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Nachfolge Thierry Burkart Die Suche nach einer FDP-Spitze harzt – die Gründe

Wenig Salär, viel Aufwand und Angriffsfläche: Der Posten scheint unattraktiv. Jetzt rückt die Co-Leitung in den Fokus.

Als Gerhard Pfister Ende letzten Jahres seinen Rücktritt als Mitte-Präsident per Juni ankündigte, löste das in der Partei ein kleines Beben aus. Etliche Kandidatinnen und Kandidaten sagten ab. Bei den restlichen Parteien sorgte das zuweilen für Kopfschütteln oder gar Spott.

Jetzt, nur wenige Monate später, steht die FDP nach dem Rücktritt von Thierry Burkart vor ähnlichen Problemen. Jüngst haben der Luzerner Ständerat Damian Müller, der als Kronfavorit galt, sowie der Zürcher Nationalrat Andri Silberschmidt abgesagt. Übrig bleiben nicht mehr viele.

Das sind die möglichen Nachfolger von Thierry Burkart

Am Mittwoch endet die Bewerbungsfrist bei der Findungskommission der FDP. Die Partei will dann kommunizieren.

Das Parteipräsidium: ein Knochenjob

Die FDP ist nicht die einzige Partei, die Mühe bekundet mit der Besetzung einer neuen Leitung. Erst der Walliser Nationalrat Philipp Matthias Bregy erlöste die Mitte von ihren Personalnöten und übernahm das Präsidium. Bei der SVP wollte nach dem Rücktritt von Marco Chiesa nicht wirklich Spannung aufkommen – am Schluss übernahm Kronfavorit Marcel Dettling. Und bei der SP ist ein Co-Präsidium am Werk.

Drei Männer sitzen an einem Tisch bei einer Veranstaltung, einer macht ein Foto.
Legende: Auch Thierry Burkart selbst dürfte sich im Moment fragen, wer seine Nachfolge antreten wird (Bild: 19.10.2024) KEYSTONE / Ti-Press / Alessandro Crinari

Laut dem Politologen Lukas Golder handelt es sich bei einem Parteipräsidium um das «härteste Milizamt» der Schweiz. Man sei «Tag und Nacht, 365 Tage im Jahr, im Wahlkampf». Und das, obwohl es sich um ein Ehrenamt handelt.

Das waren die FDP-Spitzen der letzten 25 Jahre

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  • Gerold Bührer (2001 bis 2002): Der Schaffhauser Nationalrat war im Herbst 2001 ins Amt gewählt worden. Kurz darauf stolperte er aber über einen Skandal: Die Schweizerische Rentenanstalt (heute Swiss Re und Swiss Life) musste im Frühjahr 2002 massive Falschbuchungen und geheime Konti publik machen. Bührer sass im Verwaltungsrat. Er zog die politischen Konsequenzen und trat von seinem Amt als FDP-Präsident zurück.
  • Christiane Langenberger (2002 bis 2004): Mit der Waadtländerin wurde zum ersten Mal in der langen Geschichte der Partei eine Frau zur Parteipräsidentin gewählt. Ihre Amtszeit dauerte allerdings nur 15 Monate. Bei den Wahlen 2003 schnitt der stolze Freisinn schlecht ab. Es wurde Kritik an Langenberger laut, die vielen als zu links galt. Sie zog die Konsequenzen und trat zurück.
  • Rolf Schweiger (2004): Auf Langenberger folgte im April der Zuger Ständerat – doch bereits nach weniger als sechs Monaten trat er wegen eines Burnouts zurück.
  • Marianne Kleiner (2004 bis 2005): Die Vizepräsidentin übernahm ad interim.
  • Fulvio Pelli (2005 bis 2012): «Rückkehr der Linksfreisinnigen» titelte der «Tages-Anzeiger» im August 2005, als Fulvio Pelli das Amt antrat. Während sein Vorgänger Rolf Schweiger als Vertreter des rechtsbürgerlichen Flügels galt, sahen viele im Tessiner einen Befürworter einer stärkeren Öffnung Richtung Europa.
  • Philipp Müller (2012 bis 2016): Nach weiteren Verlusten bei den Wahlen 2011 rückte der Aargauer Nationalrat politisch wieder stärker nach rechts und setzte das Migrationsthema vermehrt ins Zentrum. Aufgrund seines beruflichen Hintergrunds als Gipser galt er zudem als KMU-Vertreter innerhalb der Wirtschaftspartei.
  • Petra Gössi (2016 bis 2021): Im April 2016 wurde die Schwyzerin zur Parteipräsidentin gewählt – nach Christiane Langenberger die zweite Frau in diesem Amt. In Erinnerung blieb vor allem ihr Versuch, die FDP in Umweltfragen neu zu positionieren. Doch die Wahlniederlage 2019 leitete das Ende ihrer Amtszeit ein. Im Juni 2021 trat sie zurück.
  • Thierry Burkart (2021 bis heute): Anfang Juni erklärte der 43-jährige Aargauer, dass er nach vier Jahren an der Parteispitze genug habe.

