Lauber vor Gerichtskommission - «Zeichen stehen auf pro Verfahren»
Bundesanwalt Michael Lauber muss sich heute der Gerichtskommission stellen. Schon jetzt zeichne sich ab, dass die Kommission einem Amtsenthebungsverfahren wohl zustimmen wird, sagt Bundeshaus-Korrespondent Oliver Washington.
Heute wird Bundesanwalt Michael Lauber von der parlamentarischen Gerichtskommission angehört. Die Kommission entscheidet anschliessend darüber, ob sie gegen Lauber ein Verfahren auf Amtsenthebung eröffnet. Es geht um den Vorwurf, Michael Lauber habe in der Fifa-Affäre seine Amtspflichten verletzt. Bundeshausredaktor Oliver Washington rechnet damit, dass es zu einem solchen Verfahren kommt.
Oliver Washington
Bundeshausredaktor
Personen-Box aufklappenPersonen-Box zuklappen
Oliver Washington ist seit 2003 bei SRF. Ab 2007 war er Mitglied der Inland-Redaktion, von 2014 bis 2019 berichtete er als EU-Korrespondent aus Brüssel. Nun ist er in der Bundeshausredaktion von SRF tätig. Washington hat Soziologie, Geografie und Wirtschaftsgeschichte studiert.
SRF News: Woran machen Sie fest, dass die Zeichen auf «pro Verfahren» stehen?
Oliver Washington: Die Gerichtskommission selber gab sich Handlungsgrundsätze, für den Fall, dass sie ein Amtsenthebungsverfahren in die Wege leiten würde. Und da heisst es: Sollte die Kommission den begründeten Verdacht haben, dass ein Bundesanwalt seine Amtspflichten vorsätzlich oder grobfahrlässig schwer verletzt hat, eröffnet sie ein Amtsenthebungsverfahren.
Es wird ein wichtiger Auftritt sein, Lauber wird da sehr überzeugend sein müssen.
Das ist meines Erachtens erfüllt: Anfang März veröffentlichte ja die Aufsicht einen Bericht, in welchem sie Bundesanwalt Lauber massive Vorwürfe machte und diese auch begründete. Damit dürften die Voraussetzungen erfüllt sein. Aber natürlich immer unter dem Vorbehalt, dass der Bundesanwalt selber heute noch vor der Gerichtskommission aussagen muss.
Sind die Meinungen denn schon gemacht?
Es wird ein wichtiger Auftritt sein, Lauber wird da sehr überzeugend sein müssen. Denn, wir dürfen nicht vergessen: Lauber musste vor seiner Wiederwahl im Herbst ja auch vor der Gerichtskommission antraben. Damals empfahl die Kommission, ihn nicht wiederzuwählen, weil für die Mehrheit der Kommission schon damals feststand, dass Lauber seine Amtspflichten grob fahrlässig verletzte.
Die Karriere des Michael Lauber
1 / 6
Legende:
Bundesamt: gegen die Mafia
Mitte der 1990er-Jahre intensivierte die Schweiz den Kampf gegen die organisierte Kriminalität und die Geldwäscherei, mittendrin: Michael Lauber. Von 1995 bis 2000 baute Lauber als Leiter die Zentralstelle Organisierte Kriminalität auf beim Bundesamt für Polizei (heute fedpol). Während dieser Jahre führte Lauber auch Anti-Mafia-Ermittlungen.
SRF
2 / 6
Legende:
Liechtenstein: gegen die Geldwäscherei
2001 gilt das Fürstentum Liechtenstein als Steueroase – internationale Verpflichtungen und Standards sind kaum umgesetzt. In der Folge setzt die internationale Arbeitsgruppe gegen Geldwäsche das Land als einziges in Westeuropa auf eine Schwarze Liste. Lauber wird berufen, die Zentralstelle zur Geldwäschereibekämpfung aufzubauen.
Keystone
3 / 6
Legende:
Bankenverband: gegen Reputationsschäden
Drei Jahre später wechselt Lauber die Seiten und wird Geschäftsführer des Liechtensteinischen Bankenverbands. 2008 kommt es zu der Liechtensteiner Schwarzgeldaffäre. Der Chef der Deutschen Post wird vor laufender Kamera verhaftet. Vorwurf: Geldwäscherei in Millionenhöhe über die fürstliche LGT Treuhand in Vaduz.
Reuters
4 / 6
Legende:
Bundesanwaltschaft: gegen die Ineffizienz
Die Bundesanwaltschaft stand immer wieder in der Kritik: 2007 musste Valentin Roschacher zurücktreten, und sein Nachfolger Erwin Beyeler wurde 2011 nicht mehr wiedergewählt. Bei Laubers Wahl zum Bundesanwalt 2011 wurde viel Hoffnung in ihn gesetzt: Als externer Kandidat und geübter Ermittler sollte er Ordnung in die Verfahren bringen.
Reuters
5 / 6
Legende:
Gegen die Fifa: Lob
Anfänglich lief es gut für Lauber, hier mit US-Justizministerin Loretta Lynch. Er startete Verfahren gegen drei deutsche Steuerfahnder und liess im Mai 2015 in Zürich auf Ersuchen der USA öffentlichkeitswirksam sieben Funktionäre der Fifa wegen des Verdachts auf Korruption und Geldwäscherei festnehmen. Im selben Jahr wurde Lauber wiedergewählt.
