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Abtreibungen in der Schweiz sind erst seit 20 Jahren wirklich legal
Aus SRF 4 News aktuell vom 25.06.2022. Bild: Keystone/Archiv
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Nach Abtreibungsurteil in USA Wie ist das Abtreibungsrecht in der Schweiz geregelt?

Andere europäische Länder seien liberaler, sagt eine Rechtsprofessorin mit Vertiefung auf Reproduktionsmedizin.

In den USA gibt es künftig 50 unterschiedliche Abtreibungsgesetze, also in jedem Bundesstaat ein eigenes und teilweise bis hin zu einem faktischen Abtreibungsverbot. In der Schweiz ist das anders – hier gibt es mit der sogenannten Fristenlösung ein nationales Recht, das Abtreibungen regelt.

Dieses gilt schon seit 20 Jahren. Allerdings ist das Abtreibungsrecht in der Schweiz im europäischen Vergleich eher streng. Hierzulande darf eine Frau bis zur 12. Schwangerschaftswoche legal abtreiben, ohne explizit einen Grund dafür liefern zu müssen.

Schweiz hinkt hinterher

Andere europäische Länder seien da liberaler, sagt Rechtsprofessorin Andrea Büchler von der Universität Zürich (UZH). Die Expertin im Bereich Reproduktionsmedizin erklärt: «In einigen Ländern ist der straflose Abbruch zum Beispiel bis zur Lebensfähigkeit des Fötus möglich.»

In einigen Ländern ist der straflose Abbruch bis zur Lebensfähigkeit des Fötus möglich.
Autor: Andrea Büchler UZH-Rechtsprofessorin

Das wäre bis etwa zur 24. Schwangerschaftswoche. Büchler sagt: «Das geht zum Beispiel in den Niederlanden oder in Island und bis zur Aufhebung von Roe versus Wade auch in den USA.»

In der Schweiz sind Abtreibungen nach der 12. Woche nur noch möglich, wenn die schwangere Frau einen klaren medizinischen oder sozialmedizinischen Grund dafür angeben kann.

Früher gab es auch Gefängnisstrafen

Je länger die Schwangerschaft andauert, desto gewichtiger müssen diese Gründe sein. Vor der Fristenlösung vor 20 Jahren war eine Abtreibung in der Schweiz von Tag eins der Schwangerschaft nur mit einer grossen gesundheitlichen Gefährdung der Frau möglich.

«Der Schwangerschaftsabbruch war vor der Einführung der Fristenregelung grundsätzlich strafbar, mit einer Gefängnisstrafe», sagt Büchler dazu. Unter diesem Blickwinkel sei die Fristenlösung natürlich eine Errungenschaft. Eine, die nicht unbedingt zu mehr Abtreibungen führte.

Juso-Präsidentin Ronja Jansen und weitere Teilnehmerinnen einer Kundgebung halten Plakate.
Legende: Auch in der Schweiz finden zum Abstimmungsrecht immer wieder Demonstrationen statt, wie hier am 7. Mai 2022 auf dem Bundesplatz in Bern. Keystone

Die Abtreibungsrate sei nämlich stark an gesellschaftliche Faktoren gebunden, so Büchel, wie zum Beispiel: «Wie ist der Zugang zu Verhütung, wie ist die Stellung der Frau innerhalb einer Gesellschaft, wie sieht es mit Familien- und Sexualmoral aus.»

Immer weniger Abtreibungen in der Schweiz

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Spannend ist die statistische Aufarbeitung – die Zahlen vom Bund gehen bis ins Jahr 2004 zurück. Seit da und bis heute ist die Zahl der Abtreibungen ungefähr gleich geblieben. Sie liegt jeweils bei etwa 10'000 bis 11'000 Abtreibungen pro Jahr.

Diese Ziffern sind konstant, obwohl die Zahl der Einwohnerinnen und Einwohner in dieser Zeit massiv zugenommen hat. Das heisst, es gibt heute prozentual gesehen weniger Abtreibungen als noch vor gut 15 Jahren.

Am stärksten ist der Rückgang bei der jüngsten erfassten Altersgruppe zu sehen. Bei den 15- bis 19-Jährigen waren es vor 15 Jahren rund 1100 Abtreibungen. Heute sind es noch 700.

«Ist es möglich, ein Kind zu haben, auch wenn keine Ehe vorliegt oder wird das gesellschaftlich geächtet», sagt Büchel weiter. So zeigten zahlreiche Studien: Je liberaler das Abtreibungsgesetz sei, desto offener wäre auch die Gesellschaft bezüglich Aufklärung und eben desto weniger Abtreibungen gebe es.

Video
Aus dem Archiv: Andrea Büchler zum Verbot der Leihmutterschaft
Aus Kultur Extras vom 27.09.2013.
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SRF 4 News, 25.06.2022, 06:00 Uhr

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