Als Gerhard Pfister Ende letzten Jahres seinen Rücktritt als Mitte-Präsident per Juni ankündigte, löste das in der Partei ein kleines Beben aus. Etliche Kandidatinnen und Kandidaten sagten ab. Bei den restlichen Parteien sorgte das zuweilen für Kopfschütteln oder gar Spott.
Jetzt, nur wenige Monate später, steht die FDP nach dem Rücktritt von Thierry Burkart vor ähnlichen Problemen. Jüngst haben der Luzerner Ständerat Damian Müller, der als Kronfavorit galt, sowie der Zürcher Nationalrat Andri Silberschmidt abgesagt. Übrig bleiben nicht mehr viele.
Das sind die möglichen Nachfolger von Thierry Burkart
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Bild 1 von 9. Kandidatur offen. Susanne Vincenz-Stauffacher: Die St. Galler FDP-Nationalrätin überlegt sich eine Kandidatur (Stand: 18. August). Sie machte sich einen Namen, indem sie die Individualbesteuerungs-Initiative lancierte. Bildquelle: KEYSTONE/Anthony Anex.
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Bild 2 von 9. Kandidatur offen. Benjamin Mühlemann: Glarner FDP-Ständerat. Der ehemalige Glarner Regierungsrat und Landammann ist erst seit eineinhalb Jahren im Ständerat und dort als Finanzpolitiker aufgefallen. Bildquelle: KEYSTONE/Alessandro della Valle.
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Bild 3 von 9. Kandidatur offen. Damien Cottier: Der Neuenburger FDP-Nationalrat und Fraktionspräsident sagt zwar, die FDP brauche eher eine Deutschschweizer Führung, eine Kandidatur sei aber nicht ausgeschlossen. Bildquelle: KEYSTONE/Anthony Anex.
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Bild 4 von 9. Hat abgesagt. Damian Müller: Der Luzerner FDP-Ständerat zögerte lange, erklärte jedoch jüngst, dass er eher als Brückenbauer innerhalb der Partei fungieren wolle. Bildquelle: KEYSTONE/Peter Schneider.
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Bild 5 von 9. Hat abgesagt. Andri Silberschmidt: Zürcher FDP-Nationalrat und mit 31 noch sehr jung. Das Amt des Parteipräsidenten komme für ihn denn auch noch zu früh, erklärte der Vater eines sieben Monate alten Sohnes jüngst. Bildquelle: KEYSTONE/Peter Klaunzer.
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Bild 6 von 9. Hat abgesagt. Maja Riniker: Die Aargauerin amtete bis im Dezember als Nationalratspräsidentin. Anfang Juli sagte die 47-Jährige zur Nachrichtenagentur Keystone-SDA, dass sie nicht fürs FDP-Präsidium zur Verfügung stehe. Bildquelle: KEYSTONE/Alessandro della Valle.
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Bild 7 von 9. Hat abgesagt. Christian Wasserfallen: Der 44-jährige Berner Nationalrat sagte gegenüber CH Media ab. «Ich war Vizepräsident in der Ära Müller. Ich werde mich nicht um Thierry Burkarts Nachfolge bewerben», liess er verlauten. Bildquelle: KEYSTONE/Peter Klaunzer.
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Bild 8 von 9. Hat abgesagt. Andrea Caroni: Der Ausserrhoder Ständerat möchte die Nachfolge von Burkart laut den CH-Media-Zeitungen nicht antreten. Er habe sich unter anderem wegen familiärer Prioritäten und seiner Rolle als Ständerat dagegen entschieden, da er zuweilen von der Parteilinie abweiche – was sich ein Parteipräsident weniger erlauben könne. Bildquelle: KEYSTONE/Anthony Anex.
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Bild 9 von 9. Hat abgesagt. Bettina Balmer: Die Zürcher Nationalrätin sitzt seit 2023 in der grossen Kammer und übernahm erst diesen Frühling das Präsidium der FDP Frauen. Zum «Blick» sagte die 59-Jährige, dass sie auf eine Kandidatur verzichte. Bildquelle: KEYSTONE/Alessandro della Valle.
Am Mittwoch endet die Bewerbungsfrist bei der Findungskommission der FDP. Die Partei will dann kommunizieren.
Das Parteipräsidium: ein Knochenjob
Die FDP ist nicht die einzige Partei, die Mühe bekundet mit der Besetzung einer neuen Leitung. Erst der Walliser Nationalrat Philipp Matthias Bregy erlöste die Mitte von ihren Personalnöten und übernahm das Präsidium. Bei der SVP wollte nach dem Rücktritt von Marco Chiesa nicht wirklich Spannung aufkommen – am Schluss übernahm Kronfavorit Marcel Dettling. Und bei der SP ist ein Co-Präsidium am Werk.
Laut dem Politologen Lukas Golder handelt es sich bei einem Parteipräsidium um das «härteste Milizamt» der Schweiz. Man sei «Tag und Nacht, 365 Tage im Jahr, im Wahlkampf». Und das, obwohl es sich um ein Ehrenamt handelt.
Zwölf Jahre lang, von 1989 bis 2001, leitete Franz Steinegger aus dem Kanton Uri die Geschicke der FDP. Er sagt, dass die Parteiexponentinnen und -exponenten sich jüngst zu wenig inszeniert hätten. «Die FDP hatte in letzter Zeit das Problem, dass man nicht viele Gesichter gesehen hat.» Was dabei helfen würde: Zwei Gesichter statt eines.
Co-Präsidium wäre eine Premiere
Nach den jüngsten Absagen richtet sich der Blick bei der FDP auf das Ostschweizer Duo Susanne Vincenz-Stauffacher und Benjamin Mühlemann. Politologe Lukas Golder hält ein Co-Präsidium durchaus für denkbar – obwohl die FDP mit der Tradition brechen würde: «Die FDP ist nicht gerade bekannt dafür, neue Führungsmodelle auszuprobieren.»
Man kann man schneller Impulse setzen und der anderen Person auch einmal Auszeiten gönnen, sodass sie nicht immer so exponiert ist.
Das Modell würde Chancen bieten – vor allem bei der medialen Präsenz: «In diesem Dauer-Wahlkampf kann man schneller Impulse setzen und der anderen Person auch einmal Auszeiten gönnen, sodass sie nicht immer so exponiert ist.»
Gelingt der Partei der Turnaround?
Auf die FDP kommen laut dem Politologen grosse Herausforderungen zu. Der konservative Zeitgeist mache es liberalen Parteien derzeit überall schwer – auch der FDP in der Schweiz. Zudem stehe der zweite FDP-Sitz im Bundesrat zur Disposition, sollte die Mitte weiter zulegen. «Das ist eine unglaublich harte Ausgangslage für die Partei», so Golder.
Lukas Golder findet, die FDP müsse lauter und sichtbarer werden. In der heutigen Medienwelt müsse die Partei «schneller, digitaler und vernetzter» agieren – auch wenn das weniger Kohärenz bedeute. Dazu gehöre auch, sich gelegentlich vom Bundesrat abzugrenzen. Emotionen gewännen gegenüber Ideologie an Bedeutung, was für eine staatstragende Partei herausfordernd sei – «aber die FDP ist auf dem Weg».
Der Experte mahnt dennoch zur Geduld. Ein Turnaround für die Partei lasse sich nicht bis zu den nächsten Wahlen in zwei Jahren bewerkstelligen – sondern «frühestens in sechs Jahren».