Ausnahmezustand in Bundesbern: Die Zölle von 39 Prozent konnten nicht mehr abgewendet werden. Auch die kurzfristig angesetzte Reise nach Washington brachte keinen Erfolg. Am Morgen ist der Bundesratsjet mit Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter und Wirtschaftsminister Guy Parmelin am Flugplatz Bern-Belp gelandet. Am Nachmittag luden die Bundesräte zur Pressekonferenz. Auch die Parteien haben sich zum Misserfolg geäussert – und Pläne für den Wirtschaftsstandort geschmiedet.
SVP will Unternehmen entlasten: Sie kritisiert den Bundesrat für seine «vernachlässigte Wirtschaftspolitik» gegenüber den USA. Um Schaden abzuwenden, brauche es den Abschluss weiterer Freihandelsabkommen, sofortige Entlastungen für die Wirtschaft und die Fortsetzung der Verhandlungen. Die SVP stellt sich als einzige Partei gegen die Kurzarbeitsentschädigung für Unternehmen. «Wir haben Fachkräftemangel in der Schweiz, seitenweise Inserate, in denen Fachkräfte gesucht werden. Wir werden noch mehr Leute aus der EU in die Schweiz holen, um den Fachkräftemangel decken zu können, anstatt uns an Wirtschaftszweigen zu bedienen, denen es nicht mehr läuft», sagt Parteipräsident Marcel Dettling.
Mitte erwägt Gegenmassnahmen: Sie will, dass der Bundesrat «verhältnismässige Gegenmassnahmen» prüft – etwa Zölle auf bestimmte US-Güter oder eine Beschwerde bei der Welthandelsorganisation (WTO). Auch eine vorübergehende Aussetzung der OECD-Mindeststeuer soll laut Partei erwogen werden, um die Exportwirtschaft zu entlasten. Von Forderungen nach einer Stornierung der F-35-Kampfjet-Bestellung hält die Mitte nichts. In Krisenzeiten solle in die Zukunft investiert werden.
FDP will Freihandel forcieren: Sie spricht sich für weitere Verhandlungen mit den USA aus, warnt aber vor Illusionen. Mit der aktuellen US-Regierung fehle es an Planbarkeit. Die Partei fordert ebenso den Abschluss neuer Freihandelsabkommen, gemeinsam mit der SVP auch die vorübergehende Aussetzung der OECD-Mindeststeuer und einen soliden Staatshaushalt. Gegenzölle lehnt sie ab – diese schadeten der Schweiz mehr, als sie nützten.
SP für stärkere Anlehnung an EU: SP-Co-Präsident Cédric Wermuth will Gegenmassnahmen und diese auch gleich umsetzen: «Es braucht drei Punkte. Erstens eine Klärung mit den Sozialpartnern: Was brauchen wir innenpolitisch für Stützungsmassnahmen? Zweitens eine Beschleunigung der Annäherung an die Europäische Union und drittens Gegenmassnahmen, zum Beispiel die Aufkündigung des F35-Kaufs.»
Grüne wollen Digitalsteuer: Sie verlangen eine Neuausrichtung der Aussenwirtschaftspolitik: Weg von den USA, hin zur EU. Letztere sei die «verlässlichste Partnerin». Die Zusatzzölle wertet die Partei als Folge «bürgerlichen Scheiterns». Sie fordert als Reaktion unter anderem eine Digitalsteuer für US-Tech-Konzerne und den Verzicht auf den F-35-Kampfjet. Zudem soll der Bundesrat die EU-Verhandlungen rasch abschliessen und auf das Sparprogramm verzichten.