Vor rund zwei Jahren hat die Schweizer Stimmbevölkerung mit über 60 Prozent Ja gesagt zur Widerspruchslösung bei den Organspenden. Es braucht künftig ein explizites Nein gegen ein Entnehmen der Organe nach dem Tod. Aktuell gilt die Zustimmungslösung: Wer seine Organe spenden will, muss dazu explizit Ja sagen. So oder so beziehen die Fachleute die Angehörigen in den Entscheid mit ein.
Wie diese Änderungen in den Alltag der Transplantationsmedizin umzusetzen sind, hat der Bundesrat in einer Verordnung festgelegt. Die Vernehmlassung endet heute. Dabei gibt es Kritik aus Kreisen der Medizin.
Spenden oder nicht spenden. Die Frage bleibt. Der Eintrag im Organspenderegister ändert aber in Zukunft. Heute braucht es ein Ja für jene, die ihre Organe nach dem Tod spenden möchten. Künftig braucht es ein Nein für jene, die dies nicht wollen. Wie bisher werden künftig die Angehörigen in diesen Entscheid einbezogen im Sinne des Verstorbenen.
Verordnung «etwas zu kompliziert geraten»
Der Wechsel von der Zustimmungs- zur Widerspruchslösung gelinge mit der Verordnung, schreibt die Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) anerkennend. Dennoch nennt sie Unklarheiten. Die Verordnung wolle alle Möglichkeiten regeln. Das wäre zu kompliziert. Es gebe deshalb Bedenken zur praktischen Umsetzung, erklärt Intensivmediziner und SAMW-Vorstand, Professor Miodrag Filipovic: «Die Abläufe der Abklärung des Widerspruchs sind aus unserer Sicht etwas zu kompliziert geraten. Wir würden uns da etwas mehr Praktikabilität erhoffen.» Die Abläufe seien bereits eingespielt, die Verordnung baue zusätzliche Schritte ein, so Filipovic weiter.
Elektronische Identität frühestens 2026 bereit
Auch die Stiftung Swisstransplant kritisiert die Vorlage. Ihre Bedenken zielen auf das neue Register des Bundes, das künftig das Nein im Fall eines Widerspruchs festhalten soll, und Spendeentscheide, die bestimmte Organe betreffen. Denn das neue Register soll für die Spitäler zugänglich werden. Aus Sicht von Swisstransplant ist das zu aufwendig und zu teuer für die Spitäler. Fraglich sei auch, ob die sensiblen Daten sicher seien. Direktor Franz Immer sagt: «Es ist wichtig, dass das datenschutzkonform und sicher ist. Offenbar allerdings muss das an die elektronische Identität E-ID geknüpft werden. Und das führt zu Verzögerungen, die natürlich aus Sicht von betroffenen Patientinnen und Patienten schwierig sind.»
Die elektronische Identität ist frühestens im Jahr 2026 bereit. Derzeit gibt es kein Organspenderegister, was den Alltag in den Transplantationszentren erschwert. Die Verordnung solle die Abläufe erleichtern und nicht komplizierter machen, so die Forderung aus der Medizin.
Diese und weitere Stellungnahmen gehen nun beim Innendepartement ein. Ob sie in die definitive Verordnung eingehen, ist offen.