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Neue Wohnformen gesucht Darum scheitert der Umzugswunsch für «Best Ager» oft

Viele Menschen möchten umziehen, verbleiben aber aufgrund mangelnden Angebotes und fehlenden Anreizen in ihrer Wohnung. Warum der Umzugswunsch oft scheitert.

Darum geht es: Wenn die Kinder ausziehen, wird die Wohnung für viele Menschen plötzlich zu gross. Sie wären bereit für neue Wohnformen, werden in der Schweiz jedoch oft nicht fündig. Zu diesem Schluss kommt eine neue Studie der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Wohnungswesen, der Fédération romande immobilière und dem Hauseigentümerverband Schweiz. In der Schweiz verfügen vor allem «Best Ager», also Menschen zwischen 45 und 79 Jahre, tendenziell über mehr Wohnraum als nötig. Diese Gruppe ist oft bereit, auf kleinerem Raum zu leben. Gründe sind etwa der Auszug der Kinder, die Pensionierung oder der Renovierungsbedarf des Eigenheims. Auch eine ruhigere Wohnlage, eine gute Verkehrsanbindung sowie eine günstigere Miete werden oft gewünscht. Laut der Studie fehlen hierzulande aber oft passende Angebote.

Die Bedürfnisse der «Best Ager»: Die «Best Ager» benötigen oft weniger Wohnraum, als sie aktuell haben. «Der eine oder andere denkt darüber nach, noch in die eigene Ferienwohnung zu ziehen und dort einen Teil der Zeit zu verbringen», erklärt der Co-Studienautor Holger Hohgardt. Viele wären somit bereit, ihren Wohnraum zu verkleinern und da komme die Studie zur Erkenntnis, dass die Möglichkeiten fehlten. Sie würden auch deswegen fehlen, weil die Bewohner selbst ihre Situation noch völlig falsch einschätzen würden. «Sie denken ‹Mir geht es gut, ich habe keine Not, ich muss mich nicht verändern›.» Zudem sind auf dem Wohnungsmarkt zu wenig Alternativen zu finden.

Leerer Raum mit Umzugskartons vor einem Fenster.
Legende: In einer Studie der ZHAW wird beleuchtet, warum der Wohnungswechsel zu selten gelingt – und welche Lösungen die Wohnmobilität erhöhen könnten. Keystone/GAETAN BALLY

Aktuelle Hürden: «Die Hürde Nummer eins ist, dass man keine passende bezahlbare Alternative findet», betont Hohgardt. Es fehle an Angeboten für «Best Ager», die bezahlbar seien. Auf der anderen Seite müsste diese Gruppe ihre eigene Situation richtig analysieren. Fragen wie «Was brauche ich eigentlich, oder was will ich?» müssten beantwortet werden. «Für viele ist das so ein schleichender Prozess», erklärt der Co-Studienleiter. Irgendwann entstehe dieses Bedürfnis, sich bezüglich des Wohnraumes zu verkleinern und die Betroffenen entdecken, dass sie auf einmal mehr Freiheiten haben, mehr unternehmen können. «Dieser ‹fresh start› wird nicht richtig vollzogen. Das heisst, selbst die ‹Best Ager› realisieren nicht immer, dass sie jetzt eigentlich wieder mehr Möglichkeiten haben.»

Ideen für höhere Wohnmobilität: Die Möglichkeiten müssten zentraler – näher an der Infrastruktur – sein. Das Serviceangebot und die Dienstleistungen müssten besser erreichbar sein, betont Hohgardt. «Man kann die ‹Best Ager› gut abholen, indem man ihnen Möglichkeiten zum selbstbestimmten Leben aufzeigt.»

Hiesiges Wohnsystem will Stabilität, nicht Veränderung

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In diesem Zusammenhang spielt selbstverständlich das Finanzielle eine Rolle. Heute hat ein Mieter oder eine Mieterin wenig Anreize, die eigene Situation zu verändern, weil die Bestandsmiete oft tiefer ist, als die Miete bei Neumietern. «Finanziell gesehen ist es immer ein Rückschritt, wenn man sich verändern will», bedauert Hohgardt. Ähnlich ist es beim Kauf und Verkauf von Wohneigentum. Da frage man sich schon, ob sich das lohne. «Es lohnt sich nur, wenn man die eigene Lebensqualität mitberücksichtigt und sich sagt: Dafür habe ich mehr Freiheiten und eine höhere Flexibilität», ist Hohgardt überzeugt.

Diese Akteure spielen eine Rolle: Auf dem Wohnungsmarkt müsse einiges geschehen, so Hohgardt weiter. Mittlerweile gibt es zahlreiche soziale Anreize im kulturellen Bereich, die auf diese Gruppe abzielt. Der Immobilienmarkt hat aber noch nicht richtig auf die Gruppe der «Best Ager» reagiert. Hier bestünde Verbesserungspotenzial. «Und das durchaus für beide, für Anbieter und Nachfrager,» betont der Co-Studienautor. Auch mit Blick auf die Behörden: Denn die Gemeinden wollen ja beides, auf der einen Seite möchten sie die Steuerzahler behalten, andererseits möchten sie auch neue Familien unterbringen.

Die ZHAW-Studie im Detail

SRF 4 News, 26.5.2025, 8 Uhr ; 

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