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Modell für extremes Wetter ETH-Forscher: «In Zürich könnte es maximal 43 bis 44 Grad werden»

Die Hochschule erforscht sehr unwahrscheinliche Klimaereignisse. Das soll bei der Entwicklung von Sicherheitskonzepten helfen.

Extreme Hitze in Zürich, fünf Tage mit 43 bis 44 Grad. Das ist unwahrscheinlich, aber möglich, wie Berechnungen der ETH Zürich ergeben haben. Nicht nur bei den Temperaturen sorgen die Klimaveränderungen für Rekorde, sondern auch bei den Niederschlägen oder der Trockenheit. Um dagegen gewappnet zu sein, berechnet die ETH nun für Behörden und Unternehmen Worst-Case-Szenarien – zum Beispiel für die Olympischen Spiele.

«Ein Konzept für Wetterbedingungen ist heute wichtig», sagt Erich Fischer, Klimatologe an der ETH Zürich. Selbst die Klimaforschung ist überrascht von den Auswirkungen des Klimawandels, vor allem von der Dimension und dem Tempo. Deshalb fokussiert die ETH auf die Erforschung der sehr unwahrscheinlichen, aber möglichen Ereignisse. «Diese Ereignisse können wir nicht ein oder zwei Jahre vorher voraussehen. Aber wir können quantifizieren, wie extrem diese Ereignisse in den kommenden 10 Jahren werden können», so Fischer

Schlimmste Hitzewellen

Im kanadischen Lytton wird es im Sommer rund 30 Grad heiss. 2021 stieg das Thermometer jedoch auf fast 50 Grad. Ein Waldbrand vernichtete damals praktisch das ganze Dorf. Wäre diese Hitze vorhersehbar gewesen? «Wir suchten nach den extremsten Hitzewellen in den Klimamodellen und schauten die Wetterberichte zu Lytton der letzten Jahre an. Aus diesen beiden Quellen wurde klar: Man hätte das Potenzial für diese Hitze erkennen können», sagt der Klimatologe.

Silhouette einer Person trinkt Wasserflasche im Sonnenlicht.
Legende: Wie heiss könnte es in der Schweiz in Zukunft werden? An dieser Frage forscht die ETH Zürich. Keystone/PETER SCHNEIDER

Nun hat die ETH das Modell verfeinert und sucht nach Extremereignissen in der Schweiz am Beispiel von Genf und Zürich. «Die Temperaturen haben nördlich der Alpen die 40 Grad noch nie überschritten. Temperaturen von 43 bis 44 Grad sind aber auch im Mittelland nicht auszuschliessen.» Zum Beispiel wären in Zürich laut Berechnungen 43 bis 44 Grad während fünf Tage möglich. «Das wäre eine grosse Herausforderung», so Fischer.

Eine zweite unwahrscheinliche, aber mögliche Variante: Temperaturen – oft rekordhoch –, die im Hitzesommer 2003 während einer Woche herrschten, halten drei bis vier Wochen an. «Das ist ein Worst-Case-Szenario, das hilft, sich vorbereiten zu können», sagt Fischer.

Beispiel Olympische Spiele in Paris

Über die Sicherheitskonzepte gegen Terrorgefahr oder Cyberangriffe für die Olympischen Spielen in Paris wurde viel berichtet. Daneben existierte auch ein Konzept für Wetterereignisse. Die ETH Zürich wurde von der Universität in Paris angefragt, ein Worst-Case-Szenario für Hitze zu berechnen. «Sie gingen von 50 Grad in aus. Wir sagten, das ist nicht möglich in den nächsten 20 Jahren, aber 47 Grad wären denkbar. Im letzten November wurden solche Szenarien durchgespielt», so Fischer.

Nun existiert für Paris ein Konzept mit Massnahmen bei einer Hitzewelle. Worst-Case-Szenarien sollen Behörden oder Unternehmen mit kritischer Infrastruktur wie Spitälern, Energieversorgern und so weiter dienen, um solche Sicherheitskonzepte auszuarbeiten.

Kältewellen oder Starkregen

Berechnungsmodelle für Kältewellen hat die ETH bereits entwickelt und die Frage beantwortet, ob ein rekordkalter Winter wie 1962 mit gefrorenen Seen wiederum möglich wäre. Diese Temperaturen würden zwar nicht mehr erreicht, aber es habe sich gezeigt, dass auch nicht mehr mit Kältewellen und möglicherweise gravierenden Folgen davon gerechnet werde. Auch wie sich Starkregen maximal entwickeln kann, wird momentan untersucht.

Tagesgespräch, 14.08.2024, 13:00 Uhr;stal

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