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Lockerungen der Massnahmen Der Bundesrat im Öffnungs-Turbo? Mitnichten

Bundesrat Ignazio Cassis sprach heute von einer «Bella giornata» – einem schönen Tag und Alain Berset von «Freude» und «Erleichterung». Zwar wollten die Bundesräte die Pandemie noch nicht definitiv für beendet erklären. Sie liessen aber zumindest durchblicken, dass die Hoffnung auf ein Ende bestehe.

Treten am Ende die Kantone auf die Bremse?

Diese freudige Botschaft plus die Aussicht auf baldige Lockerungen der Massnahmen kündigten die Bundesräte gerne an. Entsprechend süffig liest sich die Medienmitteilung: «Der Bundesrat … startet Konsultation zu umfassenden Lockerungen» steht da im Titel. Nach zwei langen Pandemie-Jahren mit entsprechenden Massnahmen scheint dieser Schritt mutig – zumal die Fallzahlen hoch sind wie nie.

Schaut man jedoch genauer hin, so ist der Bundesrat heute aber wenig Risiken eingegangen. Wirklich aufgehoben hat er die Homeoffice-Pflicht und die Quarantäne. Die anderen weitergehenden Lockerungen wie die Aufhebung der Zertifikatspflicht oder der Maskenpflicht lässt er noch offen, beziehungsweise schlägt er Varianten vor. Die Kantone sollen hier ihre Meinung einbringen. Im Vorfeld äusserten sich Kantonsvertreter skeptisch zu einer allzu schnellen Öffnung. Es ist gut möglich, dass es am Konsultationsende vom 9. Februar die Kantone sind, die auf die Bremse treten.

Bundesrat lässt Vulnerable nicht im Stich

Der Bundesrat hat sich aber nicht nur die Konsultation als Hintertüre offengelassen. Er macht weitgehende Öffnungen auch von der Immunisierung der Bevölkerung abhängig. Diese müsse «weit genug» fortgeschritten sein. Ausserdem müssen Ansteckungszahlen sowie Hospitalisationen abnehmen. Und schliesslich steckt er auch die Zeitspannen weit. Entscheiden wird der Bundesrat erst in zwei Wochen.

Bis in zwei Wochen werden noch mehr Menschen besser geschützt sein. Man erinnere sich: Im Moment stecken sich pro Woche schweizweit etwa 10 Prozent der Bevölkerung mit dem Virus an. Die Chancen stehen also gut, dass der Peak der Ansteckungen in den nächsten zwei Wochen erreicht wird. Der Bundesrat kann also in Ruhe die Entwicklung abwarten.

Hinweis der Redaktion

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In einer früheren Version stand im zweitletzten Abschnitt: «Bis in zwei Wochen werden noch mehr Menschen immun sein.» Das ist wissenschaftlich noch nicht abschliessend bewiesen. Deshalb haben wir den Satz geändert auf: «Bis in zwei Wochen werden noch mehr Menschen besser geschützt sein.»

Daher: Der Bundesrat lässt die vulnerable Bevölkerung mit den heutigen Vorschlägen nicht im Stich. Im Gegenteil, er wartet ab, wägt ab. Etwas gedulden müssen sich allerdings jene ohne Zertifikat, die lieber schon heute als morgen alle Freiheiten möchten. Immerhin, der Ausblick auf ein baldiges Ende ist da.

 

Christa Gall

Bundeshausredaktorin

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Christa Gall ist seit 2012 Redaktorin bei SRF, seit 2018 für die TV-Bundeshausredaktion. Bevor sie zu SRF wechselte, schrieb sie für diverse Zeitungen und Zeitschriften.

Tagesschau, 02.02.22, 19.30 Uhr

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