Reuters
6 / 6
Legende:
Gegen die Fifa: Stolpersteine
Dann begann die Kritik: zu viele Ermittlungen, zu wenig Fokussierung, zu viele Verjährungen. Noch grösser wurden seine Probleme 2018: Geheimtreffen mit Fifa-Präsident Gianni Infantino während laufender Verfahren gegen die Fifa, unter anderem im «Sommermärchen-Prozess». 2019 wurde Lauber für eine dritte Amtszeit nur noch knapp wiedergewählt.
Reuters
In der Zwischenzeit sind neue Fakten bekannt geworden. Da wird Lauber schon sehr gute Antworten haben müssen auf die immer gleichen Fragen zu den Treffen mit der Fifa-Spitze und auch zu seinem Verhalten gegenüber der Aufsicht.
Wie geht es weiter, wenn die Kommission das Amtsenthebungsverfahren gegen Michael Lauber einleitet?
Dann muss die Kommission eine Art Untersuchung führen. Wir wären dann beim Stadium, dass ein begründeter Verdacht auf dem Tisch liegen würde, dass er eben seine Amtspflichten schwer verletzt hat.
Unsicherheit bei Kompetenzen
Box aufklappenBox zuklappen
Es gibt eine Kontroverse, ob die Gerichtskommission überhaupt ein Amtsenthebungsverfahren einleiten darf. Die Zürcher Rechtsprofessorin Regina Kiener, die damals vor der Kommission auftrat, vertrat diese Haltung, weil das sogenannte Strafbehördenorganisationsgesetz nicht der Gerichtskommission, sondern der Aufsicht über die Bundesanwaltschaft, der AB-BA, die Kompetenz gibt, den Antrag auf Amtsenthebung zu stellen. In Artikel 31 heisst es: «Die Aufsichtsbehörde unterbreitet der Vereinigten Bundesversammlung den Antrag auf Amtsenthebung des Bundesanwaltes».
Es gibt aber auch andere Ansichten. Namentlich die AB-BA selber ist dezidiert der Meinung, dass die Gerichtskommission diese Kompetenz auch habe. Relevant für die Gerichtskommission sei nicht das Strafbehördenorganisationsgesetz, sondern das Parlamentsgesetz. Darin heisst es in Artikel 40a in Abs. 1: «Die Gerichtskommission ist zuständig für die Vorbereitung der Wahl und Amtsenthebung der Bundesanwältin oder des Bundesanwalts». Und in Art 40a Abs. 3: «Die Gerichtskommission unterbreitet ihre Wahlvorschläge und Anträge auf Amtsenthebung der Vereinigten Bundesversammlung.»
Zudem gibt es ein neues Rechtsgutachten, das ebenfalls sagt, die Gerichtskommission könne dies, dieses Gutachten geht sogar noch weiter und sagt, die Gerichtskommission solle veranlassen, dass Herr Lauber sofort freigestellt werde.
Da müsste die Kommission untersuchen, ob sie diesen Verdacht auch beweisen kann. Dann würde sie allenfalls der Vereinigten Bundesversammlung den Antrag stellen, Bundesanwalt Lauber des Amtes zu entheben.
Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden. Mehr
Push-Benachrichtigungen sind kurze Hinweise auf Ihrem Bildschirm mit den wichtigsten Nachrichten - unabhängig davon, ob srf.ch gerade geöffnet ist oder nicht.
Klicken Sie auf einen der Hinweise, so gelangen Sie zum entsprechenden Artikel. Sie können diese Mitteilungen jederzeit wieder deaktivieren. Weniger
Sie haben diesen Hinweis zur Aktivierung von Browser-Push-Mitteilungen bereits mehrfach ausgeblendet. Wollen Sie diesen Hinweis permanent ausblenden oder in einigen Wochen nochmals daran erinnert werden?
Meistgelesene Artikel
Nach links scrollenNach rechts scrollen
Social Login
Für die Registrierung benötigen wir zusätzliche Angaben zu Ihrer Person.
Die maximale Anzahl an Codes für die angegebene Nummer ist erreicht. Es können keine weiteren Codes erstellt werden.
Mobilnummer ändern
An diese Nummer senden wir Ihnen einen Aktivierungscode.
Diese Mobilnummer wird bereits verwendet
E-Mail bestätigen
Wir haben Ihnen ein E-Mail an die Adresse {* emailAddressData *} gesendet. Prüfen Sie bitte Ihr E-Mail-Postfach und bestätigen Sie Ihren Account über den erhaltenen Aktivierungslink.
Keine Nachricht erhalten?
Wenn Sie nach 10 Minuten kein E-Mail erhalten haben, prüfen Sie bitte Ihren SPAM-Ordner und die Angabe Ihrer E-Mail-Adresse.
Wir haben Ihnen ein E-Mail an die Adresse {* emailAddressData *} gesendet. Prüfen Sie bitte Ihr E-Mail-Postfach und bestätigen Sie Ihren Account über den erhaltenen Aktivierungslink.
Keine Nachricht erhalten?
Wenn Sie nach 10 Minuten kein E-Mail erhalten haben, prüfen Sie bitte Ihren SPAM-Ordner und die Angabe Ihrer E-Mail-Adresse.
Sie können sich nun im Artikel mit Ihrem neuen Passwort anmelden.
Ein neues Passwort erstellen
Wir haben den Code zum Passwort neusetzen nicht erkannt. Bitte geben Sie Ihre E-Mail-Adresse erneut ein, damit wir Ihnen einen neuen Link zuschicken können.
Ihr Account wurde deaktiviert und kann nicht weiter verwendet werden.
Wenn Sie sich erneut für die Kommentarfunktion registrieren möchten, melden Sie sich bitte beim Kundendienst von SRF.