Zum Inhalt springen

Nachfolge für SVP-Präsidium Kandidatenfeld bleibt eine Blackbox

Auffällig ist es schon. Da suchen die beiden grössten Parteien der Schweiz eine neue Parteispitze – die SVP und die SP, die beide bei den Wahlen verloren haben, wenn auch die SVP einiges mehr. Sie sind also in der gleichen Situation.

Aber die Art und Weise, wie sie nach dieser neuen Parteispitze suchen, könnte unterschiedlicher nicht sein. Die Sozialdemokraten haben vor Wochenfrist die erste Phase der Kandidatenkür abgeschlossen. Zwei Pärchen stehen sich gegenüber und touren dann im März durchs Land, um sich bei der Parteibasis zu bewerben mit ihrer Vorstellung, wie die SP in die Zukunft geführt werden müsste. Ganz anders die SVP. Zwar ist auch hier die erste Frist abgelaufen.

Offiziell ist nur Heer im Rennen

Die Kantonalparteien konnten Anwärterinnen und Anwärter offiziell melden. Getan haben das nur die Zürcher mit Alfred Heer. Trotzdem bleibt das Kandidatenfeld eine Blackbox. Diverse haben sich offenbar informell gemeldet oder werden von der Findungskommission vielleicht zurück ins Rennen geholt. Vielleicht der Schwyzer Marcel Dettling oder der Luzerner Franz Grüter.

Und bei der SVP ist ein Nein eines Anwärters kein Nein. Es gibt auch das vorläufige Nein, das Nein auf Zeit, das Nein, bis man gefragt wird. So kann man die scheinbar einfache Frage, wie viele jetzt eigentlich SVP-Präsidentin oder -Präsident werden wollen, schlicht nicht beantworten. Und das soll möglichst lange – bis einen Tag vor der entscheidenden Versammlung – so bleiben.

So lange will sich die Findungskommission aus altgedienten und linientreuen SVP-lern beraten und dann den Delegierten Ende März einen, allenfalls zwei Namen vorschlagen. Wie viel Einfluss der Partei-Doyen und -Financier Christoph Blocher auf das Auswahlverfahren nimmt, darüber gibt es verschiedene Darstellungen. Er selber sagt mit der ihm in solchen Zusammenhängen eigenen Art, er würde schon helfen, wenn man ihn frage.

Festhalten am Modell der SVP

Unbestritten ist: Seine Meinung hat Gewicht, und sie ist bekannt. Da braucht er sie manchmal gar nicht erst zu äussern. Bei der SVP gibt es also statt einem öffentlichen Bewerbungsverfahren eine Art Assessment hinter verschlossenen Türen für eine Partei, die in der Politik gerne Dunkelkammern und Hinterzimmer-Deals anprangert. Das mag überraschen, aber es passt zur SVP der letzten Jahrzehnte. Es war Blocher, der die SVP zu dem machte, was man überspitzt eine Kaderpartei nennen könnte. Mit einer Führung, die intern zwar diskutiert, aber nach aussen möglichst geschlossen auftritt.

Wer ausschert, wird geduldet, aber er wird in der Partei keine Rolle mehr spielen. So entstand eine Partei mit einem klaren unverwechselbaren Kurs. Der Lohn waren Wahlerfolge immer und immer wieder bis letzten Herbst. Trotzdem versucht es die Partei noch einmal nach altem Vorbild. Die Parteispitze präsentiert der Parteibasis ihren Wunschkandidaten. Und auch wenn die Kandidatensuche diesmal wirkt, als sei es eine mühsame Sache, gibt es keine Kritik am Verfahren. Damit das Modell SVP innerhalb der SVP infrage gestellt wird, bräuchte es offensichtlich mehr als eine Wahlniederlage.

Rendez-vous, 03.02.2020, 12.30 Uhr

Curdin Vincenz

Bundeshausredaktor

Personen-Box aufklappen Personen-Box zuklappen

Curdin Vincenz arbeitet seit 1998 für SRF. Seit 2016 berichtet er über das Geschehen im Bundeshaus – mehr als fünf Jahre für das Radio und seit Juni 2022 für das Fernsehen. Zuvor war er unter anderem als Regionalkorrespondent in Zürich und als Moderator der Radiosendung «Rendez-vous» tätig. Er hat an der Universität Bern Geschichte und Politikwissenschaft studiert.

Meistgelesene Artikel