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Lernprogramme helfen gegen Rückfälle
Aus Regionaljournal Zürich Schaffhausen vom 30.06.2021. Bild: Keystone
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Partnerschaft ohne Gewalt Leid verhindern: Wie ein Training gegen häusliche Gewalt hilft

Für Täter, die in den eigenen vier Wänden gewalttätig werden oder ihre Ehefrau beispielsweise bedrohen, gibt es in Zürich seit Jahren das Lernprogramm «Partnerschaft ohne Gewalt». Dort lernen sie, Konflikte gewaltfrei zu lösen.

Eine Studie zeigt nun auf: Wer das Gewalt-Training absolviert hat, wird deutlich seltener rückfällig. Nur bei jeder 20. Person, die den Kurs besucht hat, muss die Polizei innert zwei Jahren nochmals intervenieren. Bei Tätern ohne Lernprogramm wird hingegen jeder Sechste wieder rückfällig.

Die jüngste Analyse aus Zürich deckt sich mit früheren Erkenntnissen aus anderen Regionen. Die Kantone Basel‐Landschaft und Basel‐Stadt führen ebenfalls ein Lernprogramm gegen häusliche Gewalt durch. Gemäss einer wissenschaftlichen Untersuchung waren neun von zehn Teilnehmern nach dem Kurs nicht mehr gewalttätig.

«Familien werden nicht auseinandergerissen»

Für die Zürcher Justizdirektorin Jacqueline Fehr ist die Wirksamkeit des Zürcher Lernprogrammes ein «grosser Erfolg». Viele Beziehungen könnten so gewaltfrei weitergeführt werden, bilanziert die Regierungsrätin. «Kinder verlieren ihren Vater nicht, Familien werden nicht auseinandergerissen und Leidensphasen werden verhindert.»

Für welche Personen ist das Lernprogramm vorgesehen?

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Am Training nehmen fast ausnahmslos Männer teil. Geeignet sind laut der Justizdirektion Täter von häuslicher Gewalt. Männer, die an einer schweren psychischen Erkrankung leiden oder die beispielsweise Sexualtäter sind, können nicht mitmachen. Auch Männer, bei denen die unmittelbare Gefahr einer weiteren Gewalttat besteht, sind vom Programm ausgeschlossen.

Die Täter besuchen das Zürcher Lernprogramm nicht freiwillig. Die Staatsanwaltschaften und Gerichte schicken sie ins Programm. Voraussetzung dafür war bis anhin eine Verurteilung per Strafbefehl oder vor Gericht. Pro Jahr machten so weniger als 30 Personen im Training mit.

Seit einer Gesetzesänderung auf Bundesebene im Juli 2020 hat das Programm aber deutlich mehr Zulauf. Denn Behörden können das Training auch schon vor einer Verurteilung anordnen, beispielsweise wenn ein Fall sistiert ist. Dies führte im letzten Jahr zu einem Anstieg auf über 170 Teilnehmer.

Auch im Kanton Bern, der ein ähnliches Lernprogramm anbietet, stieg die Teilnehmerzahl im letzten Jahr an. Dies sei unter anderem auf die Gesetzesänderung zurückzuführen, sagt Lis Füglister von der Berner Interventionsstelle gegen Häusliche Gewalt auf Anfrage.

«Wir hatten früher fast keine Zuweisungen von Staatsanwaltschaften», bilanziert Füglister. Doch im letzten Jahr habe es neun solche Verordnungen gegeben und seit Anfang 2021 wurden gar 16 Personen von der Staatsanwaltschaft überwiesen.

Täter erstellen einen Notfallplan

In den Lernprogrammen setzen sich die Täter in Kursen mit ihrem Verhalten auseinander. In Zürich sind 16 Gruppensitzungen à je 2.5 Stunden vorgesehen. Die Männer reflektieren ihre Taten und protokollieren, wie sie sich in schwierigen Alltagssituationen verhalten. Mit Sozialarbeitern analysieren sie diese Situationen und erarbeiten einen Notfallplan für zukünftige Konflikte.

Ein zerbrochener Teller vor einem streitenden Paar
Legende: Wie können Täter Konflikte ohne Gewalt lösen? Dies üben sie im Zürcher Lernprogramm «Partnerschaft ohne Gewalt». Keystone

«Eine zentrale Fertigkeit ist das Erlernen von Selbstkontrolle», sagt der Sozialarbeiter Konrad Würgler. Er führt in Zürich das Lernprogramm «Partnerschaft ohne Gewalt» durch. Eine weitere Strategie sei ein sogenanntes Time-Out. «Dabei verlässt man die Wohnung, beruhigt sich an einem anderen Ort und kehrt erst am nächsten Tag wieder für ein Gespräch zurück», erläutert Würgler.

Mit solchen Methoden lässt sich die häusliche Gewalt nicht nur reduzieren. Laut Studie lohnt sich das Programm auch finanziell. Pro Teilnehmer kostet der Kurs mehrere tausend Franken. Die lebenslangen Kosten eines Rückfalls hingegen werden auf rund 150'000 Franken geschätzt.

SRF 1, Regionaljournal Zürich Schaffhausen, 30.06.2021, 06.31 Uhr;

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