Artikel 8a «Pilotversuche»: Ein Einschub in ein bestehendes Gesetz. Er ermöglicht befristeten und streng reglementierten Cannabiskonsum in einzelnen Städten – zu wissenschaftlichen Zwecken. Ein Einschub, der im Parlament hitzige Debatten auslöste.
Politik einer Prüfung unterziehen
Ein Vorgeschmack auf das, was noch kommen könnte: Der Bundesrat erarbeitet momentan einen Bericht über die Perspektiven der schweizerischen Drogenpolitik. Er will die bestehende Politik unter Berücksichtigung der internationalen Entwicklungen insbesondere im Bereich Cannabis einer Prüfung unterziehen. Und wird dabei auch Modelle wie jene von Portugal oder Kanada unter die Lupe nehmen. Diese Staaten haben den Cannabiskonsum entkriminalisiert.
Betäubungsmittelgesetz nicht zeitgemäss
Zudem stützt sich der Bundesrat auf Expertenberichte. Darunter einen Bericht der Eidgenössischen Kommission für Suchtfragen. Dieser empfiehlt, das Betäubungsmittelgesetz umfassend zu revidieren oder gar aufzuheben. Es sei nicht mehr zeitgemäss: Die Abstinenz als oberstes Ziel habe ausgedient, denn Drogenkonsum sei eine Realität, daran ändere das Verbot nichts. In der Schweiz konsumieren beispielsweise rund 200'000 Menschen regelmässig Cannabis. Die Stossrichtung der Kommission ist klar. Sie fordert nicht eine reine Legalisierung, sondern eine Regulierung. Sprich: Cannabis erlauben, begleitet von Massnahmen wie Jugendschutz, Werbeverbot, Qualitätskontrollen und Präventionsprogrammen.
Um überhaupt ein wirksames Regulierungsmodell zu entwickeln, braucht es Forschungsergebnisse. Die wissenschaftlichen Pilotstudien würden solche liefern.
Politischer Fingerzeit an den Bundesrat
Der Bundesrat betont zwar stets, dass die wissenschaftlichen Pilotversuche keinesfalls einen ersten Schritt in Richtung Paradigmenwechsel bei der Drogenpolitik seien. Das allgemeine Verbot gelte weiterhin. Tatsächlich ist der heutige Entscheid des Nationalrats, auf das Geschäft einzutreten, keine Revolution. Aber der Entscheid ist ein politischer Fingerzeig, der bei den zuständigen Bundesstellen mit Interesse zur Kenntnis genommen werden dürfte.
Der Experimentierartikel ist nur ein Einschub in das bestehende Betäubungsmittelgesetz. Vielleicht geht es bald um viel mehr, als um einen zusätzlichen Paragrafen: Um die künftige Ausrichtung der gesamten Schweizer Drogenpolitik.