Inmitten von Bäumen und in der Nähe des Gemeinschaftsgeheges von Wolf und Bär sitzt eine Gruppe Kinder im Schatten, vor ihnen Blätter, Äste und Steine. Sie würfeln eifrig. «Wer am meisten sammelt, hat gewonnen», erklärt ein Junge.
Die Kinder werden zu kleinen Forschenden und vertiefen ihre Beziehung zur Natur.
Was auf den ersten Blick wie ein gewöhnliches Kinderspiel aussieht, ist in Wirklichkeit Mathematikunterricht im Outdoor-Kindergarten im Tierpark Goldau. Vor zwei Jahren startete das Pilotprojekt mit einer Gruppe Kindern der Schule Lauerz im Kanton Schwyz. Die erste Bilanz fällt positiv aus.
«Die Kinder werden zu kleinen Forschenden und vertiefen ihre Beziehung zur Natur», sagt Daniel Schraven, Schulleiter der Schule Lauerz. Solange es nicht stürmt, sind die Kinder jeden Tag draussen. Es ist der erste öffentliche Kindergarten der Schweiz in einem Zoo.
Lehrplan 21 – mit Tieren
In Lauerz entscheiden sich weniger als die Hälfte der Eltern dafür, dass ihr Kind am Pilotprojekt teilnehmen soll. Neben dem Zoo-Kindergarten wird auch ein regulärer im Schulhaus angeboten. «Es gibt das Missverständnis, die Kinder würden einfach spielen im Wald», erklärt Jürgen Kühnis. Er ist Professor an der PH Schwyz und begleitet das Projekt wissenschaftlich.
Die Natur bietet uns das Lernmaterial.
Jürgen Kühnis betont, dass der Unterricht auch im Tierpark nach Lehrplan 21 abläuft. Im Unterschied zum Schulzimmer gebe es in der Natur aber grosse Vorteile, sagt Fabienne Baumann. Sie unterrichtet die Kinder im Tierpark. «Wir müssen unser Material nicht künstlich erstellen.» Sie nennt das Zählspiel als Beispiel: Steine, Äste und Blätter seien einfach da, die Kinder können sie nutzen.
Natürlich sind auch die Tiere bei den Kindergartenkindern hoch im Kurs: «Mir gefallen vor allem die Rinder und Schafe vom Tierpark-Bauernhof», sagt ein Junge. Die Tiere stünden nicht jeden Tag gleich stark im Fokus, sagt Kindergartenlehrerin Fabienne Baumann. Im Frühling und Sommer seien sie aber oft Thema.
«Aktuell gibt es im Tierpark sehr viele Jungtiere, das binden wir in den Unterricht ein.» Die Kinder beobachteten die Tiere genau. «Sie wissen, wo im Tierpark welches Tier wohnt», so Baumann. «Und die Namen der Tiere kennen sie auch.»
Zoo-Kindergarten soll etabliert werden
Von jenen Eltern, die ihr Kind in den Tierpark-Kindergarten geschickt haben, würden es fast alle wieder tun. Das zeigt die Zwischenevaluation der Pädagogischen Hochschule Schwyz. Auch bei der Befragung der Lehrpersonen und der Kinder zeigt sich ein positiver Gesamteindruck.
«Die Kinder haben eine sehr enge Bindung an ihren Lernort», sagt Jürgen Kühnis von der Pädagogischen Hochschule Schwyz. Sie seien stolz und begeistert, wenn sie vom Kindergarten erzählten.
Der Tierpark-Kindergarten ist zunächst auf drei Jahre angelegt. Das Ziel ist es, das Angebot dauerhaft zu etablieren. Die Erkenntnisse sollen in weitere Kindergärten und Schulstufen einfliessen.