Zum Inhalt springen

Mehr Schlichtungsverfahren Hohe Wohnungsmieten: Betroffene wehren sich vermehrt

  • Mieterinnen und Mieter wehren sich vermehrt gegen die höheren Mieten. Die Schlichtungsstellen haben alle Hände voll zu tun.
  • Neue Zahlen des Bundesamtes für Wohnungswesen aus dem ersten Halbjahr 2023 zeigen einen Anstieg der Schlichtungsverfahren um über 42 Prozent im Vergleich zum Vorsemester.
  • Die Lage dürfte sich kaum entspannen – am 1. Dezember droht eine weitere Erhöhung des Referenzzinssatzes.

In Zürich ist der Pendenzenberg hoch: Die Mietschlichtungsbehörde des Bezirks Zürich hat 2300 Verfahren abzuarbeiten, im Sommer waren es zwischenzeitlich über 3000, sagt Anna Isabel Altieri, leitende Gerichtsschreiberin der Mietschlichtungsstelle des Bezirks Zürich.

Die Nachfrage nehme zwar ab, die Mietschlichtungsstelle habe aber alle Hände voll zu tun. «Wir sind daran, diese Fälle zu verhandeln», so Altieri. Es komme zu einer beträchtlichen Anzahl an «ausserbehördlichen Erledigungen». Mieterinnen und Vermieter, bei denen ein Verfahren hängig ist, gelangen teilweise selbstständig zu einer Einigung.

Wir planen weiterhin, an zusätzlichen Tagen pro Woche Verhandlungen durchzuführen.
Autor: Elena Herrmann Leiterin Schlichtungsstelle für Mietstreitigkeiten Basel-Stadt

Die Schlichtungsstelle habe die Personalressourcen um etwa 25 Prozent aufgestockt, sagt Altieri. Bleibe die Zahl der Fälle auf dem aktuellen Niveau, «rechnen wir damit, dass die erste Welle vielleicht bis im Frühling 2024 abgearbeitet sein wird».

Mehr Personal, mehr Verhandlungen

Fachleute rechnen jedoch damit, dass am 1. Dezember der Referenzzinssatz nochmals angehoben wird. Damit könnten die Mieten erneut steigen. Kommt es zu einer weiteren Welle an Anfechtungen? «Wenn es im Dezember zu einer zweiten Runde kommt, würden sich die beiden Runden überlappen, was es für uns sehr schwierig machen würde», so Altieri.

Ansturm auf Zürcher Mieterinnen- und Mieterverband

Box aufklappen Box zuklappen

Dass sich Mieterinnen und Mieter vermehrt gegen steigende Mieten wehren wollen, merkt auch der Mieterinnen- und Mieterverband. Auf den Zürcher Verband gab es einen regelrechten Ansturm. Die Mitgliederbeitritte seien in den letzten sechs Monaten um ein Drittel gestiegen, sagt der Sprecher des Zürcher Mieterinnen- und Mieterverbands, Walter Angst.

«Wir haben zusätzliches Personal eingestellt», sagt Angst. «Es haben wirklich Tausende, angerufen, uns Unterlagen eingeschickt, und ein Coaching gebraucht, als die Schlichtungsverhandlung gekommen ist», so Angst. Es sei ein ziemliches «Tohuwabohu» gewesen, weil die Schlichtungsbehörden noch keine einheitliche Praxis gehabt hätten.

Mittlerweile hat sich die Situation Angsts Angaben zufolge etwas verbessert. Die Zürcher Schlichtungsstellen hätten klare Leitlinien herausgegeben, damit Mieterinnen und Mieter besser abschätzen könnten, ob sich eine Anfechtung lohnte, erklärt Angst. Jedoch rechnet auch der Zürcher Mieterinnen- und Mieterverband im Dezember mit einer neuen Welle an Anfechtungen.

In Basel bereitet man sich auf eine weitere «Welle» vor. Die Schlichtungsstelle für Mietstreitigkeiten des Kantons Basel-Stadt prüfe, ob «Personalressourcen befristet etwas erhöht» werden könnten, sagt die Leiterin der Schlichtungsstelle, Elena Herrmann. «Und um die Arbeitslast zu bewältigen, planen wir weiterhin, an zusätzlichen Tagen pro Woche Verhandlungen durchzuführen», so Hermann.

Auch in Basel gab es einen starken Anstieg der Anzahl der Mietschlichtungsverfahren: Von Anfang Juni bis zum 22. November sind 517 Anfechtungen eingegangen. Im selben Zeitraum des Vorjahres waren es gerade mal 30. Bisher habe dieser Ansturm bewältigt werden können, so Elena Herrmann. Falls es Anfang Dezember wieder zu einem Ansturm auf die Schlichtungsbehörden komme, könne es aber auch in Basel zu längeren Wartezeiten kommen.

HeuteMorgen, 27.11.2023, 06:00 Uhr

Meistgelesene Artikel