Favorit 1, der Überflieger: Der junge Zürcher Nationalrat Andri Silberschmidt ist erneut in der Poleposition. Bereits vor vier Jahren wurde er schnell als Spitzenkandidat für die Nachfolge von Petra Gössi gehandelt – und sagte ab. Der Sozialpolitiker gehört zum Pro-EU-Flügel seiner in der Europafrage gespaltenen Partei.
In den Ferien will er überlegen, Gespräche führen. Der Neo-Vater ist seit Jahren im Parteivorstand, derzeit als Vizepräsident. Vielleicht strebt er deshalb eher ein Exekutivamt im Zürcher Regierungsrat an. Aber wenn er Parteipräsident werden will, dürfte ihn so schnell niemand stoppen. Höchstens sein halbjähriger Sohn.
Favorit 2, der Konkurrent: Ein weiterer interessierter Anwärter ist der 40-jährige Luzerner Ständerat Damian Müller. Auch er ist ein früher Politsenkrechtstarter. 2021 wollte er wie Silberschmidt noch nicht antreten. Er gilt als einer der Köpfe hinter dem an der Urne gescheiterten CO₂-Gesetz. Müller engagiert sich in wichtigen Dossiers von Energie- über Europa- bis Sozialpolitik. In EU-Fragen ist er progressiver unterwegs als Noch-Präsident Burkart. Bei einigen Themen stützt er dessen Kurs. Die integrative Schule etwa will er abschaffen. Und er trägt das Papier zum härteren Migrationskurs der FDP mit.
Favoritin 3, die «Linke»: Auch die St. Galler Nationalrätin Susanne Vincenz-Stauffacher sitzt immer wieder auf dem Kandidatinnenkarussell. Jetzt überlegt die 58-Jährige erneut. Mit der Volksinitiative zur Individualbesteuerung hat sie sich eben erst profiliert. Vom Aufgleisen bis zum knappen Reüssieren im Parlament hat Susanne Vincenz-Stauffacher die Steuergerechtigkeitsinitiative stark geprägt. Die Abschaffung der Heiratsstrafe ist eine steuerliche Gleichstellungsreform. Die frühere Präsidentin der FDP-Frauen wird als eher links politisierende Parlamentarierin wahrgenommen. Das dürfte in der aktuellen Gemengelage ein Nachteil sein.
Mittlere Chancen 1, der Positive: Benjamin Mühlemann hat Lust auf das Amt, das ist ihm anzumerken. Doch nicht viele hatten den 46-jährigen Glarner FDP-Ständerat auf dem Radar. Der langjährige Regierungsrat sitzt auch erst seit gut eineinhalb Jahren im Ständerat. Diese noch kurze Erfahrung auf dem nationalen Politparkett dürfte ein Handicap sein für das Amt an der FDP-Spitze. Der ausgebildete Journalist und Kommunikationsberater bezeichnet sich als «durch und durch liberal». Als möglicher FDP-Präsident möchte er die Debattenkultur in der Schweiz zu verbessern helfen und eine konstruktive, optimistische Stimme hineinbringen.
Mittlere Chancen 2, der logische Erbe? Als Fraktionschef wäre der 50-jährige Neuenburger Nationalrat Damien Cottier prädestiniert, wie bei der Mitte-Partei vom Fraktionspräsidium ins höchste Parteiamt aufzusteigen. Cottier könnte aber auch Bundesratsambitionen hegen. Nachdem die SVP 2023 die FDP als stärkste bürgerliche Kraft in der Romandie überholt hatte, gab es Rufe nach einer FDP-Persönlichkeit, die in der Westschweiz sprachlich präsenter sein könnte. Damien Cottier spricht auch sehr gut Deutsch. Ob er über eine Kandidatur fürs Parteipräsidium nachdenkt, ist offen. Er werde zu gegebener Zeit später in diesem Sommer informieren, schreibt er aus den Ferien.