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Wissenschaftliche Einordnung Wie sinnvoll ist der Lockerungsfahrplan des Bundesrats?

Gelockerte Massnahmen trotz hoher Infektionszahlen: SRF-Wissenschaftsredakorin Katrin Zöfel sagt, das sei vertretbar.

Der Bundesrat hat am Nachmittag bekannt gegeben, dass die Homeoffice-Pflicht und die Quarantäne ab morgen nicht mehr gelten. Ab 17. Februar könnten auch Zertifikat und Maske nicht mehr nötig sein. Wie diese Lockerungsschritte aus der Sicht der Wissenschaft einzuschätzen sind, sagt SRF-Wissenschaftsredaktorin Katrin Zöfel.

Katrin Zöfel

Wissenschaftsjournalistin

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Katrin Zöfel ist Wissenschaftsredaktorin bei SRF. Sie ist Biologin und versucht zu verstehen, wie die Wissenschaft helfen kann, Antworten auf gesellschaftlich wichtige Fragen zu finden.

SRF News: Erlaubt die aktuelle Corona-Situation diese offensive Haltung der Behörden?

Katrin Zöfel: Wenn man auf die aktuelle Situation schaut und die Bilanz der letzten vier Wochen als Grundlage nimmt, plus die bisherigen Erfahrungen aus anderen Ländern mit Omikron, dann ja. Die Infektionszahlen sind sehr, sehr hoch, etwa eine halbe Million Infizierte pro Woche. Gleichzeitig bleiben die Hospitalisierungen niedrig, die Belegung der Intensivstationen sinkt. Das ist schon beeindruckend, und hat zwei Gründe: Omikron ist tatsächlich milder und die Immunität in der Bevölkerung ist aktuell sehr hoch.

Wenn die Rechnung aufgeht, und die Welle abebbt, entspannt sich die Situation auch für vulnerable Personen.
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Was heisst das für die vulnerablen Personen, die sich nicht impfen lassen können oder Risiko-Patienten sind?

Es ist jetzt und bleibt in den nächsten Wochen für diejenigen schwieriger, die eine Infektion vermeiden wollen oder vermeiden müssen. Wenn die Rechnung aufgeht, und die Welle abebbt, entspannt sich die Situation auch für diese Personen. Mithelfen wird dabei auch der saisonale Effekt, also dass die Infektionen nachlassen, wenn der Frühling kommt. Mit dem kann man rechnen.

Bislang haben sich viele Ältere noch nicht mit Omikron infiziert. Könnte dies nun vermehrt passieren?

Das ist immer noch sehr deutlich, wenn man nach den offiziellen Fallzahlen geht: Die Älteren sind demnach am Infektionsgeschehen kaum beteiligt. Es kann sein, dass sich die Infektionen unter den Älteren in der sehr hohen Dunkelziffer verstecken, oder eben: Sie haben sich bis jetzt besonders gut geschützt. Oder sie sind durch den noch ziemlich frischen Booster gut vor einer Infektion geschützt.

Wenn sich nun derart viele mit Omikron infiziert haben, sind diese auch immun gegen ältere Corona-Varianten, sollten diese wieder auftauchen – oder gegen neue?

Omikron ist sehr anders als die Varianten davor, deshalb kann es bereits Infizierte nochmal anstecken. Deshalb sind die Verläufe bei Omikron insgesamt milder. Wie gut die Immunität nach einer Omikroninfektion gegen Infektionen mit anderen Varianten schützt, ist eine berechtigte Frage.

Klar ist: Die Immunität gegen Corona baut sich über mehrere Stufen auf.
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Das beschäftigt auch Wissenschaftler. Es gibt darauf noch keine gute Antwort. Die Vermutung, dass eine Omikron-Infektion nicht so gut vor anderen Varianten schützt, ist berechtigt. Es gibt Hinweise, dass sogar eine zweite Infektion mit Omikron relativ schnell nach der ersten wieder möglich ist. Klar ist, die Immunität gegen Corona baut sich über mehrere Stufen auf. Es braucht sicher drei, eventuell mehr Immunitätsschübe, über Impfung oder über Infektion, um einen guten, breiten Schutz aufzubauen, der mehrere Varianten abdecken kann.

 Das Gespräch führte Simone Hulliger.

Echo der Zeit, 02.02.2022, 18 Uhr ; 

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