Die SBB will für den internationalen Personenverkehr nach Frankreich und Italien neue Hochgeschwindigkeitszüge beschaffen. Später sollen diese auch nach London fahren.
Jetzt wird klar: Weil das Geld bei der Bahn knapp ist, sollen diese neuen Züge nicht gekauft, sondern nur geleast werden. Damit muss die SBB weniger Geld aufwerfen. Und sie könnte auch von mehr Flexibilität profitieren.
Finanzielle Lage der SBB angespannt
«Aufgrund unserer angespannten finanziellen Situation planen wir jetzt ein Leasing», sagt SBB-Sprecherin Fabienne Thommen auf Anfrage von SRF. Ganz ausgeschlossen sei ein Kauf zwar noch nicht, aber die Präferenz sei klar. Bis zu 40 Hochgeschwindigkeitszüge sollen für den internationalen Einsatz geleast werden.
Heute Mittwoch veröffentlicht die SBB dazu die Ausschreibung auf der Beschaffungsplattform Simap. SBB-Chef Vincent Ducrot dürfte sich anlässlich der Halbjahres-Medienkonferenz der SBB ebenfalls dazu äussern.
Die SBB wolle dabei nicht bereits vorhandene Züge auf dem Markt leasen, sondern neue Züge nach den eigenen Bedürfnissen produzieren lassen. Den Kaufvertrag würde die Bahn dann an einen Leasinggeber abtreten und von diesem die Züge gegen Gebühr erhalten.
Durch das Leasing vermeidet die SBB hohe Investitionskosten, die beim Kauf anfallen würden. Sie kann das benötigte Geld für die Beschaffung der Hochgeschwindigkeitszüge vielmehr erwirtschaften, während sie diese betreibt.
Neues Finanzierungsmodell im Personenverkehr
Allerdings muss sie dem Eigentümer der neuen Züge eine Gebühr zahlen, die auch eine Marge beinhaltet. Und die SBB betritt mit diesem Finanzierungsmodell Neuland: Bisher wurden in der Schweiz nur Güterzuglokomotiven geleast. Im Personenverkehr setzen bislang vor allem Bahnen im liberalisierten Eisenbahnmarkt von Grossbritannien auf das Modell.
Neben finanziellen Überlegungen spielt für die SBB auch zusätzliche Flexibilität eine Rolle. Züge sind üblicherweise auf 40 Jahre Nutzungsdauer ausgelegt. Das Leasing ist für 15 Jahre geplant. Anschliessend könnte die SBB neues Rollmaterial wieder in Betrieb nehmen. Die Bahn kann also flexibler auf einen unberechenbaren Markt für ihre neuen Angebote reagieren.
London kurzfristig nicht realistisch
Im Fokus stehen laut SBB zunächst Verbindungen in die Nachbarländer. Für die Verbindung nach London wären aufwendigen Umbauten an den betroffenen Schweizer Bahnhöfen nötig.
Grossbritannien gehört nicht zum Schengen-Raum und verlangt, dass die Einreiseformalitäten bereits am Abfahrtsbahnhof erledigt werden. In Zürich, Basel oder Genf müssten deshalb Terminals für die Passkontrolle erstellt und die betroffenen Geleise mit Zäunen gesichert werden.
Bis SBB-Züge durch den Eurotunnel nach London verkehren, sind also noch einige Fragen zu klären. Die ersten geleasten Hochgeschwindigkeitszüge will die SBB in den 2030er-Jahren vielmehr auf Strecken nach Frankreich und Italien einsetzen.