Bahnhof Luzern im Frühling 2017: Ein italienischer Eurocity entgleiste bei der Ausfahrt. Der Schaden an der Infrastruktur war gross, Weichen waren kaputt. Die SBB arbeitete mit Hochdruck daran, dass die Züge so schnell wie möglich wieder fahren konnten. Trotzdem war der Bahnverkehr in Luzern vier Tage blockiert. In solchen Momenten sind Ersatzteile gefragt, und die kommen aus dem Kanton Solothurn.
Wenn die SBB oder andere Bahnunternehmen Weichen brauchen, kaufen sie das im Bahntechnik-Center in Hägendorf SO ein. Das Center ist das zentrale Lager der SBB für Schienen und andere Bahntechnik-Teile. In den letzten vier Jahren wurde der Betrieb ausgebaut und modernisiert, für 54 Millionen Franken. Nun hat die SBB das Center eingeweiht.
30'000 Teile für die Bahn
Von der Schraube bis zur ganzen Weiche werden im Bahntechnik-Center 30'000 Teile gelagert. 230 Angestellte arbeiten in Hägendorf. Sie verschicken jährlich 500 Weichen, 450 Signale und 600 Kilometer Schienen in die ganze Schweiz.
«Weichen sind immer Einzelanfertigungen», erklärt Standortleiter Roland Henz. «Eine Weiche besteht aus mehreren 100 bis 1000 Teilen. Beim Zusammenbau muss man genau arbeiten. Die Toleranzen liegen im Millimeterbereich.»
«Amazon» für die SBB
Gelagert ist das Material im Bahncenter auf Paletten mit Rahmen. Jede Palette wiegt rund eine Tonne. Dazu kommen weitere Plätze für grössere und schwerere Teile. Jährlich werden in Hägendorf laut der SBB über 100'000 Tonnen Schienen, Signale und Sicherungsanlagen zusammengebaut. Das leichteste Teil im Lager ist der Kontakt für ein Relais mit zwei Gramm Gewicht.
Daneben gibt es ein weiteres automatisches Lager mit dem sogenannten «Autostore System». Behälter mit bis 30 Kilogramm Inhalt sind aufeinander gestapelt, ohne Zwischenraum. Der Roboter holt einen Behälter nach dem anderen heraus. Dies dauert zwar länger, ist aber sehr platzsparend.
In der Nacht legt der Roboter jene Kisten nach oben, welche am nächsten Tag für Bestellungen gebraucht werden. «Ladenhüter, die wir nur alle zwei Jahre brauchen, sind ganz unten», so Roland Henz.
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Bild 1 von 6. Die Schienen sind auf dem Freigelände des Centers gelagert. Bildquelle: SRF.
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Bild 2 von 6. Trotz der Grösse und des Gewichts: Bei der Arbeit an Weichen geht es um Millimeter. Bildquelle: SRF.
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Bild 3 von 6. Zum Transport auf die Baustelle werden die Weichen auf speziellen Bahnwagen montiert. Bildquelle: SRF.
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Bild 4 von 6. Das automatisierte Hochregallager hat 14'000 Plätze für Paletten. Bildquelle: SRF.
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Bild 5 von 6. Schwere Technik: Jede Palette wiegt bis zu 1.5 Tonnen. Bildquelle: SRF.
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Bild 6 von 6. Das Material wird heute aus dem Lager automatisch angeliefert. Die Mitarbeitenden stellen die Bestellungen für die Auslieferung an einem Ort zusammen. Bildquelle: SRF.
Das Lager funktioniere technisch wie Digitec oder Amazon, meint Henz. Bestellt wird online, die Teile werden automatisch im Hochregallager gesucht, die Lieferung zusammengestellt und per Bahn oder Lastwagen auf die Baustelle geliefert. In der Regel ist das Material in vier Tagen am Ort, bei einer Expresslieferung innerhalb weniger Stunden – in der ganzen Schweiz.
Im Notfall rund um die Uhr
Das neue System sei nicht unbedingt schneller, aber effizienter, so Center-Chef Roland Henz. Früher mussten die Mitarbeitenden das Material im Lager holen, heute wird es automatisch aus dem Lager geliefert. Das neue Hochregallager brauche auch weniger Platz.
Komplexere Bestellungen wie Weichen oder Signale werden in Hägendorf mit Teilen aus dem Lager zusammengebaut und dann verschickt. Schier jedes Signal sei ein Unikat, meint Henz.
Es gebe auch einen Pikettdienst rund um die Uhr: «In der Regel dauert eine Bestellung drei Monate. Wenn es ein Notfall ist, dann liefern wir eine Weiche in etwa 60 Stunden montiert auf die Baustelle.» Für den Bahnhof Luzern wurden nach der Entgleisung eines Zugs 2017 in vier Tagen fünf neue Weichen hergestellt.