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Parmelins halbes Jahr im Amt Der unscheinbare Wirtschaftsminister

«Zu Guy Parmelin fällt mir jetzt gerade nichts ein», sagen nicht wenige National- und Ständeräte, wenn sie eine Bilanz ziehen sollten über die ersten sechs Monate des neuen Wirtschaftsministers. Das ist wohl bezeichnend. Parmelin war wenig spürbar. Nun führt ein SVPler das wichtigste Departement des Bundes, aber eine Handschrift ist bis jetzt nicht erkennbar.

Wenig Interesse für Parmelin

Eigentlich ist er seit Anfang Woche auf grosser Wirtschaftsreise durch Japan und Vietnam. Nur ist das in den Medien kaum ein Thema. Parmelin hat einfach nicht die Strahlkraft einer Karin Keller-Sutter oder Viola Amherd, die quasi ab dem ersten Tag von sich Reden machten und «das Heft in die Hand» nahmen.

Es gibt auch Lob

Die vernichtende Kritik, Parmelin sei diesem Amt gar nicht gewachsen, ist inzwischen zwar abgeflaut. Im Gegenteil: Aus den Wirtschaftskommissionen im Parlament ist zu hören, Parmelin sei stets sehr gut vorbereitet, überblicke die Dossiers und höre vor allem gut zu. Er habe ein gutes politisches Gespür.

Er signalisiere auch Sympathie gegenüber stärkeren Interventionen, zum Beispiel einer Kontrolle von chinesischen Investitionen in der Schweiz. Ein Kulturwechsel nach FDP-Mann Johann Schneider-Amman, der irgendwie immer Patron blieb, der Wirtschaft möglichst freien Lauf lassen wollte und mit diesem liberalen Kompass häufig aneckte.

Bei wichtigen Terminen nicht dabei

Aber Parmelin ist kein Mann mit grossen Visionen. Nach sechs Monaten bleibt unklar, was seine Ziele sind. Nicht wenige Parlamentarier haben den Eindruck, er drücke sich sogar vor schwierigen Themen. Als der Bundesrat im Mai eine Überbrückungsrente für ältere Arbeitslose vorstellte, als «Zückerli» im Kampf gegen die SVP-Initiative gegen die Personenfreizügigkeit, trat Parmelin gar nicht auf, sondern liess sich von der neuen FDP-Justizministerin Karin Keller-Sutter vertreten.

Aus Parmelins Departement ist zu hören, die neuen Bundesrätinnen würden ihm zum Teil auch bewusst im Licht stehen. Er habe bisher gar keine Gelegenheit gehabt, sich als Wirtschaftskapitän zu zeigen.

Zuviel Nähe zu Bauern und SVP?

Doch es gibt Fragezeichen, wie unabhängig Wirtschaftsminister Parmelin von seiner SVP und vor allem auch von den Bauern ist. Der gelernte Landwirt und Winzer stehe auf der Bremse bei der Aushandlung von neuen Freihandelsverträgen, so die Befürchtung. Er könnte die Interessen der Bauern über die der Exportwirtschaft stellen.

Erwartungsgemäss wird Parmelin denn auch vom «obersten Bauern», CVP-Mann Markus Ritter über den grünen Klee gelobt. Parmelin habe stets ein offenes Ohr für die Bauernanliegen, ganz im Gegensatz zu seinem Vorgänger Johann Schneider-Ammann. Parmelin wird also noch beweisen müssen, dass er alle Interessen gleich gewichtet bei der Aushandlung neuer Freihandelsabkommen.

Prüfung im nächsten Jahr

Besonders unter Beobachtung wird der neue Wirtschaftsminister im nächsten Jahr stehen, vor der Abstimmung über die SVP-Initiative gegen die Personenfreizügigkeit. Hier stellt sich die Frage, ob Parmelin weiterhin einfach schweigt, oder ob er die Haltung des Bundesrates gegen die Initiative mit Überzeugung auch in der Öffentlichkeit vertritt.

Andy Müller

Bundeshausredaktor

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Andy Müller ist Bundeshausredaktor des Schweizer Fernsehens. Zuvor war er Themenplaner und stellvertretender Redaktionsleiter von «10vor10».

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