele Verjährungen. Noch grösser wurden seine Probleme 2018: Geheimtreffen mit Fifa-Präsident Gianni Infantino während laufender Verfahren gegen die Fifa, unter anderem im «Sommermärchen-Prozess». 2019 wurde Lauber für eine dritte Amtszeit nur noch knapp wiedergewählt. Bildquelle: Reuters.
In der Zwischenzeit sind neue Fakten bekannt geworden. Da wird Lauber schon sehr gute Antworten haben müssen auf die immer gleichen Fragen zu den Treffen mit der Fifa-Spitze und auch zu seinem Verhalten gegenüber der Aufsicht.
Wie geht es weiter, wenn die Kommission das Amtsenthebungsverfahren gegen Michael Lauber einleitet?
Dann muss die Kommission eine Art Untersuchung führen. Wir wären dann beim Stadium, dass ein begründeter Verdacht auf dem Tisch liegen würde, dass er eben seine Amtspflichten schwer verletzt hat.
Da müsste die Kommission untersuchen, ob sie diesen Verdacht auch beweisen kann. Dann würde sie allenfalls der Vereinigten Bundesversammlung den Antrag stellen, Bundesanwalt Lauber des Amtes zu entheben.
Das Gespräch führte Christoph Kellenberger.