Zwölf Jahre lang, von 1989 bis 2001, leitete Franz Steinegger aus dem Kanton Uri die Geschicke der FDP. Er sagt, dass die Parteiexponentinnen und -exponenten sich jüngst zu wenig inszeniert hätten. «Die FDP hatte in letzter Zeit das Problem, dass man nicht viele Gesichter gesehen hat.» Was dabei helfen würde: Zwei Gesichter statt eines.

Co-Präsidium wäre eine Premiere

Nach den jüngsten Absagen richtet sich der Blick bei der FDP auf das Ostschweizer Duo Susanne Vincenz-Stauffacher und Benjamin Mühlemann. Politologe Lukas Golder hält ein Co-Präsidium durchaus für denkbar – obwohl die FDP mit der Tradition brechen würde: «Die FDP ist nicht gerade bekannt dafür, neue Führungsmodelle auszuprobieren.»

Man kann man schneller Impulse setzen und der anderen Person auch einmal Auszeiten gönnen, sodass sie nicht immer so exponiert ist.
Autor: Lukas Golder Politologe

Das Modell würde Chancen bieten – vor allem bei der medialen Präsenz: «In diesem Dauer-Wahlkampf kann man schneller Impulse setzen und der anderen Person auch einmal Auszeiten gönnen, sodass sie nicht immer so exponiert ist.»

Gelingt der Partei der Turnaround?

Auf die FDP kommen laut dem Politologen grosse Herausforderungen zu. Der konservative Zeitgeist mache es liberalen Parteien derzeit überall schwer – auch der FDP in der Schweiz. Zudem stehe der zweite FDP-Sitz im Bundesrat zur Disposition, sollte die Mitte weiter zulegen. «Das ist eine unglaublich harte Ausgangslage für die Partei», so Golder.

Lukas Golder findet, die FDP müsse lauter und sichtbarer werden. In der heutigen Medienwelt müsse die Partei «schneller, digitaler und vernetzter» agieren – auch wenn das weniger Kohärenz bedeute. Dazu gehöre auch, sich gelegentlich vom Bundesrat abzugrenzen. Emotionen gewännen gegenüber Ideologie an Bedeutung, was für eine staatstragende Partei herausfordernd sei – «aber die FDP ist auf dem Weg».

Der Experte mahnt dennoch zur Geduld. Ein Turnaround für die Partei lasse sich nicht bis zu den nächsten Wahlen in zwei Jahren bewerkstelligen – sondern «frühestens in sechs Jahren».

Mehr dazu in «10 vor 10»

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Sendelogo der «10vor10»-Serie zu Hochhäusern

Mehr zu diesem Thema sehen Sie heute Abend um 21:50 Uhr in der Sendung «10 vor 10».

SRF4 News, 16.8.2025, 5 Uhr ; 

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