Zum Inhalt springen

Partnerschaft Aargau-China Harmlose Museumspartnerschaft oder chinesische Staatspropaganda?

Die Schlösserpartnerschaft zwischen Schloss Habsburg und Zhangbi Castle sorgt bei einem China-Experten für Kritik.

  • Ein renommierter China-Experte kritisiert die Schlösserpartnerschaft zwischen dem Aargauer Schloss Habsburg und dem chinesischen Schloss Zhangbi.
  • Der autoritäre chinesische Staatsapparat versuche, über solche kulturellen Kooperationen systematisch seinen Einfluss auszubauen und das Bild von China im Ausland positiv zu prägen.
  • Bei Museum Aargau, der kantonalen Dachorganisation der Aargauer Schlösser, betonen die Verantwortlichen, die Partnerschaft sei rein kultur-touristisch und habe nichts mit Politik zu tun.

Schoss Zhangbi
Legende: Das chinesische Schloss Zhangbi. zvg/Kanton Aargau

Eine Zusammenarbeit mit China sei immer eine komplizierte Sache, sagt Ralph Weber, Professor am Europa-Institut in Basel. Weber beschäftigt sich seit 20 Jahren mit China, seiner Politik und den Beziehungen zur Schweiz. Es gehe häufig zu schnell vergessen, dass in China eigentlich immer der Staat oder die kommunistische Partei die Fäden in der Hand halte, sowohl in Politik und Wirtschaft, aber auch bei kulturellen Engagements im Ausland.

Über die beiden Schlösser

Box aufklappen Box zuklappen
  • Schloss Habsburg ist die Stammburg der Habsburger, wo gemäss der Überlieferung Graf Radbot um 1030 den Grundstein zur Habsburger-Dynastie legte. Sie ist bis heute als Burg und Ruine auf dem Wülpelsberg im Kanton Aargau erhalten.
  • Schloss Zhangbi ist ein gut erhaltenes chinesisches Schloss mit militärischen und religiösen Funktionen und einer über 1600-jährigen Geschichte. Es ist eine chinesische Militärburg mit dem längsten Tunnel, der sich unterirdisch über 10 km auf drei Ebenen erstreckt.
  • Die internationale Schlosspartnerschaft passe ganz gut zur Geschichte der Habsburger, die selber sehr international gewesen seien, findet man bei Museum Aargau.

«Mir erscheint es problematisch, dass man den grösseren Kontext des autoritären Regimes nicht vor Augen hat, auch wenn es nur um eine Schlösserpartnerschaft geht», sagt Ralph Weber auf Anfrage von SRF. Der China-Experte hat zuvor in einem Gastbeitrag in der Schweizer Ausgabe der deutschen Zeitung «Die Zeit» die Kooperation zwischen Schloss Habsburg und Zhangbi Castle kritisiert. Die Verantwortlichen hätten zu wenig gut abgeklärt, mit wem genau man es auf chinesischer Seite zu tun habe.

Die Hauptakteure im Weltschlösserverband sind nicht einfach chinesische Museumsbetreiber.
Autor: Ralph Weber Professor am Europa-Institut in Basel

Heikle Rolle eines internationalen Verbandes

Die Kritik bezieht sich vor allem auf die Rolle des Weltverbands der Schlösser, über den die Partnerschaft zustande kam. Der Verband wurde erst im Mai 2020 von chinesischen Funktionären gegründet und diese hätten heikle Verbindungen in den Parteiapparat, wie Professor Ralph Weber nach einigen Recherchen in Erfahrung bringen konnte. Neben Vertretern aus anderen Ländern seien die Schlüsselpositionen im Verband mit gut vernetzten Chinesen besetzt.

«Die Hauptakteure im Weltschlösserverband sind nicht einfach chinesische Museumsbetreiber, sondern grosse wirtschaftliche und politische Akteure, die sogar in Einheitsfrontorganisationen mitwirken», erklärt Weber gegenüber SRF. Einziges Ziel dieser Organisationen sei es, systematischen Einfluss im Ausland auszuüben und ein positives China-Bild im Westen zu stärken. Ein Bild, welches die internationale Kritik an der Menschenrechtslage, am autoritären Staat oder dem Einparteiensystem an den Rand dränge.

Museum Aargau sieht kein Problem

Ist die chinesische Partnerschaft mit Schloss Habsburg organisierter Teil der Staatspropaganda? Nein, sagt Marco Castellaneta, der Direktor aller Aargauer Schlösser (Museum Aargau), der die Zusammenarbeit mit China im Weltschlösserverband angestossen hat. Im Verband arbeite man professionell zusammen, Politik spiele dabei keine Rolle.

Angesprochen auf die happigen Vorwürfe des China-Experten entgegnet Castellaneta, man sei sich der Problematik durchaus bewusst und lasse sich nicht naiv instrumentalisieren. Man dürfe diese Partnerschaft aber nicht überbewerten.

Es ist kein Vertrag mit China.
Autor: Marco Castellaneta Direktor Museum Aargau

«Es ist kein Vertrag mit China, es ist eine Partnerschaft zwischen zwei grossen Schlössern, die ihre Geschichte nach ähnlichem Muster vermitteln, mehr nicht.» Das Aargauer Schloss könne sicher von der Zusammenarbeit profitieren und das Publikum werde in der Praxis kaum etwas davon merken.

Keine rassistische Diskussion

Box aufklappen Box zuklappen

Der Schweizer China-Experte Ralph Weber äussert happige Kritik an chinesischen Engagements in der Schweiz und ist auch bei Kooperationen mit China im Kulturbereich skeptisch, weil stets eine Art Staatspropaganda droht.

Dabei betont Weber aber nachdrücklich, es gehe bei dieser Kritik in keinster Weise um das chinesische Volk oder um Vorurteile gegenüber Chinesinnen und Chinesen. Man müsse hier die Kritik am autoritären Staatsapparat dringend von Kritik an den Menschen trennen, sonst drohe man in eine gefährliche rassistische Diskussion abzudriften. Das sei ganz und gar nicht seine Absicht, sagt Ralph Weber, der selber auch in China studiert hat und als Kenner der chinesischen Philosophie durchaus auch Faszination und Begeisterung für die Kultur im Reich der Mitte empfindet.

Bei aller Skepsis sei es klar, dass internationale Kooperationen zwischen der Schweiz und China auch im kulturellen Bereich möglich sein sollen in einer globalisierten Welt. Dabei müsse man aber immer beachten, mit wem man es zu tun habe, findet Ralph Weber. Eine einzelne Partnerschaft möge unproblematisch sein, in der Summe allerdings könnten sie dann eine grosse Propagandawirkung entfalten.

Regionaljournal Aargau Solothurn, 05.11.2020, 17:30 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel