Mandy Abou Shoak traut sich was. Sie wollte Zürcher Stadtpräsidentin werden. Oder zumindest Stadträtin. Und hat damit die Partei herausgefordert. Denn die junge schwarze Frau entspricht nicht der typischen Politikerin. Sie ist gut vernetzt in verschiedenen Bewegungen – sitzt allerdings erst seit zwei Jahren im Kantonsparlament.
Die fehlende Erfahrung in der klassisch-parlamentarischen Politik war wohl der Hauptgrund, weshalb die Delegierten sie nicht nominierten. Zu ihrem vermeintlich «zu kleinen Leistungsausweis» meint Mandy Abou Shoak: «Wenn wir politische Beteiligung breiter ermöglichen wollen, sollten wir den Begriff Leistung weiter fassen.»
Ihre Kandidatur hat viel ausgelöst in Zürich. Die im Sudan geborene Abou Shoak wollte die Menschen mit Migrationshintergrund repräsentieren, die SP für neue Gruppen öffnen. Was nun gescheitert ist. Das sorgt für Kritik. Ihre Nicht-Nomination offenbare ein strukturelles Problem linker Parteien, finden die Autorin Migmar Dolma und der Filmemacher Samir.
«Anschein von Diversität vermitteln»
Sie haben beide einen Migrationshintergrund. Und kritisieren in einem offenen Brief, die SP und die Grünen würden diese Gruppe systematisch zu wenig einbinden. Migmar Dolma: «Wir sind sehr frustriert. In den linken Parteien kommen wir mit unseren Themen und Expertisen nicht vor. Wenn wir auftauchen, dann als Listenfüller, die den Anschein von Diversität vermitteln sollen.»
Aber wirklich gefördert und für wichtige Posten nominiert würden Menschen mit Migrationshintergrund dann doch nicht. Samir sieht eine Parallele zur Frauenfrage: «Lange hiess es, es habe zu wenig Frauen in der Politik, weil sie sich nicht trauten. Heute wissen wir, es liegt an der Struktur der Parteien und nicht an den einzelnen Frauen. Genau dasselbe gilt heute für die Migranten.»
Mit ihrem Brief wollen sie die Linke wach rütteln. Menschen mit Migrationsgeschichte müssten besser gefördert werden. Bei den Grünen stossen sie auf offene Ohren: Die Präsidentin der Grünen Schweiz, Lisa Mazzone, hat ihnen ein Gespräch angeboten. Und auch die SP sieht Handlungsbedarf.
Reis Luzhnica hat selber Wurzeln im Kosovo, ist Zürcher Stadtparlamentarier und Co-Präsident der SP MigrantInnen Schweiz. Zur Kandidatur von Mandy Abou Shoak sagt er: «Es ist schade, hat die Zürcher SP diese Chance nicht gepackt. Zwar ist die SP diejenige Partei, die Regierungsrätinnen mit Migrationsgeschichte stellt – in Luzern oder Basel. Dennoch sind es Ausnahmen, werden als Sensationen betrachtet. Das wollen wir ändern.»
Menschen mit Migrationshintergrund müssten in den Sektionen gezielt und stärker gefördert werden.
Trotz Kritik sei die SP auf dem richtigen Weg
Mandy Abou Shoak selbst sieht ihre Partei auf dem richtigen Weg, der allerdings steinig sei: «Wir befinden uns mitten in einem Erneuerungsprozess. Das bringt auch Wachstumsschmerzen mit sich. Veränderung bedeutet, bestehende Muster zu hinterfragen. Das kann herausfordernd sein, gerade in etablierten Strukturen.»
Die Strukturen der linken Parteien müssten so angepasst werden, dass sie offen seien für Menschen, die nicht die klassische Politkarriere eingeschlagen haben, und es ermöglichen, Menschen mit Migrationshintergrund besser einzubinden.