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Linke übt heftige Kritik Bürgerliche setzen ihr Rentenmodell in der Kommission durch

Die Reform der 2. Säule ist ein politischer Dauerbrenner in der Schweiz. Jetzt ist sie einen wichtigen Schritt weiter.

Heute wird das angesparte Alterskapital zu einem Satz von 6.8 Prozent in eine jährliche Rente umgewandelt. Wer also 1 Million angespart hat, bekommt eine jährliche Rente von 68'000 Franken. Viele Kassen können das aber nur finanzieren, wenn sie das Geld derjenigen anzapfen, die noch arbeiten. Das ist das grosse Problem.

So flossen in den letzten fünf Jahren im Durchschnitt 6.3 Milliarden Franken von der arbeitenden Bevölkerung zu den Pensionierten. Die Politik will das abschwächen. Deshalb will sie den Umwandlungssatz von 6.8 Prozent auf 6 Prozent senken. Für die Pensionierten bedeutet das aber eine tiefere Rente. Das soll kompensiert werden.

Der aktuelle Stand bei der Reform der 2. Säule

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Bei der Reform der Pensionskassen stehen zwei Punkte im Zentrum: Erstens geht es um den Mindestumwandlungssatz: Damit wird aus dem angesparten Altersguthaben die monatliche Rente berechnet. Sinkt der Umwandlungssatz, sinken die Renten. Und es stellt sich die Frage nach einer Kompensation. Zweitens geht es darum, die Situation von Teilzeitbeschäftigten zu verbessern , von Leuten mit tiefen Einkommen. Häufig sind das Frauen.

Vorlage kommt in den Nationalrat

Nun hat die zuständige Kommission des Nationalrates einen Schlussstrich unter die langen Beratungen gezogen. Durchgesetzt haben sich die bürgerlichen Parteien, gegen links-grün und die Gewerkschaften. Als nächstes diskutiert der Nationalrat das ausgearbeitete Modell.

Ruth Humbel ist Mitte-Nationalrätin und Präsidentin der vorberatenden Sozialkommission. Sie sagt zum nun ausgearbeiteten Vorschlag ihrer Kommission: «Diejenigen künftigen Rentnerinnen und Rentner, die durch diese Reform eine tiefere Rente erhalten würden, bekommen den Ausfall kompensiert. Sie erhalten einen Zuschlag.»

Die Kommissionsmehrheit will diesen Zuschlag einer Übergangsgeneration von 15 Jahren auszahlen. Diejenigen, die keine Renteneinbusse erleiden, sollen umgekehrt auch keine Kompensation erhalten, sagt Humbel: «Das wäre ein Ausbau der Rente. Das will die Kommissionsmehrheit nicht. Es geht primär darum, die Umverteilung von der jungen erwerbstätigen Generation zu den Rentnerinnen und Rentnern abzuflachen und nicht auszubauen.»

Ruth Humbel
Legende: Mitte-Nationalrätin Ruth Humbel ist überzeugt, dass ihre Kommission eine tragfähige Lösung zur Reform der 2. Säule gefunden hat. Keystone

Alles gut also? Keineswegs. Die Linke und die Gewerkschaften widersprechen grundsätzlich. So sagt Gabriela Medici vom Gewerkschaftsbund: «Das Modell bedeutet nichts anderes als tiefere Renten zu einem höheren Preis.»

Die Frauen werden im Regen stehen gelassen.
Autor: Gabriela Medici Schweizerischer Gewerkschaftsbund

Medici kritisiert erstens, dass nur die Übergangsgeneration eine Kompensation erhält. Aber auch diejenigen, die später in Rente gingen, erlitten durch die Senkung des Umwandlungssatzes eine Renteneinbusse, die nicht kompensiert werde.

Zweitens widerspricht Medici der Aussage, dass alle Angehörigen der Übergangsgeneration mit Renteneinbussen eine Kompensation erhielten. Sie argumentiert, dass das Modell der Kommission nur die Renten des «Obligatoriums» absichere, nicht aber die Renten im «Überobligatorium». Deshalb führe die Reform für viele der Übergangsgeneration zu Renteneinbussen, die ebenfalls nicht kompensiert würden.

Die Reform bringt wesentliche Verbesserungen für Teilzeiterwerbstätige, Personen mit Mehrfachbeschäftigungen und ältere Mitarbeitende.
Autor: Ruth Humbel Nationalrätin (Mitte/AG)

Schliesslich bringt Medici die Frauenfrage ins Spiel: «Die Frauen werden im Regen stehen gelassen. Man hat ihnen nach der Erhöhung des Rentenalters versprochen, dass es Lösungen für die Rentenlücke in der 2. Säule geben würde. Heute ist genau das Gegenteil passiert.»

Gabriela Medic
Legende: Gewerkschafterin Gabriela Medici kann dem Modell zur Reform der 2. Säule, das sich in der Nationalratskommission durchgesetzt hat, wenig abgewinnen. Keystone

Statt eines Rentenausbaus würden viele Frauen unter der Reform leiden, weil sie trotz tiefen Löhnen überobligatorisch versichert seien. Sie würden deshalb aufgrund ihrer speziellen versicherungsrechtlichen Situation keine Kompensation erhalten. «Heute sind sehr viele Frauen in Teilzeitanstellungen dank ihren Kassen besser versichert als es das Gesetz vorsieht. ‹Besser› heisst aber auch: Nicht durch das Gesetz geschützt.» Gemäss dem Kommissionsentscheid würden diese Frauen ausgeschlossen von der Kompensation.

Rentnerpaar bei einer Wanderung
Legende: Die bürgerliche Mehrheit aus SVP, FDP und Mitte wird nachbessern müssen, wenn sie auch die Linke und die Gewerkschaften ins Boot holen will, um so die Chancen bei einer allfälligen Volksabstimmung zu erhöhen. Keystone

Humbel widerspricht der Kritik nicht grundsätzlich. Sie verweist aber darauf, dass die Kommission darüber hinaus verschiedene auch technische Änderungen vorgenommen habe, die nicht zu vernachlässigen seien – weshalb sie allgemein bilanziert: «Die Reform bringt wesentliche Verbesserungen für Teilzeiterwerbstätige, Personen mit Mehrfachbeschäftigungen und ältere Mitarbeitende.»

Echo der Zeit, 29.10.2021, 18 Uhr

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