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Nach der Trennung Bundesgericht: Soziale Beziehung reicht nicht für Besuchsrecht

  • Das Bundesgericht hat einer Frau kein Besuchsrecht für die Tochter ihrer Ex-Partnerin zugesprochen.
  • Das Kind wurde mit einer Samenspende gezeugt. Die Frauen waren damals getrennt, lebten aber mit ihrem gemeinsamen Sohn im gleichen Haushalt.
  • Die Vorinstanzen hatten die Forderung ebenfalls abgelehnt, weil die Frau keinerlei rechtliche Beziehung zum Kind hat.

Beim Gerichtsfall ging es konkret um ein lesbisches Paar, das mithilfe eines Samenspenders zwei Kinder bekam. Dabei trug jede Frau ein Kind aus. Die jeweils andere sollte das nicht-leibliche Kind adoptieren. Beim Sohn klappte das, doch bei der Tochter war es bereits zu spät: Das Paar hatte sich getrennt.

Die leibliche Mutter der Tochter verweigerte der Ex-Partnerin die Adoption. Diese verlangte ein Besuchsrecht. Bei den Vorinstanzen kam sie nicht durch, weshalb der Fall vor dem Bundesgericht landete.

Erwachsene hält Kind in Latzhose an der Hand im Park.
Legende: Den Bundesgerichtsentscheid fällten fünf Richter. Es war keine Richterin im Gremium dabei. Getty Images / Oscar Wong

Das Bundesgericht hat nun mit drei zu zwei Stimmen entschieden, dass keine ausserordentlichen Umstände vorliegen, die der Frau ein Recht auf die Pflege des Kontakts zum Mädchen einräumen würden. Ihre soziale Beziehung wurde nicht als derart eng erachtet. Und weil die beiden Mütter zerstritten seien, liege ein Besuchsrecht folglich nicht im Interesse der Tochter, so die Richter.

Detail wird zum Verhängnis

Das Gericht bezieht sich zwar auf einen früheren Leitentscheid, wonach ein Besuchsrecht stets im Interesse des Kindes liege, wenn es im Rahmen eines Familienprojekts gezeugt wurde und auch wenn die Eltern zerstritten sind. Doch im konkreten Fall wird der nicht-leiblichen Mutter ein Detail im Sachverhalt zum Verhängnis: Sie war zunächst gegen die Zeugung der Tochter.

Kurzeinschätzung von Gerichtskorrespondentin Sibilla Bondolfi:

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«Gerade im Hinblick auf den früheren Leitentscheid kommt das heutige Urteil eher überraschend. Die Begründung des Bundesgerichts, dass es sich nicht um ein gemeinsames Familienprojekt gehandelt habe, auch wenn wenige Zeit später der Wille zu einer gemeinsamen Elternschaft bestanden habe, wirkt etwas merkwürdig. Schliesslich wollen auch in heterosexuellen Beziehungen nicht immer beide Elternteile von Anfang an ein zweites Kind, ändern dann aber noch ihre Meinung.

Der Fall zeigt, wie das Schweizer Recht Co-Eltern und ihre Kinder in Regenbogenfamilien bisher nicht gut genug geschützt hat. Es wird zwar nachgebessert, aber von den neuen Regelungen profitieren nur Neu-Eltern.»

Eine Mehrheit der Richter schlussfolgern daraus, dass kein Familienprojekt bestanden habe, sondern die Zeugung der alleinige Wille der leiblichen Mutter gewesen war. Dies, auch wenn zu einem späteren Zeitpunkt zweifellos der Wille zu einer gemeinsamen Elternschaft bestanden habe: Die nicht-leibliche Mutter war bei der Zeugung und Geburt dabei und wohnte noch zwei Jahre mit ihrer Ex-Partnerin und deren Tochter sowie mit dem gemeinsamen Sohn zusammen.

SRF 4 News, 26.6.2025, 16 Uhr ; 

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