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Peinliche Beschaffungs-Panne VBS-Masken fallen im Qualitätstest durch

«Kassensturz»-Test zeigt: Die Masken schützen nicht genug. Das VBS ist auf ein gefälschtes Zertifikat reingefallen.

Im April herrschte in der Schweiz Masken-Notstand. Der Bund importierte tonnenweise Masken, unter anderem aus China. 18 Millionen sogenannter VBS-Masken kamen in den Handel, Restbestände werden heute noch verkauft. Apotheken und Detailhändler priesen sie als hochwertige Masken an, nach europäischer Prüfnorm Typ II.

Vor drei Wochen zeigte «Kassensturz»: Die Masken sind irreführend deklariert. Das VBS musste zugeben, dass sie zu Unrecht das CE-Zeichen tragen und nicht der europäischen Qualitätsnorm entsprechen. Brigadier Markus Näf erklärte damals: «Die Maske ist als ‹Medical Face Mask› deklariert, das ist nicht korrekt. Sie erfüllt aber die Kriterien, sodass sie keine Gefährdung für die Bevölkerung darstellt.» Das VBS betonte stets, die Masken seien trotzdem qualitativ hochwertig und übergab «Kassensturz» Dokumente, die dies beweisen sollen.

VBS legt als Beweis gefälschtes EU-Zertifikat vor

In den Unterlagen dabei: Ein Zertifikat einer Firma BSI Test Limited. Heikel: Die europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz warnt offiziell vor dieser Firma. BSI Test Limited ist keine echte Zertifizierungsstelle, das EU-Zertifikat im VBS-Dossier ist ein Fake.

Margit Widmann leitete früher die Abteilung Marktüberwachung des Heilmittelinstituts Swissmedic. Ihr sticht dieses Zertifikat sofort ins Auge: «Es ist gefälscht. Genau das Zertifikat, welches die europäischen Anforderungen hätte beweisen müssen.»

Und es geht noch weiter: Zwar liess das VBS die Masken vom Schweizer Labor Spiez überprüfen, doch dieses ist gar nicht akkreditiert, Hygienemasken nach europäischer Prüfnorm zu testen. Hinzu kommt, dass Spiez für seine Messung nicht nur eine falsche Prüfnorm hinzuzog, sondern die Messresultate ausgerechnet mit jener Maske verglich, die diesen Sommer als Schimmelmaske Schlagzeilen machte. Der Bund musste sie zurückziehen, denn bei der Maske aus dem Jahr 2007 war das Haltbarkeitsdatum längst abgelaufen.

Für Margit Widmann eine untaugliche Referenz für einen Test: «Diese Ergebnisse sind wertlos.» Labor Spiez erklärt dazu auf Anfrage von «Kassensturz»: «Wir haben bei derartigen Prüfungen immer eindeutig und klar darauf hingewiesen, dass es sich dabei um selbstentwickelte Prüfungen handelte.» Das VBS gibt keine weitere Stellungnahme ab.

VBS-Prüfmuster fallen im «Kassensturz»-Test durch

«Kassensturz» holt nach, was das VBS versäumt hat und lässt die Maske vom akkredierten Labor HygCen in Österreich testen. Das Laborteam mass die Filterleistung von fünf Prüfmustern, alle fielen durch. Die schlechteste VBS-Maske filterte nur gerade 80 Prozent der Aerosole. Testleiter Professor Heinz-Peter Werner erklärt: «Hier ist damit zu rechnen, dass die Virus-Aerosole noch voll durchgehen.»

Stellungnahme SRK

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Christine Kopp ist stellvertretende Direktorin vom Schweizerischen Roten Kreuz. Das SRK ist für die Beschaffung der Masken verantwortlich. Gegenüber «Kassensturz» bedauert sie die Testergebnisse. «Wir haben die Masken damals mehrfach getestet und sind zu einem anderen Schluss gekommen», betont sie. Neben dem SGS-Prüflabor seien zusätzlich eine chinesische Firma und das ABC-Labor in Spiez involviert gewesen. Im Normalfall gehe man auch nach China für die Tests, aber dies sei wegen der Situation nicht möglich gewesen.

Der Lieferant sei dem SRK von der ETH Lausanne empfohlen worden. Er wurde verpflichtet, mit nur einer Firma zusammenzuarbeiten. In Umlauf kamen jedoch Masken von verschiedenen Herstellern. «Da ist eine Vertragsverletzung passiert auf Seiten unseres Partners.»

Auf die 80-prozentige Filterleistung der Masken angesprochen sagt sie, dass es damals die beste Alternative gewesen sei. Sie sei davon überzeugt, dass die Masken in dem Rahmen, in welchem sie gebraucht werden, einen guten Schutz leisten.

Das österreichische Labor prüfte diese Maske schon für unterschiedliche Auftraggeber. Jedes Mal fiel sie durch, aber die Resultate variierten. Professor Heinz-Peter Werner: «Die Qualität ist unterschiedlich, und das schliesst nicht aus, dass sie von verschiedenen Herstellern kommen.» Darauf deuten auch die unterschiedlichen Verpackungen.

Somit ist keine konstante Qualität sichergestellt. Für Margit Widmann, Fachfrau für Qualitätssicherung von Medizinprodukten, ist das inakzeptabel: «Man kann keine Aussagen machen, ob diese Produkte noch vor einer Ansteckung schützen.» 18 Millionen Masken werden zum Beschaffungsflop des VBS.

Kassensturz, 22.09.2020, 21.05 Uhr

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