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Nach Unterschriftenskandal Diese Regeln sollen beim Sammeln von Unterschriften gelten

Die Bundeskanzlei schlägt einen Verhaltenskodex für die Unterschriftensammlung vor. Sanktionen sind nicht vorgesehen.

Darum geht es: Nach dem Unterschriftenskandal 2024 setzte die Bundeskanzlei einen runden Tisch ein. Vertreterinnen und Vertreter von Initiativkomitees, Sammelorganisationen, Parteien und Behörden arbeiteten in diesem Rahmen unter anderem einen Verhaltenskodex aus. Diesen hat die Bundeskanzlei nun zur Konsultation veröffentlicht. Der Kodex richtet sich an die Akteure in Unterschriftensammlungen, also etwa Initiativkomitees, Parteien, Organisationen, Behörden und kommerzielle Sammelfirmen. Er umfasst Standards und gute Praktiken zur Unterschriftensammlung, ist rechtlich aber nicht verpflichtend.

Das ist der Unterschriftenskandal

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Im Jahr 2024 haben sich Meldungen zu möglicherweise gefälschten Unterschriften verdichtet. Im September 2024 hat eine Recherche der Tamedia-Zeitungen dann das mutmassliche Ausmass der Fälschungen publik gemacht.

Kommerzielle Anbieter für Unterschriftensammlungen sollen im grossen Stil Unterschriften gefälscht haben. Gefälschte Unterschriften wurden gemäss der Recherche bei rund einem Dutzend Initiativen gefunden. Besonders ausgeprägt scheint das Problem in der Westschweiz. Viele Sammelorganisationen haben ihren Sitz im Kanton Waadt. Die Bundesanwaltschaft hat inzwischen mehrere Strafanzeigen eingereicht.

Sammeln nur mit Auftrag: Eine Regel besagt, dass kommerzielle Unterschriftensammler nur dann Unterschriften sammeln dürfen, wenn sie ein Mandat des Initiativkomitees oder der Organisation haben. Im letzten Herbst wurden Vorwürfe laut, wonach einige kommerzielle Sammler Unterschriften zunächst ohne Auftrag gesammelt und Komitees danach zum Kauf dieser Unterschriften gedrängt haben sollen. Kommerzielle Anbieter dürfen gemäss dem Kodex zudem für höchstens drei Volksinitiativen oder Referenden gleichzeitig sammeln.

Eine Frau hält einen Unterschriftenbogen in der Hand
Legende: Im Herbst 2024 wurden Vorwürfe laut, dass kommerzielle Anbieter im grossen Stil Unterschriften gefälscht haben sollen. Inzwischen hat die Bundeskanzlei mehrere Strafanzeigen eingereicht. Keystone / ANTHONY ANEX

Schulungen für Sammlerinnen und Sammler: Weiter müssen bezahlte Unterschriften­sammlerinnen und -sammler vor ihrem ersten Einsatz an einer Schulung teilnehmen und zum Inhalt des Volksbegehrens unterrichtet werden; dafür müssen die kommerziellen Sammelfirmen sorgen. Die Sammlerinnen und Sammler sollen zudem im Stunden-, Tage- oder Monatslohn bezahlt werden und nicht nach der Anzahl gesammelter Unterschriften.

Erkennbarkeit: Wenn jemand für das Unterschriftensammeln bezahlt wird, muss dies zudem erkennbar sein. So muss die Person beispielsweise einen Badge mit dem Logo und dem Namen der kommerziellen Sammelfirma tragen. Auch auf der Unterschriftenliste soll dies vermerkt sein, genauso der Name der Sammlerin oder des Sammlers. Zudem sollen Datum und Ort, an dem die Unterschriften gesammelt wurden, vermerkt sein, damit sie rückverfolgt werden können.

Verschärft die Politik die Spielregeln?

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Im Parlament sind mehrere Vorstösse hängig, die strengere Regeln bei Unterschriftensammlungen fordern. In einer Parlamentarischen Initiative fordert die Grüne-Nationalrätin Greta Gysin etwa, dass für das gewerbsmässige Unterschriftensammeln eine Bewilligungspflicht eingeführt werden soll. Die SP-Nationalrätin Céline Widmer fordert derweil in einer Motion ein grundsätzliches Verbot von bezahlten Unterschriften. Diese Forderung lehnt der Bundesrat ab. National- und Ständerat haben die Vorstösse noch nicht behandelt.

Kritik am Verhaltenskodex: Von verschiedenen politischen Seiten wird der Nutzen des Verhaltenskodex infrage gestellt. FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen sagt, der Kodex sei eine «typische Überreaktion». Der Missbrauch sei im letzten Sommer schliesslich ans Licht gekommen, es bestehe daher kein weiterer Handlungsbedarf. «Die Bundeskanzlei kann den Missbrauch von Unterschriften auch ohne diesen Kodex ahnden», so Wasserfallen. Greta Gysin, Nationalrätin der Grünen, glaubt ebenfalls nicht, dass der Kodex viel bringt. «Jene Organisationen, die schon heute verantwortungsvoll Unterschriften sammeln, halten sich sowieso an den Kodex, der eigentlich nichts anderes ist als gesunder Menschenverstand.» Und jene, die schon heute das Gesetz brechen, würden es nicht aufgrund eines Verhaltenskodex nicht mehr tun, solange keine Sanktionen vorgesehen seien. Im Gegensatz zu Christian Wasserfallen findet Greta Gysin jedoch, die Unterschriftensammlung müsse strenger reguliert werden. «Wenn man die bezahlte Unterschriftensammlung nicht verbieten will, muss man sie zumindest gesetzlich regulieren.»

Echo der Zeit, 10.6.2025, 18 Uhr; sten

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