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Öffnen oder nicht öffnen Der Bundesrat hält seinen Kurs

Sofort öffnen! Diktatur! Groteskes Polit-Theater! Nutzlose Symbolpolitik! Im Bundeshaus ist der Ton in dieser Frühlingssession schriller als auch schon, an beiden Enden des politischen Spektrums. «Öffnen oder nicht öffnen», lautet die grosse Streitfrage – und tatsächlich spaltet sie den Nationalrat.

Eine knappe Mehrheit verabschiedete zu Beginn der Session eine Erklärung für eine breite Öffnungsoffensive ab dem 22. März: bei Restaurants, in Kultur und Sport, bei der Homeoffice-Regel, immer unter Einhaltung von Schutzkonzepten.

Die Erklärung des Nationalrats ist nicht verbindlich, aber ein klarer Wink an die Regierung. Nur: Der Bundesrat lässt sich davon nicht beeindrucken. Gewisse Öffnungen will er ermöglichen, aber nur bei guter epidemiologischer Lage. Dass diese sich in den nächsten Tagen verbessert, ist eher unwahrscheinlich, wenn man dem Bundesrat glauben will: Schliesslich spricht er nun selber davon, dass er mit einer dritten Welle rechne.

Wünsche nicht ganz ignoriert

Der Bundesrat fährt also weiter auf Sicht. Er hält damit seinen Kurs, den er bereits vor knapp vier Wochen ankündigte. Bei den Befürwortern einer raschen Öffnung provoziert er damit entsprechend laute Kritik. Ihnen fehlen eine klare Perspektive, konkrete Öffnungstermine, generell: breite Lockerungen.

Über die konkreten Wünsche der Mehrheit des Nationalrats setzt sich der Bundesrat damit hinweg. Ganz ignoriert er sie aber nicht. So denkt er zum ersten Mal in dieser Pandemie zumindest laut über Öffnungsschritte nach, während die Fallzahlen wieder steigen.

Denn die Rahmenbedingungen sind besser als auch schon, dank Massentests und Impfung, wobei die Massentests erst ein Plan sind und die Impfung noch schleppend verläuft. Helfen könnten auch wärmere Temperaturen – und eine zunehmende Immunität in jenen Regionen, in denen das Virus bisher besonders stark wütete.

Der Ton bleibt schrill

Die Kritiker wird das natürlich nicht besänftigen, wenn der Bundesrat in einer Woche auf konkrete Öffnungsschritte verzichtet, weil ihm die Lage zu unsicher erscheint. Just dann wird die Frühlingssession des Parlaments allerdings bereits zu Ende sein. Für sofortige Gegenmassnahmen vonseiten des Parlaments ist es dann zu spät.

Bis dann bleibt allerdings noch eine ganze Woche. Die Töne werden in dieser kommenden dritten Sessionswoche vermutlich nicht viel weniger schrill sein als bis anhin.

Gaudenz Wacker

Bundeshausredaktor, SRF

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Gaudenz Wacker ist SRF-Bundeshausredaktor. Er arbeitete von 2006 bis 2014 beim Regionaljournal Basel, dort zuletzt als Korrespondent für Radio SRF. Er hat in Basel studiert und arbeitete vor seiner Tätigkeit bei SRF an der Universität Basel und für lokale Medien.

Echo der Zeit, 12.03.2021, 18 Uhr

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