Das Problem: Abfälle aus Haushalten und dem Gewerbe werden in der Schweiz in Kehrichtverbrennungsanlagen (KVA) verbrannt. Allerdings verbrennt in den Öfen nicht alles. Übrig bleiben rund 800'000 Tonnen Schlacke pro Jahr. Diese Verbrennungsreste sind giftig und werden danach auf Deponien gebracht. Allerdings befinden sich in der Schlacke nach wie vor Wertstoffe.
Metalle in der Schlacke: Bereits seit längerem müssen grobe Metallreste aus der Schlacke gefiltert werden, bevor die Schlacke auf Deponien endgelagert wird. Dies ist gesetzlich so vorgeschrieben. In der Schweiz gibt es dazu ein Dutzend Anlagen, die in den letzten Jahren immer weiter entwickelt wurden. Eine Anlage steht in Arisdorf (BL).
Die neue Anlage: In Full-Reuenthal (AG) ist seit diesem Frühling die modernste Anlage der Schweiz in Betrieb. Diese geht noch weiter als die bisherigen Recyclingsysteme, in dem sie die Schlacke mit einem Verfahren auftrennt. Mit Elektroimpulsen, einer Art von Blitzen, wird die Schlacke in feinste Einzelteilchen separiert. So soll es gelingen, so viel Metallüberreste aus der Schlacke zu holen, wie sonst nirgends.
Der ökologische Nutzen: Dass sich Recycling für die Umwelt lohnt, liegt auf der Hand. Speziell wenn es um Metalle geht, die sonst oft in Drittwelt- oder Schwellenländern unter ökologisch fragwürdigen Bedingungen abgebaut und danach in die Schweiz transportiert werden müssen. «Jede Tonne, die wir hier herausholen, ist eine Tonne, die da nicht herausgeholt werden muss», sagt Rainer Bunge, Professor für Umwelttechnik an der Ostschweizer Fachhochschule. Aus Schlacke könnten in der Schweiz 80'000 Tonnen Metall gewonnen werden.
Der wirtschaftliche Nutzen: Die Recyclingfirmen arbeiten aber natürlich nicht nur aus Liebe zur Umwelt. Zum einen zahlen die KVA den Recyclingfirmen Geld, damit diese die Schlacke übernehmen. Diese Gebühren sind niedriger als diejenigen, die die KVA den Deponien zahlen müssten. Zum anderen verkaufen die Firmen die Rohstoffe, die sie aus der Schlacke holen. Im Falle von Full-Reuenthal sind das acht verschiedene Metalle, sowie Eisenoxid und Mineralien. Die Firma ZAV Recycling in Hinwil (ZH) schrieb in den letzten Jahren dank dieses Geschäfts Millionengewinne.
Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten: Das Behandeln der Schlacke ist aufwändig und benötigt einiges an Energie. Ausserdem schwanken Preise für Metalle auf dem Weltmarkt stark. Sinken die Preise, können die Firmen ihre Rohstoffe nicht mehr gewinnbringend verkaufen. So geschehen 2019 als die ZAV Recycling AG einen Millionenverlust schrieb. Personalkosten haben die modernen Werke dagegen praktisch keine, sie funktionieren hochautomatisiert.
Es bleiben trotzdem Reste: Auch bei der neusten Anlage in Full-Reuenthal (AG) kann – wie in anderen Anlagen – nicht die ganze Schlacke rezykliert werden. Aktuell sei der Recyclinggrad bei etwa 30 Prozent, erklärt Anton Affentranger, Verwaltungsratspräsident von Selfrag, die die Anlage betreibt. Mit weiteren Verfeinerungen sollen bis zu 50 Prozent der Schlacke rezykliert werden können. Der Rest wird aber weiterhin deponiert.
Weitere Anlagen geplant: Die Firma Selfrag will in den kommenden fünf Jahren bis zu sechs neue ähnliche Recyclingwerke in Betrieb nehmen. Zunächst in Kerzers (FR), wo bereits heute eine kleinere Testanlage steht, danach auch an anderen Orten in der Schweiz. Gut für die Umwelt und offenbar auch gut fürs Geschäft.