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Priscilla Schwendimann – lesbische Pfarrerin im Portrait
Aus Schweiz aktuell vom 11.03.2021.
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Moderner Glaube Diese Pfarrerin bringt frischen Wind in die Kirche

Priscilla Schwendimann ist jung, lesbisch und Pfarrerin. Die 28-Jährige bewegt in der reformierten Kirche etwas.

Eine junge Pfarrerin, die in den sozialen Medien über Masturbation oder ihr Coming-Out spricht: Was sich viele niemals wagen würden, ist für Priscilla Schwendimann kein Tabu. Sie setzt sich für eine junge, offene und digitale Kirche ein.

Priscilla Schwendimann

Priscilla Schwendimann

Pfarrerin

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Priscilla Schwendimann ist in einer freikirchlichen Gemeinschaft in Kairo aufgewachsen. Als sie drei Jahre alt war, wanderten ihre Eltern nach Ägypten aus. Als 18-Jährige kehrte Schwendimann in die Schweiz zurück und studierte in Basel und Zürich Theologie. Seit 2019 ist sie als Pfarrerin in Zürich tätig. Derzeit predigt sie in der Zürcher Kirche St. Peter. Schwendimann setzt sich unter anderem für die Rechte von Homosexuellen ein.

Vor kurzem lancierte Schwendimann mit einer anderen Pfarrerin den Youtube-Kanal «Holy Shit». In lockerem Ton reden die Frauen darüber, was sie bewegt: Über Homosexualität, ADHS oder Jesus. Und über Vorurteile gegen Christen, dass etwa Selbstbefriedigung verboten sei. Sie richten sich mit den Clips an ein Publikum unter dreissig Jahren. «Das Ziel ist es, den Glauben neu zu vermitteln», sagt Schwendimann. Auch auf Instagram sind die beiden Pfarrerinnen aktiv.

Ein Porträt von Priscilla Schwendimann
Legende: Priscilla Schwendimann spricht in ihrem Podcast offen über ihre Homosexualität. SRF / Luca Fuchs

Wie viele andere Institutionen, hat auch die Kirche laut Schwendimann ein Problem, junge Leute zu erreichen. «Wir haben gemerkt, dass unsere Generation grundsätzlich zur Gruppe jener Menschen gehört, die am meisten aus der Kirche austritt», so Schwendimann. Einer der Gründe dafür sei, dass die Kirche grösstenteils über 65-Jährige anspreche: «Da haben wir uns gesagt, dass wir etwas Neues ausprobieren möchten».

«Heilige Scheisse» – über den Youtube-Kanal

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Das Social-Media-Projekt «Holy Shit» wird von einer Stiftung und der Kirchgemeinde des Zürcher Stadtkreises finanziert. Das Geld fliesst vorerst für ein halbes Jahr. Am häufigsten haben Nutzerinnen und Nutzer das Video über Schwendimanns Outing angeklickt. Der Clip hat über 5000 Views.

Dass sich Schwendimann für eine moderne Kirche einsetzt, hat auch mit ihrer ungewöhnlichen Biografie zu tun. Sie ist in einem freikirchlichen Milieu aufgewachsen, wo Homosexualität nicht ins Weltbild passte. Doch während des Studiums verliebte sich Schwendimann in eine Kommilitonin.

Mit Tränen in den Augen erzählt sie in einem ihrer Videos von ihrem schwierigen Coming-Out. «Es gab Leute, die uns gesagt haben, Homosexuelle sollten gesteinigt werden.» Doch eine Handvoll Freunde unterstützte das Paar. Heute leben die beiden in einer eingetragenen Partnerschaft.

Priscilla Schwendimann sitzt vor der Kirche
Legende: Ihr Beruf sorge gerade bei jüngeren Personen für Erstaunen, sagt Priscilla Schwendimann. SRF / Luca Fuchs

Aus ihrer lesbischen Beziehung macht Schwendimann kein Geheimnis. Ihre Homosexualität sei innerhalb der Kirchengemeinde kein Problem. In der Pfarrschaft sei der Rückhalt riesig. «Ein Thema ist die Homosexualität eher bei den älteren und sehr konservativen Mitgliedern», sagt die Pfarrerin, «aber wenn die Leute mich kennen, ihre Fragen stellen und Ängste benennen können, verschwinden die Sorgen ganz rasch».

Wie stehen die Landeskirchen zur Homosexualität?

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Legende: Keystone

Wie stehen die Landeskirchen zur Homosexualität?

  • Die reformierte Kirche ist gegenüber gleichgeschlechtlichen Paaren aufgeschlossen. So segnet sie homosexuelle Paare und bejaht die «Ehe für alle». In vielen reformierten Landeskirchen sind Lesben oder Schwule integriert und als Pfarrerinnen oder Pfarrer willkommen.Freikirchen bekunden hingegen oft mehr Mühe mit Homosexualität: «Freikirchen vertreten in Sachen Sexualität und Beziehungen tendenziell konservative Werte. Davon geprägt ist auch ihr Umgang mit Homosexualität», sagt SRF-Religionsredaktorin Nicole Freudiger. So unterstützt die Schweizerische Evangelische Allianz, die unter anderem freikirchliche Gemeinschaften vertritt, das Referendum gegen die Ehe für alle.
  • In der römisch-katholischen Kirche gilt Homosexualität offiziell noch immer als Sünde. Im Gegensatz zu Nachbarländern sind die römisch-katholischen Kantonalkirchen in der Schweiz aber aufgeschlossener: «Für die allermeisten Schweizer Katholikinnen und Katholiken ist Homosexualität absolut normal», so Nicole Freudiger. Auf Ebene der Bistümer gibt es etwa den Arbeitskreis Regenbogenpastoral im Bistum Basel. Das Netzwerk setzt sich für eine Seelsorge ein, in der Lesben, Schwule aber auch transsexuelle Menschen willkommen sind.Dennoch gibt es immer wieder Skandale, weil sich Traditionalisten gegen Homosexualität aussprechen. So etwa, als der frühere Bischof von Chur, Vitus Huonder, eine Bibelstelle zitierte, welche die Todesstrafe für Homosexuelle fordert.

Gerade bei jüngeren Menschen sorgt ihr Beruf nicht selten für eine Überraschung. «Waaaaas?», sei eine der häufigsten Reaktionen, erzählt die Pfarrerin und lacht. «Wenn ich privat unterwegs bin, glauben mir sehr viele Leute nicht, dass ich Pfarrerin bin.» Und beispielsweise bei Abdankungen erwarteten viele nicht eine junge Frau als Seelsorgerin. «Grundsätzlich ist das mir entgegengebrachte Interesse und Vertrauen aber sehr gross», bilanziert Schwendimann, «und das ist sehr schön.»

Die Leute erwarten oft nicht eine junge Frau als Pfarrerin.
Autor: Priscilla Schwendimann Pfarrerin

Ob ihr das grosse Vertrauen auch hilft, viele Menschen zu mobilisieren? 2020 hat Schwendimann während des Shutdowns einen riesigen Online-Gottesdienst mitorganisiert. Und vor kurzem hat sie über Facebook zu einer Beerdigung aufgerufen, zu welcher sonst niemand gekommen wäre.

Zwanzig Personen erwiesen der verstorbenen Frau ohne Nachfahren die letzte Ehre. Viele andere hätten zu Hause eine Kerze angezündet, erzählt Schwendimann. Sie plant nun eine Adressliste für Freiwillige, die für zukünftige einsame Beerdigungen angerufen werden können.

Schweiz aktuell, 11.03.2021, 19:00 Uhr;

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