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Mehr Züge und Personal SBB will Viertelstundentakt bis 2050: Ist das überhaupt machbar?

Bis 2050 will die SBB einen Viertelstundentakt für die ganze Schweiz. Dazu braucht es aber nicht nur mehr Züge und Personal, sondern auch einen perfekt durchgetakteten Fahrplan.

Nur mit einem Viertelstundentakt könne die steigende Nachfrage in Zukunft bewältigt werden, sagte SBB-Chef Vincent Ducrot am Montag anlässlich der SBB-Jahresmedienkonferenz.

Man könne die einzelnen Züge nicht immer länger machen, betonte Ducrot: «Es gibt keine andere Wahl, als die Frequenzen zu erhöhen. Mit einem Viertelstundentakt wären die Anschlüsse viel fliessender. Das System könnte wie eine U-Bahn oder die S-Bahn einer Agglomeration funktionieren.»

Mehr Frequenzen bedeutet mehr Bedarf an Rollmaterial und Personal. Und wie steht es mit der Infrastruktur? «Es hat noch sehr viel Platz auf dieser Infrastruktur. Und künftig werden wir diese noch besser ausreizen können», sagt der SBB-Chef. Dank der Digitalisierung werde man die Kapazitäten erhöhen können.

Verkehrspolitiker begrüssen Pläne

Beim grünen Verkehrspolitiker Michael Töngi kommen diese Pläne gut an: «Wenn wir die Mobilität zugunsten des ÖV stärken wollen, dann brauchen wir einen Ausbau. Ich finde es richtig, dass man den Takt stärken will.»

Mit einem 15-Minuten-Takt ist man bei einem Metro-System und nicht mehr bei einem Fernverkehrssystem.
Autor: Matthias Finger Verkehrsexperte, emeritierter Professor ETH Lausanne

Auch Esther Friedli, SVP-Politikerin und Vizepräsidentin der ständerätlichen Verkehrskommission, unterstützt die Ausbaupläne der SBB: «Ich begrüsse es sehr, dass die SBB in die Zukunft schaut.» Es sei noch nicht abzusehen, wie die Mobilität in 25 Jahren aussehe, so Friedli weiter. «Einen 15-Minuten-Takt auf den Hauptlinien von Genf bis St. Gallen kann ich mir aber gut vorstellen.» Ob das überall möglich und nötig sei, müsse man noch diskutieren.

Aber sind die Pläne auch realistisch? «Ja», sagt Verkehrsexperte Matthias Finger. Der emeritierte Professor der ETH Lausanne spricht aber auch von der Abschaffung des Taktfahrplans: «Nicht weil er schlecht wäre, sondern weil er schlicht überholt ist: Mit einem 15-Minuten-Takt ist man bei einem Metro-System und nicht mehr bei einem Fernverkehrssystem.»

Es wird eng auf der Schiene

Wenn alle 15 Minuten ein Zug komme, stehe die Pünktlichkeit nicht mehr an erster Stelle, sagt Finger. Das System werde flexibler, lange Wartezeiten gäbe es nicht mehr.

Das heisse aber nicht, dass das Leitsystem weniger wichtig werde: «Die Züge müssen alle geleitet werden und die Distanzen zwischen ihnen werden kürzer.» Dies sei mit grossen Digitalisierungsanstrengungen verbunden, so der Verkehrsexperte. «Nicht unbedingt, um den Minutentakt einzuhalten, sondern um die Sicherheit des Systems zu garantieren.»

Die grosse Herausforderung sieht Finger weniger in der Priorisierung der Schienennutzung, also welcher Zug wann verkehren darf. Denn neben Fernverkehrszügen gebe es ja auch noch die Regionalzüge und S-Bahnen, die überall halten würden sowie den Güterverkehr.

Für den Güterverkehr wäre dann sicher nur noch nachts Platz.
Autor: Matthias Finger Verkehrsexperte, emeritierter Professor ETH Lausanne

«Der Güterverkehr und der langsame Personenverkehr konsumieren viel Platz auf der Schiene. Das müsste neu strukturiert werden. Für den Güterverkehr wäre dann sicher nur noch nachts Platz», glaubt Finger.

Die Idee des Viertelstundentaktes ist übrigens keine Erfindung von SBB-Chef Ducrot. Bereits sein Vorgänger Andreas Meyer sah im Ausbauschritt «Step» bis 2035 auf stark frequentierten Strecken einen Viertelstundentakt vor.

Letztendlich aber liegt es an der Politik, wie schnell und wie grossflächig die Bahn-Kapazitäten ausgebaut werden sollen.

Rendez-vous, 12.03.2024, 12:30 Uhr

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